ehrender Beiname, der dem
KaiserOctavianus 27
v. Chr. vom römischen
Senat
und
Volk beigelegt ward.
Vermöge seines vermeintlichen Ursprungs von
Augur drückt er die religiöse
Weihe
des
Kaisers aus, die
Heiligkeit, Unverletzlichkeit, Erhabenheit seiner
Person.
Alle folgenden
Kaiser behielten ihn bei, und er
pflegte unmittelbar hinter ihren persönlichen
Namen gesetzt zu werden, während
Imperator demselben voranging. Auch die Gemahlinnen
der
Kaiser, in der
Folge überhaupt die mit dem kaiserlichen
Haus zunächst verwandten
Frauen hießen
Augustae.
Bis auf den
KaiserMarcus Aurelius (161-180)
gab es immer nur
einen Augustus. Dieser erhob den
LuciusVerus zu seinem Mitregenten mit
dem
TitelAugustus, und seitdem wurde das
Reich wiederholt von mehreren
Augusti gemeinschaftlich regiert; eine eigentliche
Teilung
des
Reichs unter mehrere
Augusti erfolgte erst durch und nach
Diokletian, zu einer dauernden wurde sie nach
dem
TodeTheodosius' I. (395), indem das west- und
oströmische Reich für immer getrennt wurden. Auch auf die römisch-deutschen
Kaiser des
Mittelalters ging der
TitelAugustus mit dem schon bei den römischen
Kaisern im 3. Jahrh. vorkommenden
Zusatz semper (»immer«) über; im
Deutschen wurde derselbe auf
Grund der
Ableitung von von augere (»vermehren«) durch »allezeit
Mehrer des
Reichs« wiedergegeben.
Franz II. legte 1806 den
Titel mit der deutschen Kaiserwürde ab.
abgefunden, erregte aber neue Schwierigkeiten, bis er 36 an der Küste von Sizilien
[* 8] durch Oktavians AdmiralAgrippa geschlagen
wurde. In den folgenden Jahren gewann Oktavian mehr und mehr die Gunst des Volks durch sein klug berechnetes Benehmen und übte
das Heer durch Expeditionen gegen die Illyrier und Dalmatier, während Antonius durch unglückliche Kriege
im Orient und durch sein ausschweifendes Leben bei der ägyptischen KöniginKleopatra mehr und mehr an Macht und Ansehen verlor.
Durch Senatsbeschluß wurde Antonius der ihm übertragenen Macht für verlustig, an Kleopatra aber der Krieg erklärt, welcher,
besonders durch das VerdienstAgrippas, 2. Sept. 31 mit der Niederlage des Antonius in der Seeschlacht bei Actium
endigte; Antonius und Kleopatra gaben sich 30 in Alexandria den Tod. Oktavian selbst kehrte, nachdem er die Angelegenheiten im
Osten geordnet, 29 als unbestrittener Alleinherrscher des römischen Reichs nach Rom zurück. Er benutzte die nächste Zeit,
um sich der Gunst des Heers und des Volks durch einen glänzenden dreitägigen Triumph, durch öffentliche
Spiele und insbesondere auch durch reiche Geschenke zu versichern und sich den Senat vermöge der ihm übertragenen zensorischen
Gewalt durch die Ausscheidung unwürdiger und unzuverlässiger Mitglieder 28 vollkommen zu eigen zu machen.
Nachdem dies aber geschehen, erklärte er 13. Jan. 27 im Senat, daß er wünsche, den Oberbefehl über die
sämtlichen römischen Streitkräfte, den er bisher geführt, niederzulegen und damit zugleich auf die vermittelst dieses
Oberbefehls geführte Herrschaft zu verzichten, was jedoch nur die (von ihm beabsichtigte) Folge hatte, daß ihm der Oberbefehl
und die prokonsularische Gewalt in allen Provinzen, welche zu ihrem Schutz einer Militärmacht bedurften,
förmlich übertragen und ihm zugleich der Ehrenname Augustus beigelegt wurde.
Sodann wurden ihm 23 die tribunizische und die konsularische Gewalt, 19 die Befugnis, Verordnungen mit Gesetzeskraft zu erlassen,
und endlich 12 das durch den Tod des Lepidus erledigte oberste Priesteramt übertragen. So vereinigte er
die sämtlichen bedeutenden öffentlichen Ämter und Befugnisse in seinem Besitz, um unter republikanischen Formen, deshalb
aber nicht minder unumschränkt zu herrschen. Die Hauptgrundlage seiner Herrschaft bildete aber das Heer, das erste stehende,
wenigstens von größerm Umfang, welches die alte Zeit kennt.
Dasselbe bestand in der letzten Zeit seiner Regierung aus 25 Legionen (mit den Hilfsvölkern etwa 300,000
Mann), welche über die Provinzen verteilt waren, und hierzu kamen noch 9 KohortenPrätorianer von je 1000 Mann zu Fuß und 200 Reitern,
welche in Rom und dessen nächster Umgebung standen. So stark aber diese Streitmacht war, so enthielt er sich doch
grundsätzlich, sich ihrer zur Erweiterung des Reichs durch Eroberung zu bedienen. Indessen war er doch genötigt, zur Befestigung
der römischen Herrschaft in den Provinzen mehrere Kriege zu unternehmen, die jedoch fast sämtlich nicht von ihm, sondern
von seinen Feldherren, namentlich von Agrippa, und von seinen Stiefsöhnen Tiberius und Drusus geführt wurden.
So mußte in Spanien von 27 bis 19 fast ununterbrochen Krieg geführt werden, um die Herrschaft in dieser Provinz fest zu begründen.
Im J. 25 wurden die östlichen Alpen
[* 9] durch die Unterwerfung der Salassier zuerst dem Reich vollständig einverleibt.
Ein Feldzug, welchen Tiberius 20 gegen die Parther unternahm, um die römische Schutzherrschaft über Armenien
herzustellen, führte zwar nicht zu einer Anwendung der Waffen,
[* 10] hatte aber den vielgepriesenen Erfolg, daß
der Partherkönig,
durch die Kriegsdrohung erschreckt, die in den Jahren 53 und 36 gewonnenen römischen Gefangenen und Feldzeichen auslieferte.
Von größerer Bedeutung aber waren die in den Grenzländern am Rhein und in den Donaugegenden geführten
Kriege. Am Rhein wurden die Feindseligkeiten durch einen Einfall der am Niederrhein wohnenden Sigambrer in die ProvinzGallien 16 eröffnet.
Alle diese Kriege fanden aber, soweit sie von Bedeutung waren, doch nur an den weit entfernten Grenzen
[* 14] des
Reichs statt, konnten daher die Ruhe und Wohlfahrt des Ganzen wenig beeinträchtigen. Diese aber zu fördern, war ein Hauptbestreben
des Augustus, welches er fortwährend mit Einsicht und Konsequenz verfolgte. Er sorgte für Abstellung der bisherigen Mißbräuche
in der Verwaltung der Provinzen, gründete überall Kolonien, legte Landstraßen an, suchte durch Gesetze
und andre geeignete Mittel auf Wiederherstellung der Religiosität und alten Sitte zu wirken, verschönerte Rom durch Tempel
[* 15] und
öffentliche Gebäude u. a., so daß seine fast ein halbes Jahrhundert füllende Regierung für das durch die vorausgehenden
Bürgerkriege erschütterte Reich eine Zeit der Erholung und Wiederherstellung wurde; auch bewies er sich
als einen Freund und Gönner der Litteratur, die unter ihm eine verhältnismäßig hohe Blüte
[* 16] erreichte.
Seine Regierung war sonach im ganzen eine glückliche und wohlthätige;
dagegen wurde er in seiner Familie von schweren Unfällen
und Verlusten betroffen. Er war dreimal verheiratet, mit Clodia, Scribonia, Livia;
von der zweiten Gemahlin
hatte er eine Tochter, Julia, die erst mit seinem Schwestersohn Marcellus, der 23 v. Chr. starb, dann mit Agrippa, der 12 starb,
endlich mit Tiberius verheiratet war;
Allein
Drusus starb schon 9 auf seinem letzten Einfall in Deutschland, seine Tochter Julia erregte durch ihre Ausschweifungen
so großen Anstoß, daß er sie 2 v. Chr. aus Rom verbannte, und die beiden Söhne der Julia aus der Ehe mit Agrippa, Gajus und
LuciusCäsar, starben 4 und 2 n. Chr. in jugendlichem Alter; es blieb daher dem Augustus nichts übrig, als den
Tiberius zu adoptieren (4) und ihn damit (wider seine Neigung) als seinen Nachfolger zu bezeichnen, dem er in seinen letzten
Jahren auch die meisten Regierungsgeschäfte überließ. Als dieser 14 nach Illyrien ging, begleitete ihn Augustus bis Benevent; auf
der Rückreise von da starb er 19. Aug. 14 in Nola, 76 Jahre alt, nach 44jähriger Regierung. Seine Thaten
sind zusammengestellt in der Steininschrift des MonumentumAncyranum (s. Angora), herausgegeben von Th. Mommsen (2. Aufl., Berl.
1883) und von Bergk (Götting. 1873). Unter den uns erhaltenen Porträten des Augustus sind hervorzuheben: die schöne, 1863 in der
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Kaiservilla ad Gallinas (Primaporta) gefundene, jetzt im Vatikan
[* 18] befindliche Marmorstatue, welche ihn in einem reich mit Reliefs
geschmückten Panzer zeigt (s. Tafel »Bildhauerkunst
[* 19] IV«,
[* 20] Fig. 10); außerdem der Bronzekopf der vatikanischen Bibliothek und
der Marmorkopf der MünchenerGlyptothek. - Über Augustus vgl. außer den alten Quellen zur römischen Geschichte besonders
Löbell in Raumers »Historischem Taschenbuch« 1834; Beulé, Augustus, seine Familie und seine Freunde (deutsch, Halle
[* 21] 1873), sowie die
neuern Darstellungen der Geschichte Roms, namentlich von Peter, Bd. 3 (4. Aufl., das.
1881), und Merivale, Bd. 4 (a. d. Engl., Leipz. 1866).
der erste röm. Kaiser, ursprünglich Gajus Octavius, der Sohn des Gajus Octavius (s. Octavier) und der Attia,
einer Tochter der Julia, der jüngern Schwester des Julius Cäsar, der also sein Großoheim war, wurde 23. Sept. 63 v. Chr. geboren.
Nach dem frühen Tode des Vaters (58 v. Chr.) wurde der erst vierjährige Sohn durch seine Mutter und Lucius
Marcius Philippus, mit dem sich diese in zweiter Ehe vermählt hatte, sorgfältig erzogen. Seine Talente erwarben ihm die Gunst
des Julius Cäsar, der ihn im J. 45 zum Haupterben einsetzte und testamentarisch an Kindesstatt annahm. Augustus befand
sich, als Cäsar ermordet wurde (15. März 44), zu Apollonia in Illyrien, wo er bei dem Redner Apollodor in der Beredsamkeit unterrichtet
wurde und auf den zum Parthischen Krieg abziehenden Cäsar, der ihn mitnehmen wollte, warten sollte.
Nach CäsarsTod ging er nach Italien. Bei Brundisium erfuhr er im April 44 den Inhalt von CäsarsTestament
und nannte sich nun Julius Cäsar (Octavianus). Ende April oder Anfang Mai traf Octavian in Rom ein, wo der Konsul Antonius
(s. d.) eine fast unbeschränkte Gewalt übte. Von diesem forderte Octavian die
Ausantwortung von Cäsars Nachlaß. Auf des Antonius Weigerung kam es zwischen beiden zu Streitigkeiten,
die, kurze Zeit scheinbar ausgeglichen, bald zu offener Gegnerschaft führten.
Als AntoniusRom verlassen hatte, um die von seinem Bruder nach Brundisium geholten Legionen zu übernehmen und mit ihnen das
Cisalpinische Gallien dein Decimus Brutus zu entreißen, begann Octavian ein Heer zu bilden, und hierbei bewahrte sich
schon die schlaue Politik, durch die er später sich zum Herrn des röm. Staates machte. Er warb in Campanien und Samnium 10000 Veteranen
des Cäsar an, erreichte, daß ein Teil der aus Macedonien zurückgekehrten, für Antonius bestimmten Legionen sich ihm anschloß,
gewann Senat und Volk durch Cicero, der für die Republik zu wirken und Octavian zu benutzen meinte, während
er in der That für diesen wirkte.
Octavian war dann seit Anfang 43 zusammen mit den Konsuln Hirtius und Pansa an der Leitung der militär.
Maßregeln in dem von dem Senat gegen Antonius geführten sog. Mutinensischen Kriege beteiligt; als dieser mit
der Niederlage des Antonius, aber auch mit dem Tode der Konsuln geendigt hatte, weigerte sich Octavian, Antonius zu verfolgen,
und setzte sich in Oberitalien
[* 22] fest. Jetzt offenbarte er seine wahre Gesinnung und trat den Republikanern feindlich entgegen.
Er söhnte sich mit Antonius aus, als dieser mit Lepidus aus Gallien nach Italien zurückkehrte, und begründete
in Gemeinschaft mit beiden bei Bologna (Ende Okt. 43) ein Triumvirat, worauf sie zusammen, nachdem sie Tausende ihrer Gegner
in Rom undItalien hatten hinrichten lassen, 42 v. Chr. das republikanische Heer unter Brutus und Cassius bei Philippi in Macedonien
besiegten. Bei der Teilung derProvinzen erhielt Antonius den Osten, Octavian den Westen mit Ausnahme Italiens,
[* 23] das neutral sein, und der afrikanischen Provinzen,
die Lepidus erhalten sollte.
Nach seiner Rückkehr nach Italien erregte 41 v. Chr. Fulvia, des Antonius Gemahlin, in Gemeinschaft mit dessen BruderLuciusAntonius einen Krieg (den Perusinischen) gegen Octavian. Dieser hatte unter die Veteranen Ländereien zu
verteilen und deren bisherige Inhaber mit Geldern zu entschädigen, die M. Antonius liefern sollte, aber nicht schickte, so
daß Octavian jenen wie diesen gegenüber in eine schwierige Lage geriet. Dies benutzte LuciusAntonius. Aber Agrippa, der Feldherr
des Octavian, zwang den anfangs erfolgreichen LuciusAntonius, sich nach Perusia zu werfen.
Dort wurde er belagert. Im Frühjahr 40 mußte er sich ergeben, Perusia ging in Flammen auf und eine größere Anzahl Ritter
und Senatoren wurde hingerichtet. Fulvia entwich nach Griechenland.
[* 24] Schon drohte der Krieg zwischen Antonius, der nach Italien
zurückkehrte, und Octavian auszubrechen, als der Tod der Fulvia eine Aussöhnung erleichterte. Durch
den Brundisinischen Vergleich im J. 40, der durch die Verheiratung des Antonius mit Octavia, Octavians Schwester, befestigt
ward, erhielt der letztere den Westen des Reichs. Er vermählte sich, nachdem er (39) seine Gemahlin Scribonia verstoßen
hatte, mit Livia Drusilla (s. d.), der Gemahlin des Claudius Nero (38 v. Chr.), den er nötigte, sich von
ihr scheiden zu lassen.
Mit Sextus Pompejus (s. d.), dem Antonius die im Vertrage von Misenum 39 v. Chr. gemachten Zusagen nicht hielt, kam es 38 zu
einem Kriege, den Octavians Feldherr Agrippa im J. 36; durch die Siege bei Mylä und Naulochus glücklich beendete. Lepidus (s. d.),
der Sicilien in Anspruch nahm, verlor, da ihn seine Truppen verließen, jetzt auch Afrika, das ihm 40 übergeben worden war,
und mußte sich an Augustus ergeben. So war nun Gewalt und Reich nur noch unter zwei Männer geteilt. Doch während Antonius im Orient
allen Genüssen der Liebe und des Luxus sich hingab, verfolgte Octavian unausgesetzt seinen Plan, sich
zum alleinigen Herrscher zu machen.
Bestrebt, sich die Liebe des Volks zu erwerben, zeigte er Milde und Großmut, ohne den Schein zu haben, als strebe er nach
der höchsten Gewalt; vielmehr erklärte er sich bereit, die Herrschaft niederzulegen, sobald Antonius von dem
Kriege gegen die Parther zurückgekehrt sein würde, natürlich vorausgesetzt, daß sich Antonius bereden lasse, das Gleiche
zu thun. Als Antonius durch den unglücklichen Partherkrieg, durch offenen Bruch mit der edeln Octavia und durch Preisgebung
aller röm. Interessen an Kleopatra (s. d.) in Rom alles Ansehen verloren hatte, ließ Octavian 32 v. Chr. durch
den Senat der Königin von Ägypten
[* 25] den Krieg erklären.
Antonius wurde seiner Würde für verlustig erklärt und 31 v. Chr. in der Schlacht bei Actium (s. d.) völlig besiegt. Von nun
an war Octavian Alleinherrscher, er verfolgte seinen Nebenbuhler nach Ägypten und endigte hier den Krieg. Antonius und Kleopatra
gaben sich in Alexandria selbst den Tod. Octavian machte Ägypten zur röm. Provinz und ordnete die Verhältnisse
des Orients während eines zweijährigen Aufenthalts. Bei seiner Rückkehr nach Rom im Aug. 29 v. Chr. hielt er einen dreitägigen
Triumph, und die Schließung des Janustempels, die Auflösung vieler Legionen bezeichnete die Herstellung eines dauernden Friedens.
Im folgenden Jahre zum Censor ernannt, erlangte Octavian die Macht, aus dem Senat alle
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ihm abgeneigten Mitglieder zu entfernen; aber so von seinen Nebenbuhlern befreit und unbestrittener Herr des RömischenReichs,
legte er unerwartet 13. Jan. 27 v. Chr. die bisher geführte außerordentliche Gewalt scheinbar nieder und erklärte, hinfort
eine solche nicht mehr bekleiden zu wollen. Zum Dank dafür verlieh ihm der Senat, der das Anerbieten
nicht annahm, die Auszeichnung, daß er Augustus heißen solle, ein Name, der mit der Zeit zu einem die kaiserl. Majestät
bezeichnenden Titel wurde.
Natürlich war es nicht die Absicht des Augustus gewesen, die alten verrotteten Zustände wiederherzustellen, er wollte vielmehr,
indem er in seiner Hand
[* 27] die damals in Wahrheit bedeutsamsten ordentlichen Amtsgewalten vereinigte, eine
Art von Monarchie in der Art gründen, daß der Apparatder Verfassung mit dem Senat an der Spitze neben ihr formell fortbestände
und fortarbeitete. Die Macht sollte in der Theorie wenigstens zwischen Kaiser und Senat geteilt sein (Dyarchie).
Dies war aber unmöglich, ohne daß Augustus, wenn auch wieder auf gesetzlichem Wege, von den
Schranken entbunden wurde, welche einzelne Gesetze jener Vereinigung von Machtfülle in einer Hand in den Weg stellten. Er
übernahm sofort wieder mit einer die gewöhnlichen Grenzen weit überschreitenden prokonsularischen Gewalt die Regierung
über die Provinzen, in denen Heere standen, und damit zugleich den Oberbefehl über die gesamte Militärgewalt
des Reichs. Die Provinzen im Innern des Reichs, die eine Besatzung nicht mehr brauchten, blieben unter der Verwaltung des Senats.
Außerdem besaß Augustus, nachdem er die Rechte der Tribunen schon seit 36 v. Chr. gebabt, seit 23 v. Chr. in der von allen Schranken
befreiten «tribunicischen Gewalt» (s.
Tribun) eine Machtvollkommenheit, die ihrer Natur nach alle Rechte desder Verfassung nach souveränen Volks in sich aufnahm.
Endlich ward er, nach dem Tode des Lepidus 12 v. Chr. als «Pontifex Marimus», nachdem er schon lange vorher alle politisch wichtigen
Priesterämter in sich vereinigt, Oberhaupt aller religiösen Angelegenheiten. So wurde durch ihn diejenige
Form der röm. Monarchie festgestellt, die im ganzen bis auf Diocletian bestand.
Die Grenzen des RömischenReichs zu erweitern beabsichtigte Augustus nicht; dennoch mußte er, um sie zu sichern, Kriege in Afrika,
Asien
[* 28] und Europa
[* 29] führen; in Spanien währte der Kampf seit 27 v. Chr. mehrere Jahre, bis Augustus nach großen
Anstrengungen über die Cantabrer und Asturer 19 v. Chr. Herr ward. Durch Tiberius, den ältern Sohn der Livia, wurden Pannonien
und Dalmatien, durch Drusus, seinen jüngern Stiefsohn, 12-9 v. Chr. die westl. Germanen bis zur Elbe unterworfen.
Armenien wurde von den Parthern zurückgewonnen, die Alpenstämme wurden vollends unterworfen. Den
schwersten Mißerfolg erlitt Augustus 9 n. Chr. durch die Niederlage des Varus imTeutoburger Walde (s. Arminius). Während des Friedens
erließ Augustus viele nützliche Verordnungen und ordnete die Verwaltung. Er säuberte den Senat von unwürdigen Elementen, beschäftigte
sich mit der Verbesserung der Sitten, besonders durch Begünstigung der Ehen (die Lex Julia und Lex Papia
Poppaea), war dabei auch bemüht, die alte Religion wieder zu beleben, und stellte die Kriegszucht bei den Heeren wieder her.
Zudem verschönerte er Rom; er durfte sich rühmen, daß er die Stadt, die er aus Ziegelsteinen erbaut gefunden hatte, aus
Marmor erbaut hinterließ. In mehrern Gegenden gründete er Städte und Kolonien. Die
durch Krieg und Parteiwirren
erschöpften Völker errichteten ihm für dieses wohlthätige Walten, regelmäßig zusammen mit der Göttin Roma,
[* 30] Altäre und
Tempel, und durch ein Dekret des Senats ward dem Monate Sextilis der Name Augustus gegeben. Augustus besaß keine Söhne und verlor
auch durch den Tod sowohl seinen Schwestersohn Marcellus als seine Tochtersöhne Gajus und Lucius, die
er zu seinen Nachfolgern bestimmt hatte. Drusus, der jüngere seiner Stiefsöhne, den er liebte, starb 9 v. Chr. in Deutschland;
nur Tiberius, der ältere, der ihm immer antipathisch war, blieb übrig. Er begleitete diesen, als er 14 n. Chr.
nach Illyrien ging, bis Benevent und starb auf der Rückreise zu Nola19. Aug.
Wenn Augustus nicht Cäsars geniale Größe besaß, so war er sich doch stets klar über das, was er zu erreichen vermochte, und
über die Mittel, die ihm zur Durchführung eines Planes zu Gebote standen, und zeigte in deren Benutzung
eine sichere und geschickte Hand. Er schätzte die Wissenschaften, übte die Dichtkunst auch selbst; die Überreste seiner
prosaischen und poet. Schriften hat Weichert herausgegeben (Grimma
[* 31] 1841-46). Die berühmtesten Dichter seiner Zeit (des Augusteïschen
Zeitalters) zog er zu sich heran, so Virgil, Horaz und viele andere. Von den Denkschriften, die Augustus hinterließ,
ist die eine inschriftlich namentlich an den Resten des Tempels des Augustus zu Ancyra (s. d.) fast vollständig erhalten. - Unter
den antiken Bildwerken des Augustus ist berühmt die schöne, 1863 in der Kaiservilla ad Gallinas (Primaporta) gefundene,
jetzt im Vatikan befindliche Marmorstatue, die den Imperator in einem mit Reliefs geschmückten Panzer
zeigt; ferner der Bronzekopf in der vatikanischen Bibliothek und der Marmorkopf in der MünchenerGlyptothek.
Vgl. Beule, Augustus, seine Familie und seine Freunde (Halle 1873);
Duruy, Geschichte des röm. Kaiserreichs, aus dem Französischen
von Hertzberg, Bd. 1 (Lpz. 1885);
H. Schiller, Geschichte der röm. Kaiserzeit, Bd. 1 (Gotha
[* 32] 1883);
Gardthausen, und seine Zeit, Bd. 1 und Bd.
2, Tl. 1 (Lpz. 1891).