[* 1] Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirks (bis 1884 Landdrostei, s. unten) in der
preuß.
ProvinzHannover,
[* 2] liegt fast in der Mitte von
Ostfriesland, auf einem wohlkultivierten Sandboden, ringsum von
Gärten
und Gehölzen umgeben, an der
Linie Georgsheil-Aurich der Preußischen Staatsbahn, steht mit
Emden
[* 3] durch einen
Kanal
[* 4] in
Verbindung, hat 1 lutherische, 1 reformierte und 1 kath.
Kirche, 1 Methodistenkapelle, 1
Synagoge, 1
Gymnasium, Schullehrerseminar,
Krankenhaus
[* 5] (»Reilstiftung«),
Damenstift (»Sethestift«) und (1880) 5390 Einw.,
darunter 381 Katholiken und 377
Juden (1
Bataillon Nr. 78). Aurich ist Sitz der
Regierung, eines
Konsistoriums, eines
Landgerichts
und der ostfriesischen
Landschaft. In
hohem
Ruf stehen die Pferdemärkte und neuerdings auch die Bierbrauerei
[* 6] von Aurich. An
Stelle der alten Festungswälle sind schöne Spazierwege eingerichtet worden. Bei dem nahen Dorf Rahe ist der berühmte
Upstallsboom, der
Schwur- und Freiheitshügel, wo sich jedes Jahr um
Pfingsten die Abgeordneten der sieben friesischen
Seelande versammelten, um zu beraten. - Aurich war ursprünglich ein Dorf, Lambertushof genannt, ist aber
schon um 1059 als Aurica, um 1397 als Aurikeshove nachzuweisen.
Damals lag es mitten im
Wald und ward oft Jagdaufenthalt der Häuptlinge, dann der
Grafen von
Ostfriesland; zur
Residenz derselben
wurde es erst zu Anfang des 17. Jahrh. erwählt. Nach dem Aussterben der
Cirksena nahm 1744
Preußen
[* 7] von AurichBesitz, worauf es seit 1809 holländisch, dann seit 1810 französisch war; 1815 ward es an
Hannover abgetreten, nach dem
Krieg von 1866 aber von
Preußen wieder in
Besitz genommen.
Vgl.
Wiarda, Bruchstücke zur Geschichte
der Stadt Aurich
(Emd. 1835).
Der gleichnamige Regierungsbezirk (s.
Karte
»Hannover«),
1) Regierungsbezirk der preuß. Provinz Hannover, nordwestlichster TeilPreußens
[* 14] und Deutschlands,
[* 15] umfaßt das ehemalige Fürstentum
Ostfriesland und das Harlingerland, wird begrenzt vom Großherzogtum Oldenburg
[* 16] (Osten), den Niederlanden,
dem Dollart (Westen) und der Nordsee (Norden), ist meist Flachland mit Marsch, Geest, Moor, mit Flüssen (Ems,
[* 17] Leda) und schiffbaren
Kanälen, besonders ausgezeichnet durch Landbau, Viehzucht,
[* 18] Schiffahrt und Handel und hat 3107,45 qkm, (1890) 218120 (107582
männl., 110538 weibl.) E., darunter 4536 Militärpersonen, 7 Städte mit 47,99 qkm und 58520 (29963 männl., 28557 weibl.)
E., 313 Landgemeinden und 22 Gutsbezirke mit 3059,46 qkm und 159600 (77619 männl., 81981 weibl.)
E., ferner 35066 bewohnte, 440 unbewohnte Wohnhäuser,
[* 19] 47398 Haushaltungen und 201 Anstalten. Dem Religionsbekenntnis nach
waren 205937 Evangelische, 7374 Katholiken, 2022 sonstige Christen und 2713 Israeliten.
3) Hauptstadt des Reg.Bez. Aurich, 20 km südlich von der Nordseeküste und 22 km nordwestlich
von der niederländ. Grenze, in 6 m Höhe, an dem schiffbaren Ems-Jade-Kanal und der Nebenlinie Georgsheil-Aurich (10,50 km) der
Preuß. Staatsbahnen,
[* 21] Sitz des Landratsamtes, eines Konsistoriums, Landgerichts (Oberlandesgericht Celle)
[* 22] mit 9 Amtsgerichten
(Aurich, Berum, Emden, Esens, Leer, Norden, Weener, Wilhelmshaven, Wittmund), Amtsgerichts, Zoll- und Steueramtes erster Klasse, Katasteramtes,
der Ostfriesischen Landschaft und einer Landesbauinspektion, hat (1890) 5639 (2811 männl., 2828 weibl.)
meist evang. E., in Garnison das 3. Bataillon des Infanterieregiments HerzogFriedrich Wilhelm von Braunschweig
[* 23] Nr. 78, Postamt
erster Klasse, Telegraph,
[* 24] luth.
Kirche (St. Lamberti, 1830 neu gebaut), mit geschnitztem Altarbild des 15. Jahrh, aus dem Cistercienserkloster Ihlow, reform.,
kath. Kirche, Methodistenkapelle, Synagoge, altes fürstl. Schloß (1852 umgebaut), Mausoleum für die ostfries. Fürsten und
Staatsarchiv. Ferner bestehen ein königl. Gymnasium, Schullehrerseminar mit Präparandenanstalt,
höhere Mädchen-, städtische, kath. und israel. Volksschule, mehrere öffentliche Bibliotheken, Freimaurerloge, Damenstift
(Sethestift), Armen-, Kranken-, Arbeitshaus, Hebammen- und Entbindungsanstalt, Schlachthaus, ostfries. Sparkasse, Amts-, städtische
Sparkasse, ostfries. Immobiliar- und Viehversicherungsanstalten,
Mühlenbrandsocietät, 8 bedeutende Pferde-, 6 Vieh- und Krammärkte, Hengstkörung und -Markt. In der Nähe (3 km von Aurich) befindet
sich der Upstallsbom (d. h. Obergerichtsbaum), ein Hügel, wo bis zum 14. Jahrh, die Landtage der 7 fries.
Seelande stattfanden.
Vgl. Wiarda, Bruchstücke zur Geschichte und Topographie der Stadt Aurich (Emden 1835).