Titel
Ausland
,
der jurist. Gegensatz von Inland, im Sinne der deutschen Reichsgesetze, insonderheit des Deutschen Strafgesetzbuches, jedes nicht zum Deutschen Reiche gehörige Gebiet. Zum Deutschen Reiche gehören aber nach völkerrechtlichen Grundsätzen auch die Küstengewässer auf Kanonenschußweite, die unter deutscher Flagge fahrenden Schiffe, [* 2] ferner auch die Luftsäule über deutschem Lande und Wasser auf Kanonenschußhöhe (ein in einem Luftballon über deutscher Erde verübtes Verbrechen ist im Inlande begangen), die Bezirke der deutschen Konsulargerichtsbarkeit, die deutschen Schutzbezirke und die Samoa-Inseln, insofern dort nach Befinden des Oberrichters deutsches Strafrecht zur Anwendung kommt (Berliner [* 3] Generalakte vom
Für die
Begrenzung des Geltungsgebietes inländischer
Strafgesetze dem Ausland
gegenüber sind in der Strafrechtswissenschaft
folgende Grundsätze aufgestellt: Die inländischen
Strafgesetze finden Anwendung 1) auf alle im Inlande begangenen strafbaren
Handlungen, auch wenn der
Thäter ein
Ausländer ist
(Territorialprincip);
2) auf alle von Inländern im In- oder Auslande
begangenen strafbaren Handlungen
(Personalprincip);
3) auf alle im Inlande und auf diejenigen im A. begangenen strafbaren Handlungen, bei welchen der Inlandsstaat oder ein Inländer der Verletzte ist (Realprincip);
4) auf alle strafbaren Handlungen, gleichviel wo, von wem und gegen wen sie begangen sind (Weltrechtspflege). In der Gesetzgebung der einzelnen Länder sind diese Systeme vielfach nicht völlig ungemischt zum Ausdruck gekommen, am reinsten das Territorialprincip in England und Nordamerika [* 4] und die Weltrechtspflege im Österr. Strafgesetz von 1852.
Im Deutschen Strafgesetzbuch gilt als Regel das Territorialprincip; diese Regel hat aber erhebliche Ausnahmen. Dem deutschen Strafgesetz unterliegen:
1) Unterschiedslos In- und
Ausländer und zwar: ausland.
Für jede im A. begangene hochverräterische Handlung
gegen das
Deutsche Reich
[* 5] oder einen
Bundesstaat und jedes Münzverbrechen (§. 4, Nr. 1). b. Jeder, der irgendwo vorsätzlich
durch Anwendung von
Sprengstoffen Gefahr für das Eigentum, die Gesundheit oder das Leben eines andern herbeiführt oder der
zur Begehung dieses
Verbrechens öffentlich auffordert oder zum Zwecke der Begehung
Sprengstoffe herstellt,
anschafft, bestellt, besitzt oder andern überläßt
(Sprengstoffgesetz vom §. 12). c. Der Kriegsverrat,
Leichenraub,
Diebstahl und Raub an Verwundeten auf dem Kampf- oder
Kriegsschauplätze u. s. w. (Militär-Strafgesetzb. §. 160). 2) Die
folgenden strafbaren Handlungen, wenn sie auswärts von einem
Deutschen begangen sind: ausland
Landesverrat gegen das
Deutsche Reich
oder einen
Bundesstaat oder
Beleidigung gegen einen Bundesfürsten (§. 4, Nr. 2). b. Hoch- und Landesverrat gegen
einen nicht zum
Deutschen
Reiche gehörenden
Staat oder Landesherrn, sofern Gegenseitigkeit verbürgt ist (§. 102). c. Der
im A. verübte
Nachdruck und die ähnlichen Delikte (Gesetz vom §. 25). d.
Alle
Verbrechen
und
Vergehen, wenn sie durch die Gesetze des Begehungsortes mit
Strafe bedroht sind, wenn ferner von den Gerichten des Ausland
nicht
über die Handlung bereits rechtskräftig erkannt und Freisprechung oder
Strafvollzug erfolgt ist, wenn ferner nicht Verjährung
oder Straferlaß eingetreten ist, wenn endlich der nach den Gesetzen des Ausland
erforderliche
Antrag des Verletzten gestellt ist (§. 4, Nr. 3, §. 5). 3) Die folgenden
auswärts begangenen strafbaren Handlungen, wenn die
Thäter Deutsche oder Nichtdeutsche in bestimmter
Stellung sind, und zwar:
u.
Beamte, wenn sie ein
Amtsdelikt nach deutschem
Recht begehen (§. 4, Nr. 1). b. Schiffsleute deutscher
Schiffe, wenn sie sich gegen die Disciplin vergeben (Seemannsordnung §. 100).
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Im A. begangene Übertretungen sind nur dann zu bestrafen, wenn dies durch besondere Gesetze oder Verträge angeordnet ist. Eine im A. vollzogene Strafe ist, wenn wegen derselben Handlung im Gebiete des Deutschen Reichs abermals eine Verurteilung erfolgt, auf die zu erkennende Strafe in Anrechnung zu bringen (§§. 6, 7). Ist ein Deutscher im A. wegen eines Verbrechens oder Vergehens bestraft worden, welches nach deutschem Recht die Aberkennung bürgerlicher Ehrenrechte zur Folge haben kann, so kann in einem neuen Strafverfahren diese Folge nachträglich herbeigeführt werden (§. 37).
Wegen der Anwendung von Strafgesetzen eines einzelnen deutschen Staates auf Handlungen, welche in einem andern deutschen Staat begangen sind, und über die Anwendung des bürgerlichen Rechte auf die in einem andern Lande begründeten Privatrechtsverhältnisse s. Kollision.
Vgl. Berner, Wirkungskreis des Strafgesetzes nach Zeit, Raum und Personen (Berl. 1853);
Bar, Das internationale Privat- und Strafrecht (Hannov. 1862);
Rohland, Das internationale Strafrecht, Bd. 1 (Lpz. 1877);
Binding, Handbuch des Strafrechts, Abteil. 1 (ebd. 1885).