Ausnahmegesetz
,
Gesetzesvorschrift, welche nicht für die Gesamtheit, sondern
nur für eine bestimmte
Klasse der Staatsangehörigen
erlassen wird. Den
Gegensatz bildet das allgemeine oder gemeinsame
Recht, welches, dem
Grundsatz der Rechtsgleichheit entsprechend,
für alle
Staatsbürger gleiche Bedeutung hat und alle in gleichmäßiger
Weise trifft. Das Ausnahmegesetz
ist ein
Bruch mit der allgemeinen
Rechtsordnung, das Aufgeben eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes gegenüber einer gewissen
Kategorie von
Personen. Das Ausnahmegesetz
charakterisiert
sich daher als eine
Abweichung von dem im
Rechtsstaat geltenden
Prinzip der
Gleichheit, und ebendarum kann der
Erlaß eines solchen
nur ausnahmsweise aus besonders triftigen und dringenden
Gründen als gerechtfertigt erscheinen. Auch wird ein Ausnahmegesetz
zuweilen
nur auf eine bestimmte Zeit erlassen, um den
Bruch, welcher dadurch in die allgemeine Rechtsordnung gemacht wird, möglichst
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mehr
bald wieder beseitigen zu können. Ein solches Ausnahmegesetz
, über dessen innere Berechtigung viel gestritten wird, ist das deutsche
Sozialistengesetz (Reichsgesetz vom verlängert durch Reichsgesetz vom bis und durch Reichsgesetz
vom bis zum gegen sozialdemokratische, sozialistische und kommunistische Bestrebungen
gerichtet, die den Umsturz der bestehenden Staats- oder Gesellschaftsordnung bezwecken. Auch das deutsche Reichsgesetz vom
betreffend den Orden
[* 3] der Gesellschaft Jesu, ist ein Ausnahmegesetz
, auf Grund dessen den Angehörigen dieses Ordens der Aufenthalt in bestimmten
Bezirken oder an bestimmten Orten untersagt werden kann.
Auch das deutsche Reichsgesetz vom betreffend die unbefugte Ausübung von Kirchenämtern, welches
die Expatriierung und Ausweisung von renitenten Geistlichen statuiert, gehört hierher. Als Ausnahmegesetz
bezeichnet man aber auch diejenige
Norm, welche nicht auf dem regelmäßigen gesetzlichen und verfassungsmäßigen Weg zu stande kommt, sondern die in konstitutionell-monarchischen
Staaten ohne Mitwirkung der Volksvertretung einseitig von der Regierung erlassen wird (Notgesetz).
Ein solches Ausnahmegesetz
kann aber nur in ganz besonders dringenden Fällen und nur dann, wenn der Regierung zu dem Erlaß eines solchen
besondere Vollmacht erteilt ist, als rechtsverbindlich angesehen werden. In England kann z. B. durch Suspension der Habeaskorpusakte
ein solcher Ausnahmezustand herbeigeführt werden, wodurch die Regierung zu außerordentlichen Maßregeln
und insbesondere zur Vornahme von Verhaftungen ermächtigt wird. Auf der andern Seite gehört auch die sogen. Bill of attainder
(Strafbill) hierher, wodurch das Parlament in einzelnen Fällen die Befugnis erhält, eine bestimmte Person ohne gerichtliches
Verfahren selbst zur Untersuchung zu ziehen und zu bestrafen. Derartige Ausnahmegesetze
haben aber
immer etwas Bedenkliches, und nur in besondern Fällen des sogen. Staatsnotrechts kann der Erlaß eines solchen Gesetzes als
gerechtfertigt erscheinen.