August
II.
(Friedrich
August I.), der
Starke, Kurfürst von
Sachsen
[* 2] (unter letzterm
Namen) 1694-1733 und seit 1697 auch
König von
Polen (unter ersterm), der zweite Sohn
Johann
Georgs III.
, Kurfürsten von
Sachsen, und der dän.
Prinzessin
Anna
Sophia, geb. zu
Dresden,
[* 3] erhielt eine sorgfältige Erziehung, die durch
Übung in allen ritterlichen
Künsten seine außerordentliche Körperstärke entwickelte. 1687-89 bereiste er
Deutschland,
[* 4]
Frankreich,
Holland, England,
Spanien,
[* 5]
Italien
[* 6] und
Ungarn.
[* 7]
Während die üppige Pracht, die an den Höfen von London [* 8] und Versailles [* 9] herrschte, ihn blendete, ward zugleich durch die Huldigungen, die man seinen persönlichen Vorzügen darbrachte, sein Ehrgeiz genährt. Als sein Vater 1691 gestorben war, ging er nach Wien, [* 10] wo er mit König Joseph I. eine Freundschaft schloß, die seine Politik wesentlich beeinflußte. Nachdem er sich 1693 mit Christine Eberhardine von Brandenburg-Kulmbach vermählt hatte, gelangte er durch seines Bruders, Johann Georgs IV., Tod zur Kurwürde und übernahm den Oberbefehl über das österr. sächs. Heer gegen die Türken in Ungarn, den er aber nach der Schlacht bei Olasch, wieder niederlegte. Er kehrte nach Wien zurück und faßte den Plan, sich um den durch den Tod Johann Sobieskis erledigten poln. Thron [* 11] zu bewerben.
Durch reichliche
Bestechungen und seinen
Übertritt zur kath.
Kirche beseitigte August II
die Hindernisse seiner
Wahl; doch
gewährleistete er seinen
Unterthanen den ungeschmälerten Fortbestand der prot.
Kirche im
Lande, während
er zugleich seine landesbischöfl.
Stellung den in evangelicis beauftragten Geheimräten übertrug. Um die Kaufsumme aufzubringen,
verkaufte und verpfändete er mehrere
Teile seines Erblandes, ja sogar an
Brandenburg
[* 12] die letzten Überreste der Besitzungen
des Stammhauses Wettin, das
Amt
Petersberg bei
Halle,
[* 13] dazu die Erbvogtei über
Quedlinburg
[* 14] und die Reichsvogtei
über Nordhausen,
[* 15] wie er andererseits 1697 sein Anrecht auf
Sachsen-Lauenburg an Hannover
[* 16] veräußerte und 1699 die Lehnshoheit
über
Schwarzburg
[* 17] preisgab. Am ward von dem poln.
Reichstage zum Könige erwählt. Da indes eine Partei sich für
den Prinzen Conti erklärte, rückte er mit 10000
Sachsen in
Polen ein, und 15. Sept. fand seine Krönung in
Krakau
[* 18] statt.
Bald fühlte jedoch der Kurstaat
Sachsen die Last der neuen
Krone seines Fürsten. August II
hatte versprochen, die an
Schweden
[* 19] abgetretenen poln.
Provinzen wieder mit
Polen zu vereinigen. Dessenungeachtet waren die poln.
Großen dem Kampfe abgeneigt,
und der König mußte ihn nun meist mit sächs.
Truppen auf Kosten seines Erblandes führen. (S. Nordischer
Krieg.)
Nachdem
Karl XII.
von
Schweden die
Sachsen bei Klissow und bei Pultusk geschlagen hatte, erklärte der
poln. Reichsrat unter
Schwedens Einfluß August II
der poln.
Krone verlustig, worauf
Stanislaus
Leszczynski (s. d.) zum König erwählt wurde. Der
Sieg
Karls XII.
bei Fraustadt
[* 20] über den sächs. Feldmarschall
Graf Schulenburg nötigte August II
zum Frieden von
Altranstädt (s. d.), in dem er der poln.
Krone entsagte. August II
wohnte dann 1708 unter
dem Prinzen Eugen dem Feldzuge gegen die
Franzosen bei und ließ zu Eugens
Heer in den
Niederlanden 9000
Sachsen
stoßen.
Auf die Nachricht von
Karls XII.
Niederlage bei Pultawa sagte er sich von dem
Vertrag von
Altranstädt los und verband
sich aufs neue mit dem
Zaren
Peter gegen
Schweden, bis der
Tod
Karls XII. bei Friedrickshall (1718) dem
Kriege
eine entscheidende
Wendung gab. Die nächste Folge war der Waffenstillstand mit
Schweden Dez. 1719, der erst 1732 in einen
Frieden verwandelt wurde. August
II wurde darin als König von
Polen anerkannt. In
Polen waren jedoch die
Sachsen durch die
Konföderierten,
an deren
Spitze
Stanislaus Ledochowski, nachmaliger
Palatin von Bolhynien, stand, angegriffen und zur Ergebung
gezwungen worden.
Unter russ. Vermittelung kam es 1716 zwischen und der Republik
Polen zu dem sog. Warschauer
Vertrage, demzufolge die sächs.
Truppen das Königreich verließen. So sah sich August
II genötigt, den
Gedanken, die poln. Nation mit Gewalt zu unterwerfen,
aufzugeben; dafür aber gelang es ihm, die
Polen durch den Reiz eines glänzenden und üppigen Hofhalts zu gewinnen.
Sachsen
hatte infolgedessen schwere Opfer zu bringen, und bald geriet der
Staatshaushalt des ohnedies schon verarmten
Landes vollends
in Zerrüttung. Dazu wurden an
¶
mehr
Günstlinge, schöne Frauen und natürliche Kinder ungeheure Summen verschwendet. Zwar verschönerte August
II die Hauptstadt seines
Erblandes, deren Glanz zahlreiche Fremde herbeilockte, und die Erfindung des Porzellans durch Böttger 1709 gab dem Lande einen
neuen wichtigen Industriezweig; trotzdem herrschte Teurung und Hungersnot im Lande. Die Wissenschaften hatten sich A.s Unterstützung
wenig zu erfreuen, und die Kunst meist nur, insofern sie seiner Prachtliebe diente.
An den Verbesserungen in der Landesverwaltung (Generalaccise 1707, Landeslottorie 1713, Postordnung 1713, Vermessung der Poststraßen
seit 1721), im Heerwesen (Kadettenhaus 1725, Aufhebung des verfallenen Defensionswesens 1711), in der Gesetzgebung und Rechtspflege
(Zuchthaus in Waldheim 1716, Erläuterte Prozeßordnung 1724) während seiner Regierung hatte er persönlich
wenig Anteil. August
II starb in Warschau
[* 22] und ward in Krakau begraben. In Dresden wurde ihm 1736 eine von Wiedemann in
Kupfer
[* 23] getriebene vergoldete Reiterstatue errichtet. Seine Gemahlin, die lutherisch blieb und getrennt von ihm auf Schloß
Pretzsch bei Wittenberg
[* 24] lebte, war schon gestorben. Sie hinterließ ihm einen einzigen
Sohn, August III. (s. d.), der dem Vater in der Regierung folgte. Die Gräfin Königsmark (s. d.) hatte den
Grafen Moritz von Sachsen, die Gräfin Cosel
[* 25] (s. d.) den Grafen Rutowski geboren.
Vgl. Jarochowski, Geschichte der Regierung des Königs August
II II. (polnisch, 2 Bde.,
Pos. 1874).