Titel
Augustinus
,
1) Aurelius der hervorragendste Kirchenvater des Abendlandes, geb. 12. Nov. 353 zu Tagaste in Numidien. Von seiner frommen Mutter Monika in christlicher Frömmigkeit erzogen, versank der 17jährige Jüngling, der in Karthago [* 2] Rhetorik studierte, in Wollüste, bis Ciceros »Hortensius« die Sehnsucht nach etwas Höherm in ihm wieder anfachte. In der Askese der Manichäer hoffte er Selbstüberwindung, in ihrer Geheimlehre helle Erkenntnis zu finden (374); der auf die Enttäuschung folgenden Verzweiflung an aller Wahrheit entriß ihn die Bekanntschaft mit Platonischer und neuplatonischer Philosophie.
Seit 383 in Rom, [* 3] seit 384 in Mailand [* 4] Beredsamkeit lehrend, erfuhr er an letzterm Ort zu seinem Heil den Einfluß des Ambrosius (s. d.), bekehrte sich und ward in der Osternacht 387 mit seinem natürlichen Sohn Adeodatus von Ambrosius getauft. Im folgenden Jahr kehrte er über Rom in seine Vaterstadt zurück, wo er als Haupt eines asketischen Vereins in strenger Abgeschiedenheit lebte, bis ihn 391 die Gemeinde von Hippo Regius (Bone) wider seinen Willen zum Presbyter wählte.
Sofort erregte sein Talent allgemeine Aufmerksamkeit, und Valerius, Bischof von Hippo, ließ ihn 395 zu seinem Mitbischof weihen. Seitdem wurde die afrikanische Kirche durch die Macht seines Geistes und Worts regiert. Er bekämpfte mit großem Erfolg alle bereits bestehenden oder neuauftauchenden Häresien, so die Donatisten (s. d.), Manichäer (s. d.), Arianer (s. Arianischer Streit), Pelagianer (s. d.) und Semipelagianer (s. d.), deren Niederlage zugleich den Sieg des afrikanischen Geistes über das übrige Abendland entschied.
Augustins
Ruhm hatte sich über die ganze
Kirche verbreitet, als er 28. Aug. 430 in
Hippo, während der Belagerung dieser Stadt
durch die
Vandalen, starb. Seine Gebeine, erst in der
Peterskirche zu
Pavia aufbewahrt, wurden im
Oktober 1842 mit
Genehmigung des
Papstes nach
Algerien
[* 5] gebracht, wo sie neben dem von französischen
Bischöfen auf den
Ruinen von
Hippo errichteten
Denkmal des Augustinus
niedergelegt wurden. Die römische
Kirche verehrt ihn als
Heiligen. Unstreitig ist der für
das
Abendland einflußreichste unter den
Kirchenvätern geworden, teils durch die
Konsequenz, womit er
Begriff und
Interessen
der katholischen
Kirche wie in der
Theologie, so in der
Praxis durchführte, teils durch die Tiefe seines spekulative und mystische
Elemente eigentümlich verarbeitenden
Geistes.
Darum gilt er nicht bloß als Vater der mittelalterlichen katholischen Scholastik, auch Luther und die Reformatoren haben sich zum Teil an ihm, jedenfalls an ihm am meisten unter allen Kirchenvätern, gebildet. In seinem Kampf gegen die Extreme des Manichäismus, des Pelagianismus und Donatismus suchte er die Mitte festzuhalten, indem er sich lediglich auf die beiden Grundideen der Allwirksamkeit göttlicher Gnade und der Kirche als dem Erde und Himmel [* 6] verbindenden Reiche Gottes stützte.
Seine Herleitung des
Staates aus der Macht der
Sünde und die daraus begründete
Forderung der Unterwerfung desselben unter
die
Kirche war maßgebend für die Auffassung des Verhältnisses beider
Institutionen im
Papsttum. Eine
Darstellung des eignen
Lebens mit Strenge und Selbstverleugnung gab in seinen oft herausgegebenen »Confessionum
libri XII« (hrsg. von K. v.
Raumer, 2. Aufl., Gütersl. 1876; deutsch von
Rapp: »Augustinus'
Bekenntnisse«, 7. Aufl.,
Gotha
[* 7] 1878),
woran die »Retractationum libri II« als eine mildernde
Kritik der eignen Werke sich anschließen. Solcher zählt
er hier 93 in 232
Büchern auf, unter welchen
»De doctrina christiana libri IV«,
»De trinitate libri XV«
(hrsg. von
Hurter, Innsbr. 1881) und
»De civitate dei libri XXII« (hrsg. von Dombart, Leipz.
1877) die wichtigsten sein mögen. Brauchbare Gesamtausgaben seiner Werke erschienen in 8
Bänden (Par. 1679-1700, 11
Tle.)
und in 22
Bänden (das. 1836-40). Über Augustinus
schrieben im
Altertum: Possidius,
Vita Augustini (in den meisten
Ausgaben der Werke), neuerdings unter andern:
Wiggers,
Versuch einer pragmatischen
Darstellung des Augustinismus und Pelagianismus
(Berl. 1821-33, 2 Bde.);
Bindemann, Der heil. Augustinus
(das. 1844-69, 3 Bde.);
Poujoulat, Histoire de saint Augustin (6. Aufl., Tours [* 8] 1875, 2 Bde.; deutsch von Hurter, Schaffh. 1847);
Dorner,
Augustinus
, sein theologisches
System etc. (Berl. 1873);
Böhringer, Augustinus
(Stuttg. 1877-78, 2 Bde.).
2) Apostel der Angelsachsen, erhielt, von Gregor I. 596 mit 39 Benediktinern abgesandt, am Hof [* 9] des Königs Ethelbert von Kent durch dessen christlichere ¶
mehr
Gemahlin Bertha Zutritt sowie die Erlaubnis, im Lande das Evangelium zu predigen. Schon 597 empfing Ethelbert mit dem größten
Teil seines Volks die Taufe. Augustinus
, im folgenden Jahr in Frankreich zum Erzbischof der Angelsachsen geweiht, nahm seinen Sitz in
Canterbury. Gehemmt wurde sein Erfolg durch die Beschränktheit und Schroffheit, womit er den Bischöfen
der altbritischen Kirche die römischen Kultusformen aufzudringen suchte. Er starb um 605.
3) von Olmütz
[* 11] (Augustinus
Olomacensis), eig. Kasenbort oder Käsenbrot, Förderer klassischer Bildung in Mähren,
[* 12] Freund Huttens, Konrad
Celtis' u. a., geboren um 1470, studierte in Padua,
[* 13] ward Propst zu Brünn
[* 14] und Olmütz, Geheimschreiber des Königs
Ladislaus und starb Er schrieb: »IV epistolae contra perfidiam Valdensium ad Joh. Nigrum« von 1500 bis 1503 (Leipz.
1512);
Gedichte, z. B. über die Thaten des Ladislaus, u. a.