Aussaat
,
die
Verbreitung der Pflanzen durch Samen,
[* 2]
Sporen und andere zur Fortpflanzung bestimmte
Zellen; dieselbe geschieht in sehr verschiedener Art. Als natürliche Aussaat
bezeichnet man gewöhnlich diejenige
Art der
Verbreitung, die bei den sog. wild wachsenden
Pflanzen stattfindet und entweder durch zweckmäßige Verbreitungseinrichtungen
von der
Pflanze selbst oder durch mannigfache Einwirkung der Außenwelt erfolgt. Bei der großen Mehrzahl
der
Pflanzen werden die Samen,
Sporen u. s. w. nur auf verhältnismäßig geringe Entfernungen hin ausgestreut, indem
die
Verbreitung durch die Mutterpflanze selbst vollzogen wird.
Kraft [unkorrigiert]
![Bild 60.671: Kraft [unkorrigiert] Bild 60.671: Kraft [unkorrigiert]](/meyers/thumb/60/60_0671.jpeg)
* 3
Kraft.
Der einfachste hierher gehörende Fall der natürlichen Aussaat
ist das Herabfallen der
Früchte, Samen u. s. w. auf den
Boden,
nachdem durch die Reife ein Ablösen derselben von der Mutterpflanze eingetreten ist; so ist es z. B.
bei sehr vielen Gräsern, bei den
Buchen,
Eichen
u.
s.w. Hierbei kommen natürlich die Samen direkt unter die
Pflanze zu liegen.
Jedoch kann die
Pflanze durch zweckmäßige Einrichtungen ihre Samen auch außerhalb ihrer allernächsten Umgebung aussäen,
indem sie dieselben bei der Reife mit oft bedeutender Kraft
[* 3] von sich schleudert. Es sind hierzu die mannigfaltigsten
Einrichtungen vorhanden; so werden z. B. bei verschiedenen Hülsen- und Schotenfrüchten
die Samen durch plötzlich eintretendes uhrfederartiges oder schraubenförmiges Zusammenziehen der Hülsen oder
Schoten herausgeschleudert;
ähnlich bei den
Früchten des Rührmichnichtan (Impatiens noli tangere
L.) und bei
vielen Sauerkleearten
(Oxalis).
Gräser

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Gräser.Bei der Spritzgurke (Echalium officinale N. ab Es.) findet während der Ablösung der Frucht von der Mutterpflanze ein plötzliches Herausspritzen der darin enthaltenen Samen statt. Auch bei einigen Pilzen wird die Verbreitung der Sporen durch Wegschleudern bewirkt, so z. B. bei dem Schimmelpilze Mucor (s. d.). Zu den Einrichtungen, welche das Ausstreuen bewirken, kommen häufig noch andere hinzu, die das Eindringen der Samen oder Früchte in den Boden und somit die erfolgreiche Keimung erleichtern; so besitzen z. B. die Samen vieler Erodiumarten (s. Erodium) eine korkzieherartig gewundene Granne, die infolge starker Hygroskopizität bei Witterungswechsel sich auf- und einrollen kann und so ein Einbohren der Samen in den Boden bewirkt; ganz ähnliche Verhältnisse finden sich bei einer Anzahl Gräser, [* 4] z. B. bei verschiedenen Haferarten, bei dem Federgras (Stipa) u. s. w. - Bei der Verbreitung der Samen und Sporen durch das Eingreifen der Außenwelt kommen in erster Linie die Windströmungen in Betracht.
An den Samen und Früchten sehr vieler höherer Pflanzen sind die verschiedenartigsten Einrichtungen, «Flugorgane» genannt, vorhanden, um das Wegführen derselben durch den Wind möglich zu machen. Die bekanntesten sind die Haar- und Federkronen vieler Kompositen, [* 5] die Haarschöpfe an den Samen der Weiden, Pappeln, Anemonen, Waldreben (Clematis), ferner die flügelartigen Ansätze an den Früchten der Ulmen, Eschen, Ahorne und an den Samen der meisten Nadelhölzer. [* 6]
Algen

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Algen.
Sehr kleine Samen, wie die der Orchideen,
[* 7] ebenso die große Mehrzahl der
Sporen von
Pilzen und höhern
Kryptogamen sind meist
von so geringem Gewichte, daß sie auch ohne «Flugorgane» vom
Winde
[* 8] sehr weit hinweggeführt werden können. Die
Sporen der
meisten
Algen,
[* 9] ebenso die Samen und
Früchte vieler Wasserpflanzen
[* 10] werden durch Wasserströmungen verbreitet; auch können
die Samen mancher Landpflanzen auf den
Bächen,
Flüssen sowie durch die
Meeresströmungen
[* 11] auf weite
Strecken fortgeführt werden.
- Einen nicht minder wichtigen
Faktor bei der natürlichen Aussaat
bilden die
Tiere, und zwar vorzugsweise die
Vögel.
[* 12]
Samen, die durch
Tiere verbreitet werden, sind gewöhnlich mit
Haken,
Borsten
u. dgl. Versehen. So sind die
Früchte vieler Doldenpflanzen
(z. B. der
Möhren),
Rubiaceen (z. B. Galium aperine L.), ferner mancher
Boragineen (z. B. Cynoglossum officinale L.) mit gekrümmten
oder an der
Spitze widerhakigen
Borsten versehen, so daß sie in dem
Haar- oder Federkleide der
Tiere hängen
bleiben. Die
Verbreitung der Mistel (Viscum album L.), die als Schmarotzer auf vielen
Bäumen lebt, wird von gewissen
Vögeln
besorgt, indem die weißen süßen
Beeren von denselben gefressen und so die in den
Beeren enthaltenen Samen, welche infolge
ihrer klebrigen Oberfläche an den Schnäbeln hängen bleiben, auf andere
Bäume übergeführt werden.
- Künstliche Aussaat
ist die absichtliche
Verbreitung der Pflanzen durch den
Menschen. (S.
Säen.)