Ausflußges
chwindigkeit,
die
Geschwindigkeit, mit welcher ein flüssiger oder gasförmiger
Körper aus einer Öffnung
des ihn enthaltenden
Gefäßes ausströmt. Da während des Ausströmens eines bestimmten Flüssigkeitsquantums stets eine
gleichgroße Flüssigkeitsmenge von der Oberfläche bis zum
Niveau der Öffnung herabsinken muß, so ist
die Ausflußges
chwindigkeit gleich der
Geschwindigkeit, welche ein
Körper erlangen würde, wenn er vom Flüssigkeitsspiegel bis zur Ausflußöffnung
frei herabfiele
(Torricellis
Lehrsatz).
Bezeichnet man daher mit v die Ausflußges
chwindigkeit, mit h die vertikale Tiefe der Öffnung unter der Flüssigkeitsoberfläche
(Druckhöhe) und mit g die
Beschleunigung der
Schwere (g = 9 m,81 ^[9m,81]), so ist ^[img]. Die Ausflußges
chwindigkeit hängt
demnach nur von der Druckhöhe, nicht aber von der
Natur der
Flüssigkeit ab, so daß z. B. bei gleicher Druckhöhe
Wasser und
Quecksilber gleichschnell ausfließen. Da der
Druck in einer
Flüssigkeit nach allen
Richtungen hin gleichstark
wirkt, so ist es für die Ausflußges
chwindigkeit gleichgültig, ob sich die Öffnung im
Boden oder in einer Seitenwand des
Gefäßes befindet,
ob der ausfließende
Strahl nach abwärts, nach seitwärts oder nach aufwärts
(Springbrunnen) gerichtet ist. Hätte der ausfließende
Strahl eine cylindrische Gestalt, so könnte man das pro
Sekunde ausgeflossene Flüssigkeitsvolumen leicht
berechnen, indem man die Ausflußges
chwindigkeit mit dem Flächeninhalt der Öffnung multipliziert. Der
Strahl ist jedoch nicht cylindrisch, sondern
er zieht
¶
mehr
sich zusammen, so daß sein Querschnitt in geringer Entfernung von der Öffnung nur noch ⅔ von demjenigen der Öffnung beträgt. Um die wirkliche Ausflußmenge zu erhalten, muß man daher die oben berechnete sogen. »theoretische Ausflußmenge« noch mit ⅔ multiplizieren. Diese Zusammenziehung des Strahls (contractio venae) rührt hauptsächlich davon her, daß die Flüssigkeitsteilchen im Innern des Gefäßes von allen Seiten her konvergierend nach der Öffnung strömen und daher an den Rändern der Abflußöffnung mit einer seitlich gerichteten Geschwindigkeit ankommen.
Alles Bisherige gilt nur für Öffnungen in dünner Gefäßwand. Durch kurze cylindrische oder nach außen konisch erweiterte
Ansatzröhren wird, wenn die Flüssigkeit an den Wänden der Röhre adhäriert und dieselbe ganz ausfüllt,
die Ausflußmenge vermehrt, die Ausflußges
chwindigkeit dagegen vermindert. Öffnungen in dicker Wand wirken wie Ansatzröhren.
Für die der Gase
[* 4] gilt ebenfalls das Torricellische Gesetz, falls man unter der Druckhöhe h die Höhe einer Gassäule von der
Dichte des ausströmenden Gases versteht.
Bezeichnet man mit h' den manometrisch als Höhe einer Quecksilbersäule gemessenen Überdruck des eingeschlossenen Gases, mit
s' das spezifische Gewicht des Quecksilbers, mit s dasjenige des Gases (beide auf Wasser als Einheit bezogen), so verhält sich
die Druckhöhe h, welche in Rechnung zu bringen ist, zu der Quecksilbersäule h' wie s' zu s; es ist
also ^[img] und ^[img], woraus das von Graham aufgestellte Gesetz sich ergibt, daß die Ausflußges
chwindigkeiten verschiedener
Gase bei gleichem Druck den Quadratwurzeln aus ihren spezifischen Gewichten umgekehrt proportional sind. Da z. B. Wasserstoffgas
16mal weniger dicht ist als Sauerstoffgas, so strömt jenes unter gleichem Druck 4mal schneller aus als
dieses. Bunsen hat hierauf eine Methode zur Bestimmung der spezifischen Gewichte der Gase gegründet.