Auslieferung,
im staats- und völkerrechtlichen Sinne die Übergabe einer Person durch die Behörden des Aufenthaltsstaates an die Behörden eines andern Staates, welcher dieselbe zum Zwecke der strafrechtlichen Verfolgung verlangt hat. Schon Grotius (1625) hat die Pflicht der Rechtsgewährung unter den Staaten in dem Sinne aufgestellt, daß jeder Staat den in seinem Gebiete sich Aufhaltenden, welcher einen andern Staat oder dessen Angehörige verletzt hat, entweder selbst bestrafen oder dem verfolgenden Staate ausliefern muß. Heute ist allgemein anerkannt, daß für schwere Verbrechen die Auslieferungspflicht auch unabhängig von Staatsverträgen besteht. Andererseits ist man ebenso einverstanden darüber, daß die Auslieferung nur innerhalb solcher Grenzen stattzufinden hat, welche mit den verständigen Zwecken der Strafrechtspflege in angemessenem Verhältnisse stehen. Der Abschluß von Staatsverträgen ist daher ebensowohl angezeigt, um diese Grenzen genauer zu bestimmen, als um das Auslieferungsverfahren festzustellen, welches unter den allgemeinen Begriff der Rechtshilfe (s. d.) fällt. Über die zwischen dem Deutschen Reiche und andern Staaten bestehenden Vertragsverhältnisse vgl. Hetzer, Deutsche Auslieferungsverträge (1885); Menzen, Deutsche Auslieferungsverträge (1891). Neuerdings ist es auch üblich geworden, die sog. Meistbegünstigungsklausel auf die Auslieferung zu übertragen. Der (auch im Deutschen Strafgesetzbuch §.9 ausgesprochene) Grundsatz, daß eigene Staatsangehörige nicht ausgeliefert werden, setzt voraus, daß die heimischen Gerichte nach ihrer Strafgesetzgebung (wie nach §. 4, Nr. 3 des Deutschen Strafgesetzbuchs) zuständig sind, über die von ihren Staatsangehörigen im Auslande begangenen strafbaren Handlungen zu urteilen (s. Ausland). Schwierigkeiten macht immer noch die Abgrenzung des mit dem sog. Asylrecht (s. Asyl) zusammenhängenden Grundsatzes, daß wegen polit. Vergeben nicht auszuliefern sei, den zuerst das belg. Gesetz vom l. Okt. 1833 in der Ausdehnung auf alle «mit einem solchen Vergehen konnexen Handlungen» aufgestellt hat. Schon 1856 wurde Belgien durch die Vorstellungen Frankreichs veranlaßt, eine Ausnahme für das Mordattentat gegen ein fremdes Staatsoberhaupt und dessen Familie zu machen. Die besonders infolge der russ. Vorgänge seit 1880 lebhafter angeregten diplomatischen und wissenschaftlichen Verhandlungen über eine allgemeine Einschränkung für die unter dem Deckmantel polit. Bestrebungen verübten gemeinen Verbrechen haben bis jetzt zu keinem befriedigenden Ergebnisse geführt. - Vgl. Lammasch, Das Recht der Auslieferung wegen polit. Verbrechen (Wien 1884): ders., Auslieferungspflicht und Asylrecht (Lpz. 1857).
Über der Deserteure s. Kartell; über Auslieferung im handelsrechtlichen Sinne s. Ablieferung.