Augustinus
,
Aurelius, der Heilige, christl. Kirchenlehrer, geb. 13. Nov. 353 zu Tagaste in Afrika, [* 3] erhielt den ersten Unterricht durch seine christlich gesinnte Mutter Monica, deren Einwirkung jedoch der heidn. Vater Patricius abschwächte. Zur Vollendung seiner Studien nach Madaura und Karthago [* 4] geschickt, ergab sich der lebenslustige Jüngling den Freuden der Welt, bis ihn Ciceros «Hortensius» auf das Studium der Philosophie leitete. Doch diese konnte ihn nicht lange fesseln; er trat seit etwa 374 zur Sekte der Manichäer; als er aber auch bei ihr nicht wahre Befriedigung fand, glaubte er an der Wahrheit verzweifeln zu müssen, bis ihm die platonische und neuplatonische Philosophie neue Anregung gewärte. Er wandte sich 383 nach Rom und [* 5] von da 384 nach Mailand, [* 6] um hier Lehrer der Beredsamkeit zu werden. Der Einfluß des dortigen Bischofs Ambrosius (s. d.) brachte eine völlige Lebens- und Sinnesänderung in ihm hervor, welcher ¶
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Begebenheit die kath. Kirche ein eigenes Fest (3. Mai) gewidmet hat. Er begab sich hierauf einige Zeit in die Einsamkeit und
empfing in der Osternacht 387 mit seinem Sohne Adeodat die Taufe durch Ambrosius. Hierauf verkaufte er seine Güter, schenkte
den Erlös den Armen, kehrte nach Afrika zurück und lebte nun als Haupt eines ascetischen Vereins (s. Augustiner)
in strenger Abgeschiedenheit, bis er 391 in den geistlichen Stand trat und, zum Presbyter geweiht, dem Bischof Valerius von
Hippo (jetzt Bona) beigegeben wurde. Augustinus
predigte mit großem Erfolg und ward 395 Mitbischof zu Hippo. Er starb daselbst 28. Aug. 430 während
der Belagerung durch die Vandalen. Die Gebeine des Augustinus
wurden nach Sardinien
[* 8] gebracht, kamen später nach
Padua
[* 9] und wurden dort in der Peterskirche aufbewahrt, bis sie im Okt. 1842 neben dem auf den Ruinen von Hippo errichteten Denkmale
des Augustinus
niedergelegt wurden.
Die kirchlichen und dogmatischen Geschicke Afrikas leitete Augustinus
mit fast beispiellosem Einflüsse und bestimmte
den Geist der afrik. Kirche, ja des Occidents überhaupt auf viele Jahrhunderte. Sein Scharfsinn, die Tiefe seines Gemüts und
die Energie seiner Spekulation, die dämonische Kraft
[* 10] seines gewonnenen Glaubens sowie seine feurige Phantasie spiegeln sich
in seinen zahlreichen Schriften wider, die unermeßlichen Einfluß ausgeübt und ihn ebenso sehr zum eigentlichen
Heiligen der kath. Kirche und Förderer der mittelalterlichen Scholastik, wie andererseits zu einem der geistigen Väter der
Reformation gemacht haben. Im Kampfe gegen die Pelagianer stellte er die Lehre
[* 11] auf, daß durch Adams Sünde die Sünde über alle
Menschen gekommen sei und sich beständig fortpflanze (Erbsünde), daß dem Menschen seitdem aller freie
Wille und alle Kraft zum Guten fehle, und er nur durch Gottes freie Gnade gerettet werden könne, woraus Augustinus
im spätern Leben
selber die Konsequenz der Prädestinationslehre zog. Gegen die Donatisten begründete er den kath.
Kirchen- und Priesterbegriff.
Die Schriften des Augustinus
erschienen zu Paris
[* 12] (11 Tle. in 8 Bdn., 1679-1700), zu Antwerpen
[* 13] (12 Tle. in 9 Bdn.,
1700-3) und von neuem durch die Benediktiner (11 Bde., Par. 1835-40).
Eine neue Ausgabe ist in dem «Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum» begonnen
(Wien
[* 14] 1887 fg.),
eine Auswahl bei Hurter, «Sanctorum patrum opuscula selecta» (Innsbr. 1870 fg.). Unter den Schriften zeichnen sich besonders aus: das Werk «De civitate Dei libri XXII», von Strange (2 Bde., Köln [* 15] 1850-51) und Dombart (2 Bde., Lpz. 1877) herausgegeben, von Sildert (2 Bde., Wien 1826) übersetzt, und die " Confessionum libri XII», eine Selbstbiographie, die in neuerer Zeit an Neander (Berl. 1823),
Bruder (Lpz. 1837 u. 1869) und Karl von Räumer (2. Aufl., Gütersl. 1876) Herausgeber und an Gröninger (4. Aufl., Münst. 1859),
Silbert (5. Aufl., Wien 1860), Rapp (8. Aufl., Brem. 1889) und Bornemann (12. Bd. der «Bibliothek theol. Klassiker», Gotha [* 16] 1888) Übersetzer gefunden hat.
Vgl. Harnack, Augustins Konfessionen [* 17] (2. Aufl., Gieß. 1894).
Sonst sind noch zu nennen die «Meditationes» und «Soliloquia» (zusammen hg. von Westhof, Münst. 1854; deutsch von Dreier, Steyl 1886),
das «Enchiridion» oder «Manuale» (hg. von Krabinqer, Tüb. 1861),
die «Retractiones», eine mildernde Kritik seiner eigenen Werke, «De doctrina christiani libri IV», «Detrinitate libri
XXII» (hg. von Hurter in «Sanctorum patrum opuscula»,
Innsbr. 1881) und seine Predigten (in Auswahl deutsch
von Leonhardi im 5. Bde.
von «Die Predigt der Kirche», Lpz. 1889). Eine Übersetzung «Ausgewählter Schriften» des Augustinus
erschien in der «Bibliothek der
Kirchenväter» (8 Bde., Kempten
[* 18] 1871-79). Neuerdings fand man in der Bibliothek zu Greifswald
[* 19] zwei bis
jetzt noch nicht herausgegebene kleinere Schriften Augustinus
(«Tractatus de persecutione malorum in bonos viros
et sanctos» und «Tractatus de omnibus virtutubis»).
Vgl. Possidius (Schüler des Augustinus
), Vita Augustini (in den meisten Ausgaben der Werke Augustinus'
);
Kloth, Der heilige Kirchenlehrer Augustinus
(2
Bde., Aach. 1840);
Bindemann, Der heilige Augustinus
(Berl. 1844);
Poujoulat, Vie de Saint-Augustin (2. Aufl., 2 Bde., Par. 1852; deutsch von Hurter, 2 Bde., Schaffh. 1847);
Dorner, Augustinus.
Sein theol.
System und seine religions-philos. Anschauung (Berl. 1873);
Böhringer, Augustinus
, Bischof von
Hippo (im 11. Bde. der «Kirche Christi», 2 Abteil., 2. Aufl., Stuttg.
1877-78);
Storz, Die Philosophie des heiligen Augustinus
(Freiburg
[* 20] 1882);
Scipio, Des Augustinus
Metaphysik (Lpz. 1886);
Reuter, Augustinische Studien (Gotha 1887);
Wörter, Die Geistesentwicklung des heiligen Augustinus
(Paderb. 1892).