Titel
Ausstellungen.
Unter den Ausstellungen des Jahres 1891 war die wichtigste die internationale elektrische Ausstellung zu Frankfurt a. M. Obgleich der Anspruch auf Internationalität völlig unzutreffend war, bot doch die Hauptmaschinenhalle eine Sammlung von Dampf- u Dynamomaschinen dar, wie man sie bisher noch nicht vereint gesehen hatte. Die Aktiengesellschaft Helios stellte eine 600pferdige Wechselstrommaschine, Siemens u. Halske eine 600pferdige Innenpol-Gleichstrommaschine und eine 500pferdige Wechselstrommaschine, sämtlich direkt mit Dampfmaschinen gekuppelt. Siemens u. Halske hatten
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wohl am reichhaltigsten ausgestellt; drei verschiedene Zentralstationenbetriebe: Gleichstrom, Wechselstrom und Wechselstrom-Gleichstrom, ferner eine Energieübertragung von 20,000 Volt Wechselstrom von der Hauptausstellung nach dem Main. Helios zeigte eine Wechselslromzentrale in Betrieb zugleich für Licht u. Kraft. Schuckert u. Komp. führten ein Dreileitersystem in Verbindung mit Akkumulatoren vor, dessen Erzeugerstation eine 300 pferdige Dampfdynamomaschine bildete.
Außer diesen drei Hauptausstellern seien noch Lahmeyer u. Komp. mit einem Gleichstromtransformatorensystem, die Maschinenfabrik Eßlingen mit einem Fünfleitersystem angeführt. Im allgemeinen ließ die Hauptmaschinenhälle das Bestreben erkennen, die elektrischen Maschinen den Eigenschaften der Betriebsmaschinen mehr und mehr anzupassen; vorwiegend sah man daher die elektrischen Maschinen mit den Dampf- und Gaskraftmaschinen direkt gekuppelt. Die Befähigung des elektrischen Stromes zu Kraftübertragung veranschaulichten einesteils die große Anzahl Werkstätten, welche die Überlegenheit des Elektromotors als Betriebsmaschine für das Kleingewerbe deutlich erkennen ließen, und zwar fanden sich hier außer einer großen Zahl von Gleichstrommotoren eine Anzahl Wechselstrommotoren von Ganz u. Komp., gleichsam als ob sie die Anerkennung als gleichberechtigte Motoren erzwingen müßten (in der That für diese Betriebe nicht ganz ohne Erfolg).
Andernteils waren auch größere Kraftübertragungen vorhanden, so zwei Bahnen, eine von Schuckert und zwei von Siemens u. Halske, dann für den Betrieb der Pumpwerke am Main und zur Erzeugung des von Schuckert feenhaft erleuchteten Wasserfalls am See. Bei diesen Übertragungen ist Gleichstrom und Mehrphasenstrom (Schuckert) verwendet. Unter den Gegenständen, welche die Leitung und Verteilung des elektrischen Stromes zu besorgen haben und welche von einem großartigen Fortschreiten zeugten, waren namentlich die Kabel für hohe Spannungen interessant, so z. B. jenes von Siemens Brothers and Co., London, welches mit 50,000 Volt geprüft ist und mit 20,000 Volt stetig betrieben wird.
Die einzelnen Apparate für Hausinstallationen in mannigfachster Ausführung enthielt die Installationsmusterhalle. Die Halle für Eisenbahn- und Signalwesen führte dem Publikum die vielfachen Einrichtungen vor, welche für die Sicherheit des Verkehrs auf der Strecke sowie in Bahnhöfen bürgen. Im Anschluß daran fanden sich noch Gegenstände, die sich auf den elektrischen Bahnbetrieb und auf Zugbeleuchtung beziehen, sowie fahrbare Beleuchtungswagen etc. In der Abteilung für Telephonie und Telegraphie brachte die Fernsprechkunst namentlich durch Musikübertragungen von weiter Ferne (München, Wiesbaden) den Beweis ihrer hohen Blüte, während der Siemens u. Halskesche Börsendrucker, der von einer Zentralstelle aus Nachrichten nach beliebig vielen Orten gleichzeitig übertragen läßt, für den heutigen Stand der Telegraphie ein beredtes Zeugnis ablegt. In dieser Abteilung gab die deutsche Reichspost ein prächtiges Bild der gesamten historischen Entwickelung der Telegraphie. In einem besondern Gebäude war die elektrische Bühnenbeleuchtung in allen vorkommenden Effekten vorgeführt.
Ein künstlich angelegtes Bergwerk mit Grubenbahn, Gesteinsbohrmaschmen, Pumpen, Ventilatoren etc., alles elektrisch betrieben, ließ die Vorzüge dieser Antriebsart deutlich erkennen. Selbstverständlich fehlten auch die wissenschaftlichen und medizinischen Errungenschaften nicht, sie füllten außer einem besondern Pavillon von Hartmann u. Braun eine ganze Abteilung. Selbst für die elektrische Schiffahrt war gesorgt. Es fuhren zwei elektrische Boote (s. d.) auf dem Main, und in der eben dort befindlichen Sonderausstellung sah man sämtliche für die Kriegs- wie Handelsmarine in Anwendung befindlichen Gegenstände und Apparate, die bezüglich der Einrichtungen großer Auswandererschiffe noch als ein Ganzes in dem eigens erbauten Panorama zur direkten Anschauung gelangten. Elektrische Scheinwerfer, und zwar in Dimensionen wie nie zuvor (Schuckert), übergossen die entferntesten Punkte mit einem Meer von Licht. Den Glanzpunkt der gesamten Ausstellung aber bildete das Zustandekommen der großartigen Lauffener Kraftübertragung (s. Elektrische Kraftübertragung).
Interessant war auch die von der Aktiengesellschaft für Aluminiumerzeugung in Neuhausen am Rheinfall ausgestellte reiche Sammlung von Gegenständen aus Alummium, welches auf elektrolytischem Wege, und zwar zum Preise von 5 Mk für das Kilogramm, erzeugt wird. Unter diesen Gegenständen ragte ein kleines, durch eine Naphthamaschine getriebenes Aluminiumboot hervor, welches sich durch seine ungemeine Leichtigkeit auszeichnet.
Über die deutsche Ausstellung in London, welche von zahlreichen Industriellen Deutschlands beschickt war, lauten die Urteile verschieden. Es scheint, als könne sich Deutschland im allgemeinen dieser Ausstellung nicht rühmen. Das Beiwerk hat vielfach geradezu Entrüstung hervorgerufen. Einen stark politischen Beigeschmack besaß die böhmische Landesausstellung in Prag, welche die gewerblichen Erzeugnisse der tschechischen Bewohner des Landes veranschaulichte.
Ebenso war die französische Ausstellung in Moskau wesentlich auf politische Verhältnisse berechnet. Im Winter 1890/91 wurde in Glasgow eine Gewerbeausstellung veranstaltet, welche vornehmlich Einrichtungen für das Wohl des Arbeiterstandes aufwies, nebenbei aber auch allerlei neue Maschinen und Geräte. In London fand eine großartige Ausstellung für Seewesen statt. Dieselbe veranschaulichte unter anderm die Entwickelung des Schiffbaues und des Rettungswesens zur See.
Sie wies auch eine Sammlung der Geschütze, Panzerplatten und Drehtürme der Firma Armstrong und eine Nachbildung in natürlicher Größe des berühmten Linienschiffs Victory auf, auf welchem Nelson seinen Tod fand. Viel Beifall fanden auch die Nachbildung des Leuchtturms von Eddystone sowie dle Sammlung von Gegenständen der Schiffsausrüstung. Die Admiralität allein hatte 298 Modelle älterer und neuerer Schiffe ausgestellt. Eine große Rolle spielten auch die elektrischen Boote, die in mehreren Exemplaren vertreten waren. In London fand ferner die 14. sogen. Stanley-Ausstellung von Fahrrädern statt, die sich eines sehr zahlreichen Besuchs erfreute. Die größte Anziehungskraft übte die Sammlung, welche die technische Entwickelung des Fahrrades von den ersten Zeiten bis zur Gegenwart veranschaulichte. Sonst ergab sich aus der Ausstellung das Überwiegen des Sicherheits-Zweirades mit dem Hinterrad als Triebrad.
Die Brieftaubenausstellung in Berlin wies 1296 Tauben auf. Die erste Klasse bildeten die Tiere, welche 600-860 Km in Einem Fluge zurücklegen. Sehr zahlreich besucht war die landwirtschaftliche Ausstellung in Bremen. Die ausgestellten Tiere gehörten zum größten Teil
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Nordwestdeutschland an. Unter den Maschinen glänzten besonders die Milchzentrifugen. Sehr vollständig war die Moorkultur vertreten. In Berlin fand auf dem Zentralviehhof eine Mastviehausstellung statt, welche 869 Tiere aufwies. An dieselbe schloß sich eine Ausstellung von Maschinen für das Schlächtergewerbe.
Im Februar fand in Berlin wiederum eine Kochkunstausstellung statt, welche zeigte, daß diese Kunst selbst in Deutschland, welches doch für dergleichen wenig Sinn hat, zu einer großen Vollendung gediehen ist. An der Ausstellung hatten sich 252 Vereine beteiligt. Sie wies nicht bloß Speisen und Getränke in reichster Auswahl auf, sondern Tafelgerät, Koch- und Heizapparate sowie eine Sammlung von Fachschriften. Eine Kochkunstausstellung in Hannover wies namentlich viele Konserven auf.
Gleichzeitig mit dem deutschen Geographentag fand in Wien eine geographische Ausstellung statt, welche bisher noch nicht veröffentlichte Schätze der kartographischen Kunst aus den letzten fünf Jahrhunderten zur Anschauung brachte. Auch waren Instrumente zur geographischen Ortsbestimmung und die neuesten Erscheinungen auf dem Gebiete der Erdkunde ausgestellt. In Bern wurde aus Anlaß des geographischen Kongresses eine Ausstellung veranstaltet, welche eine Übersicht über die geographischen Lehrbücher, die Alpenwissenschaft und die schweizerische Kartographie gewährte.
Aus Anlaß des amerikanischen Kongresses veranstaltete die spanische Regierung in Madrid eine geschichtlich-amerikanische Ausstellung, welche vorwiegend Gegenstände aus der Zeit 50 Jahre vor und nach der Entdeckung aufwies. In Köln wurde eine Ausstellung für Länder- und Völkerkunde abgehalten, welche hauptsächlich Gegenstände aus den deutschen Schutzgebieten aufwies. Desgleichen die von Holub veranstaltete afrikanische Ausstellung, welche in Wien stattfand. Im Frühjahr sah Moskau eine mittelasiatische Ausstellung in seinen Mauern, welche das russische Publikum mit den Erzeugnissen Mittelasiens bekannt machen soll. Es waren über 16,000 Gegenstände ausgestellt: rohe Erzeugnisse, Pflanzen und Tiere, Fischerei- und Jagdgeräte, in Mittelasien gearbeitete Waren und anderseits die dort eingeführten russischen Gegenstände. In Berlin fand eine afrikanische Ausstellung zum Besten der Krankenpflege in Ostafrika statt. Dieselbe wies viele Gegennände auf, welche von Beamten der Ostafrikanischen Gesellschaft und von Reisenden heimgebracht wurden, darunter die Waffen Buschiris.
Im österreichischen Handelsmuseum in Wien war eine Mustersammlung orientalischer Teppiche ausgestellt, die in zwei Gruppen: alte und neue Erzeugnisse, zerfiel. Unter anderm hatte der Schah von Persien wertvolle Zuwendungen gemacht. Die hervorragendsten Stücke sollen in farbigen Nachbildungen weitern Kreisen zugänglich gemacht werden (s. den besondern Bericht unter »Teppiche«). Der Dresdener Gewerbeverein veranstaltete eine keramische Ausstellung, welche ein reiches Bild der Thonindustrie bot. In den untern Sälen waren die Erzeugnisse der Gegenwart und die Hilfsmittel der Fabrikation ausgestellt; die obern Säle und die Galerie des Gewerbehauses waren der historischen Abteilung und der Glasindustrie vorbehalten. In Dresden fand eine Ausstellung zur Veranschaulichung der Verwendung von Pflanzenformen im Gebiete des Kunstgewerbes von den ältesten Zeiten bis zmn Ende des 18. Jahrh. statt.
Die Fächerausstellung in Karlsruhe war sehr reich beschickt und bot des Neuen sehr viel. Sie bewies, daß die jetzige Fächerindustrie der ältern in nichts nachsteht. Der Katalog wies über 2000 Fächer aus alter Zeit auf. An der Ausstellung beteiligten sich neben der Nationalgalerie in Berlin fast alle ethnologischen und kunstgewerblichen Museen Deutschlands sowie das Wiener Kunstgewerbemuseum, welches mit einer Sammlung bosnischer und herzegowinischer Fächer auftrat.
Die Stadt Leipzig veranstaltete im Februar 1892 eine internationale Ausstellung für das Rote Kreuz. Hauptsächlich waren die besten Systeme der Truppenverpflegung im Krieg und im Frieden, der Transport Verwundeter etc. veranschaulicht. Daran schloß sich die Ausstellung von Einrichtungen und von Apparaten zur Verbesserung der hygienischen Verhältnisse der Wohnungen sowie von Nahrungsmitteln, Apparaten zur Zubereitung derselben und eine Darlegung, wie man eine nahrhafte Kost billig und gut herstellen kann. - Über die Kunstausstellungen und die kunstgewerblichen Ausstellungen im J. 1891 vgl. die besondern Artikel.
[Künftige Ausstellungen.]
Der Leipziger Gärtnerverein plant für 1892 eine internationale Ausstellung für die Erzeugnisse des Gartenbaues. In Karlsruhe findet 1892 eine Gartenbauausstellung statt, die mit einem botanischen und gärtnerischen Kongreß verbunden werden soll. Die Pariser Union centrale des arts décoratifs bereitet unter dem Namen La Plante eine Ausstellung vor, welche die vielfache Verwendung der Pflanze als künstlerisches Motiv auf dem Gebiete des Kunstgewerbes zur Darstellung bringen soll.
Die Ausstellung wird in fünf Gruppen zerfallen, welche lebende Pflanzen, kunstgewerbliche Arbeiten mit Pflanzenornamenten, Entwürfe, dekorative Malereien und Modelle sowie Unterrichtswesen und Geschichtliches umfassen sollen. Dem Vorgang der australischen Kolonien, bez. der Städte Sidney und Melbourne folgend, veranstaltet die Kolonie Tasmania eine internationale Ausstellung, deren Zeitpunkt indessen noch nicht bestimmt ist. Tasmania ist in einem raschen Aufschwung begriffen, und so dürfte die Beschickung der Ausstellung auch aus Deutschland vielfach lohnend erscheinen. Im J. 1892 sollen in Paris Vertreter aller menschlichen Rassen versammelt und einem zu veranstaltenden Ethnologentag vorgeführt werden.
Die Weltausstellung zu Chicago (1893), an welcher sich das Deutsche Reich beteiligen wird, soll sämtliche Zweige der Kunst und Industrie umfassen und in zwölf Hauptabteilungen zerfallen, und zwar schöne Künste, freie Künste (Baukunst, Ingenieurwesen, Unterrichtswesen), Arbeitsfortschritt, Maschinen, Elektrizität, Industrie im allgemeinen, Landwirtschaft, Fischerei, Weinbau und Blumenzucht, Bergbau und Hüttenwesen, Verkehrsmittel. Die Anmeldungen erfolgen bei dem Reichskommissar, Berlin, Wilhelmstraße 74. Platzmiete wird nicht entrichtet und Dampfkraft unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Transport und Versicherung auf Kosten der Aussteller. Die Ausstellungsgüter sind zollfrei, und es wird der Zoll nur im Fall eines etwaigen Verkaufs derselben entrichtet. Nach dem werden Schaustücke nicht mehr zugelassen.