Ausfuhr
(Export), der in
Raum- und Gewichtseinheiten bemessene oder in Preissummen ausgeworfene Betrag an
Waren, welche
ein Land an ein andres absetzt. Dieselbe wird dadurch ermöglicht, daß das exportierende Land, durch
Natur
oder Kulturentwickelung begünstigt, die
Ware billiger herzustellen vermag als dasjenige, welches dieselbe empfängt, oder
auch nur dadurch hervorgerufen, daß die Ausfuhr
als Gegenwert gegen die nötige Einfuhr dient. Im großen
Ganzen ist die Einfuhr an
Produkten durch die Ausfuhr
zu decken.
Erschwerungen der Einfuhr können deshalb leicht Minderungen der zur Folge haben. Allerdings ist dies keine Notwendigkeit, da die verringerte Zahlungsfähigkeit des Auslandes auch einem dritten Land gegenüber sich geltend machen kann. Leistungsfähigkeit und sparsamer Sinn eines Volks können darum auch, zumal wenn sie durch die Gunst der Natur unterstützt werden, längere Zeit hindurch die von Waren auf höherm Stand erhalten als die Einfuhr, indem der Unterschied durch Einfuhr von Edelmetall und Erwerb von Schuldtiteln beglichen wird.
Später kann sich das
Verhältnis umkehren, indem die Zinszahlung durch Einfuhr von
Waren ausgeglichen wird. Dem
Gedanken, durch
Mehrausfuhr
die Kapitalkraft des Inlandes zu stärken, entsprangen die verschiedenen handelspolitischen Maßregeln des
Merkantilsystems (s. d.), welche teils die Ausfuhr
zu heben, teils
sie zu mindern bestimmt waren. Überreste der
Mittel, welche direkt auf dieses
Ziel lossteuern, finden sich noch heute. Im
übrigen unterscheiden sich die heutigen Bestrebungen von denen der frühern Zeit wesentlich dadurch, daß sie mehr indirekt
wirken, indem
sie auf die
Mittel gerichtet sind, welche die Ausfuhr
ermöglichen und dauernd sichern.
Zur
Hebung
[* 2] und
Förderung der Ausfuhr
dienen zunächst staatliche Ausfuhr
begünstigungen, die früher vielfach in der
Gestalt von
Ausfuhrprämien (franz. primes d'exportation, engl. bounties)
nach Maßgabe der Ausfuhr
insbesondere von fertigen
Produkten der
Industrie gewährt wurden. Solche
Prämien konnten allerdings für
einen besondern Industriezweig sehr günstig wirken, woraus jedoch noch nicht ihre volkswirtschaftliche Zulässigkeit folgt.
Als vorübergehend angewandtes
Reizmittel konnten sie immerhin gute
Dienste
[* 3] leisten, doch sind ihnen auch in diesem
Fall in der
Regel, zumal im Kulturland, andre zur Erleichterung und
Sicherung des
Absatzes dienende Maßregeln vorzuziehen.
Meist wirkten die Prämien als einseitige Begünstigungen auf Kosten andrer Kreise [* 4] der Bevölkerung, [* 5] oft selbst zu gunsten des Auslandes, welchem sie einen billigern Bezug ermöglichten. Während der Merkantilismus solche Prämien nur der Industrie zugestand, wurden sie in England auch der Landwirtschaft bei von Weizen gewährt, wenn dessen Preis unter eine bestimmte Höhe herabgesunken war. Heute bestehen derartige Prämien noch in Frankreich als Ermunterungsmittel der großen Seefischerei für von französischen Fischern gefangene Stockfische, welche direkt von Neufundland oder von französischen Spezialentrepots ausgeführt werden.
Den
Charakter von
Ausfuhrprämien können aber auch diejenigen Ausfuhr
vergütungen, wie
Bonifikationen und
Rückzölle, annehmen,
welche den
Zweck haben, durch
Zoll- und Steuersystem und dessen
Technik hervorgerufene nicht beabsichtigte
Lasten zu begleichen (vgl.
Exportbonifikation.). Weitere
Mittel zur
Förderung der Ausfuhr
sind alle diejenigen, welche als Erleichterungen,
z. B. bei der
Durchfuhr, oder als direkte und indirekte
Hilfen (Konsularberichte,
Schutz der heimischen
Interessen im
Ausland,
Kolonialpolitik etc.) der gesamten
Gütererzeugung und dem
Handel dienen. Neben der Wirksamkeit des
Staates
und als Ergänzung derselben können auch freie private Bestrebungen, mögen sie dem
Interesse oder gemeinnützigen
Beweggründen
entspringen, darauf abzielen, die Ausfuhr
zu heben, wie Erforschung von Absatzgebieten durch Expeditionen, Anbahnung
und Unterhaltung von Verkehrsbeziehungen durch
Vereine
(Deutscher
Handelsverein),
Ausstellungen,
Exportmusterlager,
Handelsmuseen
etc.
Beschränkungen der Ausfuhr
bildeten einen wichtigen
Bestandteil der ältern
Handels- und Münzpolitik. Sie
traten vielfach als Ausfuhr
verbote auf.
Kamen schon bei den
Römern Verbote der von
Edelmetallen vor, so finden wir dieselben
ganz regelmäßig im
Mittelalter, später meist mit der Beschränkung auf gemünztes
Metall und zwar, wie in
Frankreich noch
1726, unter Androhung von schweren, selbst Leibesstrafen.
Zweck dieser Verbote war meist, zu verhindern,
daß nach durch die
Verwaltung selbst bewirkten Münzverschlechterungen die schwereren
Stücke über die
Grenze gebracht würden.
Ferner ergingen auch nicht selten Verbote gegen die von Lebensmitteln und wichtigen Rohstoffen, vielfach aus echt merkantilistischen Gründen, so in England noch bis 1824 gegen die von Wolle, dann von Getreide, [* 6] wenn der Preis einen bestimmten Satz überstieg. Am längsten behauptete sich in der Praxis als Notstandsmaßregel das vorübergehende Verbot der von Lebensmitteln, doch wurde auch dieses durch die moderne Verkehrsentwickelung hinfällig. So kommen denn in den ¶
mehr
heutigen Kulturstaaten, nachdem früher in den Handelsverträgen möglichst auf Beseitigung der Verbote hingewirkt wurde,
die Ausfuhr
verbote nur noch als Ausnahmemaßregel im Kriegsfall vor. Sie erstrecken sich meist nur auf Kriegsmaterial und
haben den Zweck, den eignen Bedarf sicherzustellen, den Feind zu schwächen oder die Neutralität aufrecht zu erhalten. In ihrer
Wirkung kommen dem Verbot hoch bemessene Ausfuhrzölle nahe, welche auch aus jenem vielfach hervorgegangen sind.
Ursprünglich als bequeme Quelle [* 8] von Einnahmen betrachtet, welche scheinbar das Ausland spendete, und deswegen auch von Fabrikaten erhoben, werden die Ausfuhrzölle dem Merkantilsystem zu einem Mittel, die Industrie zu stützen und zu heben. Sie wurden deshalb in erster Reihe von Lebensmitteln und Rohstoffen erhoben, deren Arbeit und Industrie bedurften. Dem entsprechend spielten die Ausfuhrzölle in den Zolltarifen eine wichtige Rolle, und es hatte sich auch eine größere Zahl derselben bis in die neuere Zeit hin erhalten.
Die Erkenntnis, daß diese Zölle meist vom Inland getragen werden, daß sie die Produktion der belasteten Artikel schädigten und die Konkurrenz auf fremdem Markt erschwerten, führte in vielen Ländern, besonders seit Abschluß des englisch-französischen Handelsvertrags, zu ihrer vollständigen Beseitigung. In Deutschland [* 9] wurde 1873 der letzte Rest, der Zoll auf die für die Papierfabrikation [* 10] erforderlichen Lumpen und Abfälle, aufgehoben. Ebenso bestehen keine Ausfuhrzölle mehr in England, Frankreich, den Vereinigten Staaten [* 11] etc. Überbleibsel kommen noch vor in Österreich, [* 12] eine größere Zahl noch in Rußland, in der Schweiz [* 13] (1873 mit 3 Mill. Mk. Einnahme), besonders in Italien [* 14] auf zahlreiche Landesprodukte, vorzüglich aber in der Türkei, [* 15] in deren Finanzwesen der Ausgangszoll eine wichtige Rolle spielt. Der in der Schweiz erhobene allgemeine Ausgangszoll (0,16 Mk. für 100 kg) hat lediglich den Charakter einer statistischen Gebühr, wie sie auch in Deutschland 1879 eingeführt wurde. Ein echter, das Inland nicht beschwerender Finanzzoll ist der Ausfuhrzoll dann, wenn er von Gegenständen erhoben wird, bei deren Besitz oder Erzeugung das Inland eine (insbesondere natürliche) Monopolstellung einnimmt, wie Peru [* 16] bei Guano, China [* 17] bei Thee.