forlaufend
101
Auslieferung
nach dem Zollkartell mit Asterreich vom Von
Preußen
[* 3] wurden Auslieferu
ngsver- träge abgeschlossen mit Nordamerika
[* 4] 1852 lgültig
auch für das Großherzogtum Hessen
[* 5] und
Württem- berg und seit 1868 für das Gebiet des vormaligen Norddeutschen
Bundes),
mit
Frankreich 1815 (im
Frankfurter Frieden 1871 auf Elsaß-Lothringen
[* 6] ausgedehnt), mit
Rußland 1885;
von Bayern [* 7] mit Nordamerika 1853, Frankreich 1869, den Nieder- landen 1852, Rußland 1869 und 1885;
von Sach- sen und Württemberg [* 8] mit Frankreich 1850 und den Niederlanden 1850;
von
Baden
[* 9] mit den gleichen
Staaten und
Amerika.
[* 10] - über Auslieferung
deser- tierter Seeleute
enthalten sämtliche Konsular-, Freundschafts-,
Handels- und
Schiffahrtsverträge
Deutschlands
[* 11] Normen;
im Verhältnis zu Österreich- Ungarn [* 12] gilt das durch den Prager Frieden von 18W ausrecht erhaltene Deserteurkartell von 1831. (S. Kartell, Bd. 10.) Wie Teutschland, so haben auch Österreich-Ungarn [* 13] und die meisten Staaten Europas und Ameri- kas, auch einige asiat., afrik. und polynes.
Staaten untereinander Auslieferu
ngsverträge abgeschlossen;
Ost erreich außer
mit
Deutschland
[* 14] mit der
Schweiz
[* 15] (erster
Vertrag 1855, neuer
Vertrag 1896),
Frank- reich (1855), Nordamerika (1856),
Spanien
[* 16] (1861),
Schweden-Norwegen (1868),
Italien
[* 17] i1869),
Monte- negro (1872),
Großbritannien
[* 18] (1873),
Rußland (1874),
Niederlande
[* 19] (1880),
Belgien
[* 20] (1881), Luxem- burg (1882),
Brasilien
[* 21] (1883), Monaco
[* 22] (1886). Wie
Deutschland, hat auch
Österreich-Ungarn keine Aus- lieferungsvertrage
mit
Rumänien,
[* 23]
Bulgarien,
Däne- mark,
Portugal und der
Türkei.
[* 24] Es wird jedoch im Verhältnis zu dieseu
Staaten
gegen Zusicherung der Reciprocität Auslieferung
gewährt.
In der
Türkei haben die deutschen und österr.-ungar. Konsuln sogar das
Recht, Unterthanen ihrer Absendestaaten auch wegen
außerhalb der
Türkei begangener Delikte verhaften und nach der
Heimat transportieren zu lassen. Die Verbrechen,
wegen deren Auslieferung
stattfinden muß, sind in den einzelnen Auslieferu
ngsverträgen nickt die gleichen. So umfassen
die deutsch-nordamcrik. Auslieferu
ngsverträge
Mord, Raub, Sceraub,
Brandstiftung, Fälschung, Ausgeben falscher Doku-
mente
, Falschmünzerei, Unterschlagung öffentlicher
Gelder; der deutsch-engl.
Vertrag betrifft außerdem
Totschlag, Meineid,
Notzucht,
Entführung,
Kinder- raub, Diebstahl, Unterschlagung, Raub,
Erpreßung,
Betrug, Untreue, Urkundenfälschung
betrügerischen
Bankrott und einzelne auf einem schiff auf hoher See begangene Delikte. In andern von
Deutsch- land abgeschlossenen
Verträgen, den mit der
Schweiz eingeschlossen, treten noch hinzu
Kindesmord, Ab- treibung , Kindesaussetzung, Personenstandsver-
letzung ,
Freiheitsberaubung, Hausfriedensbruch,
Bedrohung,
Bigamie, Verbrechen gegen die Sittlich- keit, schwere Körperverletzung,
Bestechung öffentlicher
Beamten, Hehlerei, qualifizierte Sachbeschädigung,
Beschädigung von Eisenbahnen, Dampfmaschinen
[* 25] und
Telegraphen,
[* 26] Gefährdung von Eisenbahnzügen, unbefugte
Bildung einer
Bande in der
Absicht,
Per- sonen oder Eigentum anzugreifen.
Noch umfassen- der ist der Katalog von Auslieferu
ngsdclikten, wel- chen das schweiz. Auslieferung
sgesetz
vom aufstellt. Der
Ausschluß politischerVerbrcchcnvon der völkerrechtlichen Auslieferung
spflicht,
ein
Grund- satz, der sich aus der kumauilüren Erwägung er- Närt, daß ein polit. Verbrecher, der in feine
Heimat ausgeliefert
wird, kaum auf ein unparteiisches
Ur-
teil hoffen darf, umfaßt mangels anderer Bestim- mung nickt bloß die sog. absolut
polit.
Verbrechen, d. h. diejenigen, welche nur polit. Institutionen
(Staat,
Verfassung) angreifen, ohne gleichzeitig
nichtpolit. Interessen (Leib, Leben) von Individuen zu verletzen oder zu gefährden, sondern auch alle Verbrechen, die im
konkreten Falle aus einem polit. Motiv geschehen oder einen polit. Zweck verfolgen lsog. relativ polit. Verbrechen). Dadurch
ist die Ausnahme eine sehr weite. Infolgedessen werden neuerdings gewisse relativ polit. Verbrechen zu
Aus- lieferungsdelikten erklärt, so nach dem Zusatz, den
Belgien infolge des Falles Iacquin (1851) zu seinem Auslieferung
sgesctze
machte (sog. belgische Attentatsklausel), in den meisten neuern
Verträgen
Mord und
Mordversuch gegen das Staatsober- haupt;
sie gelten immer als gemeines Verbrechen.
Ausnahmsweise findet Auslieferung
wegen aller relativ polit. Delikte zwischen
Osterreich und
Spanien statt; früher
war das auch noch zwischen den
Staaten des
Deut- schen
Bundes auf
Grund des 1854 aufrecht erhalte- nen Vundesbeschlusscs vom der
Fall. Seit neuerer Zeit (1870) wird zwischen
Deutschland und
Österreich
[* 27] Auslieferung
nur wegen gemeiner Delikte ge- währt. Das schweiz.
Auslieferung
sgesetz und der neue österr.-schweiz.
Vertrag ziehen die Grenze so, daß Auslieferung
bewilligt wird,
obgleich der
Thäter einen polit.
Beweggrund oder Zweck vorschützt, wenn die Handlung, um derentwillen die Auslieferung
verlangt wird, vorwiegend den
Charakter eines gemeinen, d. h. nichtpolit.
Vergehens oder Verbrechens hat.
Großbritannien, die Nordamerikanische Union und
Norwegen
[* 28] liefern auch eigene Unterthanen aus, und dafür spricht auch, wenn man der ausländischen
Rechtspflege als einer guten trauen darf, daß die Ermittelung der Wahrheit bezüglich des Delikts im
Lande der Tbat leichter
ist als im
Staate der
Hei- mat des Beschuldigten.
Aus diesem
Grunde hat sich auch das
Institut für internationales
Recht, das 1880 zu Oxford
[* 29] und 1892 zu
Genf
[* 30] Vorschläge über eine einheitliche Gestaltung des
Auslieferungs- rcchts beriet, unter der
Voraussetzung analoger Grundlagen
des
Strafrechts und des Strafverfah- rens für der eigenen Staatsangehörigen ausge- sprochen. In Auslieferung
sverträgen
schließen Nordamerika und England der fehlenden Reciproci- tät wegen die Auslieferung
ihrer eigenen Unterthanen
aus, so z. V. in dem deutsch-cngl.
Auslieferungsvertrag über das Verhältnis der deutschen Schutzgebiete zu den großbritannischen Besitzungen vom Nur im span.-engl. Vertrag hat England die Auslieferung seiner Unterthanen eingeräumt, während Spa nien die seinigen nicht ausliefert. An einen andern deutschen Staat und an das Reich muß jeder Glied- staat des Teutschen Reichs seine eigenen Angehörigen ausliefern. Innerhalb des Deutschen Reichs besteht unbeschränkte Auslieferungspflicht, auch wegen polit.
Delikte (Rcchtshilfegesetz vom 21. Juni 1869 und Ge- richtsverfassungsgesetz vom §. 163). Selbstverständlich kann der um Auslieferung ersuchte Staat von dem ersuchenden immer die Beibringung aller für die Beurteilung des Auslieferungsfalles erfor- derlichen Aufklärungen und Nachweise über den Thatbestand verlangen. Er urteilt über die Natur der strafbaren Handlung nach eigenem Ermessen. Geschichtlich ist zu bemerken, daß im Altertum und Mittelalter Auslieferung nur ausnahmsweise erfolgte, dann, wenn es dem Interesse des ausliefernden ¶