Konfession
(ConfessioAugustana), das vornehmste symbolische
Buch
der
Lutheraner, welches auf dem
Reichstag zu
Augsburg
[* 2] 1530 dem
Kaiser als
Bekenntnis des evangelischen
Glaubens überreicht wurde. Veranlaßt wurde
die augsburgische Konfession durch das kaiserliche Ausschreiben zum
Reichstag, welches unter anderm auch eine befriedigende
Ordnung der schwebenden
kirchlichen Angelegenheiten nach gütlicher Einigung der gegenüberstehenden Meinungen in Aussicht stellte und eine möglichst
bündige Zusammenfassung des evangelischenGlaubens als Grundlage der bevorstehenden
Verhandlungen forderte.
Die augsburgische Konfession wurde vom Kaiser alsbald den katholischen Theologen Eck; Faber, Cochläus und Wimpina übergeben mit dem Auftrag, eine
Widerlegung anzufertigen; dieselbe fiel aber so plump und ungeschickt aus, daß der Kaiser das ihm übergebene Exemplar übel
»geraufet und gerollet« haben soll. Ein Umarbeitung
von nicht viel höherm Wert wurde bis 3. Aug. fertig und durch den kaiserlichen Sekretär
[* 20] AugsburgischeSchweiß den Protestanten vorgelesen
und zugleich ihnen befohlen, sich danach zu richten, eine Abschrift aber dieser Confutatio confessionis ihnen verweigert.
Da jedoch während der Verlesung einige protestantische Theologen sich Aufzeichnungen gemacht hatten,
so verfaßte Melanchthon danach alsbald eine ausführliche Widerlegung, die unter dem Namen »Apologie der Augsburgischen Konfession«
(s. d.) bekannt ist. Die augsburgische Konfession erlangte auch noch
eine hohe staatsrechtliche Bedeutung, insofern sie allen kirchlich-politischen Verhandlungen der spätern Zeit zu Grunde gelegt
und sowohl der Passauer Vertrag als der Augsburger und WestfälischeFriede nur mit denen geschlossen worden
ist, welche sich ausdrücklich zur Augsburgischen Konfession bekannt hatten. Insofern selbst Calvin und die deutschen Reformierten
die augsburgische Konfession unterschrieben, wurde sie aus einem Bekenntnis des Luthertums zu einem Bekenntnis des Protestantismus überhaupt. Doch
gilt dies nur von der veränderten Augsburgischen Konfession.
Melanchthon hörte nämlich nicht auf, die von ihm verfaßte als augsburgische Konfessionals sein geistiges Eigentum anzusehen, und trug deshalb kein
Bedenken, nachdem er noch 1530 während des Reichstags eine deutsche und eine lateinische Ausgabe veranstaltet und diesen 1531 eine
neue hatte folgen lassen, in den spätern Ausgaben seit 1540 Änderungen namentlich in der Lehre vom Abendmahl
vorzunehmen in Gemäßheit seiner eignen veränderten Lehrauffassung. Es wird daher die augsburgische Konfession von 1530 als
die »ungeänderte«, invariata (Ausg. von 1561),
unterschieden von der »geänderten«, variata (Ausg.
von 1540). Anfänglich blieb der Unterschied zwischen beiden unbeachtet. Mit der Zeit bestritten aber
die strengen Lutheraner (Flacianer) die Geltung der Variata; sie besorgten 1561 einen unveränderten Abdruck der Ausgabe von
1531, und der LichtenbergerKonvent von 1576 beschloß ausdrücklich, an der ungeänderten Augsburgischen Konfession als dem
Bekenntnis der lutherischen Kirche festzuhalten. Demgemäß wurde diese in das Konkordienbuch aufgenommen, ohne daß
aber dadurch die staatsrechtliche Geltung der Variata erschüttert worden wäre.
Ja, an manchen Orten, z. B. in Brandenburg, ist später ausdrücklich wieder die Variata als die gültige Bekenntnisnorm proklamiert
worden. Neuere Untersuchungen haben überdies als sehr wahrscheinlich
erwiesen, daß wir auch in der sogen.
ungeänderten Augsburgischen Konfession keineswegs die Redaktion besitzen, welche auf dem Reichstag übergeben
worden ist. Es sind nämlich beide dem Kaiser überreichten Originale verloren gegangen. Das lateinische kam in das kaiserliche
Hausarchiv nach Brüssel
[* 21] und ist nicht wieder aufzufinden gewesen.
Zöckler, Die augsburgische Konfession historisch und
exegetisch untersucht (Frankf. 1870).
Die repetition confessionis augustanae saxonica ist eine neue Bekenntnisschrift, welche Melanchthon 1551 ausarbeitete, damit
sie dem Tridentiner Konzil vorgelegt würde, und welche fast in allen deutschen Landen approbiert und unterzeichnet worden
ist.
streitigen Punkten seine eigentümliche Lehrauffassung hervorhob. Auf Grund dieser Vorarbeiten, zu denen auch noch einige
andere Aufsätze (namentlich das Stück B bei Förstemann «über Glauben und Werke») gekommen sein müssen, wurde Melanchthon
mit Ausarbeitung der verlangten Schrift beauftragt. Er begann damit schon auf der Reise und fuhr mit Verbesserungen und
Umarbeitungen zu Augsburg fort, zumal das längere Ausbleiben des Kaisers (bis 20. Juni) ihm Zeit dazu gab. Die Schrift, ursprünglich
nur im Namen und Auftrage des Kurfürsten verfaßt, sollte auf Wunsch der übrigen Stände als gemeinsames Bekenntnis überreicht
werden. Seitdem ward sie nicht mehr «Apologie», «Sächsischer Vorschlag», «Sächsischer Unterricht» oder
«Sächsischer Ratschlag», sondern allgemein «Konfession»
genannt, und an der letzten Feststellung des Textes beteiligten sich auch die andern evang. Stände. Dann wurde der Text an
Luther, der wegen der Reichsacht in Coburg
[* 28] zurückgeblieben war, geschickt. Der Text wurde zugleich deutsch und lateinisch ausgearbeitet.
Die Konfession war nicht das Sondersymbol einer bereits getrennten Kirchengemeinschaft, sondern ein Friedensvorschlag
an die Gegner, die evangelischerseits dargebotene Grundlage der Verständigung. Daher wird das Gemeinsame mit den Gegnern
stark hervorgehoben, die Differenz namentlich in der Lehre auf die Stücke beschränkt, worin man durchaus nicht nachgeben
konnte, und auch hier mit größter Schonung und Milde ausgesprochen. Der erste Teil der Schrift enthält
daher folgende 21 Artikel des Glaubens und der Lehre: 1) von Gott, 2) von der Erbsünde, 3) vom SohneGottes, 4) von der Rechtfertigung,
5) vom Predigtamte, 6) vom neuen Gehorsam, 7) von der Kirche, 8) was die Kirche sei? 9) von der Taufe, 10)
vom Abendmahl, 11) von der Beichte, 12) von der Buße, 13) vom Gebrauche der Sakramente, 14) vom Kirchenregiment, 15) von der
Kirchenordnung, 16) von Polizei und weltlichem Regiment, 17) von Christi Wiederkunft zum Gericht, 18)
vom freien Willen, 19) von der Ursache der Sünde, 20) vom Glauben und von guten Werken, 21) von dem Dienste
[* 29] der Heiligen. Diese Abschnitte (mit Ausnahme der beiden letzten) sind möglichst kurz behandelt, der zweite Teil ausführlicher.
Er enthalt sieben «Artikel, von welchen Zwiespalt ist, da erzählt werden die Mißbräuche, so geändert seynd», nämlich:
22) von beider Gestalt des Sakraments, 23) vom Ehestande der Priester, 24) von der Messe, 25) von der Beichte,
26) vom Unterschiede der Speise, 27) von Klostergelübden, 28) von der Bischöfe Gewalt.
Der Kaiser erließ den Katholiken, da sie ja treu beim Alten geblieben, die Vorlegung eines Bekenntnisses,
ließ sich von den Evangelischen beide Exemplare der Konfession übergeben und versprach, nach reiflicher Erwägung ihnen
seinen Entschluß mitzuteilen. Des kaiserl. Verbots ungeachtet und
ohne Vorwissen der evang.
Stände erschien noch während des Reichstags die Augsburger Konfession gedruckt, und noch 1530 folgten
sich sieben Ausgaben (sechs deutsche und eine lateinische). Um Fälschungen und Ungenauigkeiten entgegenzutreten, nahm Melanchthon
jetzt die Ausgabe selbst in die Hand, und schon 1530 erschien von ihm in Wittenberg
[* 34] die sog. editio principes in deutscher
und lat. Redaktion (die nicht Original und Übersetzung, sondern zwei selbständige Bearbeitungen sind).
In den folgenden Jahren erschien eine Ausgabe nach der andern, und in jeder brachte Melanchthon Änderungen an; dogmatisch bedeutsame
enthält erst die lat. Ausgabe von 1540 (Confessio variata), in Art. 4, 5, 6, 18, 20, 21, vor allem aber im Art. 10 vom Abendmahle,
wo er im Interesse der Versöhnung eine die Luthersche und Calvinsche Ansicht vereinigende Formel aufstellte.
Diese «erklärte, in etwas gemehrte» Konfession ist von Luther stillschweigend gebilligt, von den evang. Theologen und Reichsständen
aber als authentische Auslegung der Konfession vom J. 1530 wiederholt ausdrücklich anerkannt und mit kirchlichem Ansehen
bekleidet worden.
Erst seit dem Religionsgespräche zu Weimar,
[* 35] 1560, wo Flacius die Veränderungen als ebensoviel Verfälschungen
der reinen luth. Lehre brandmarkte, begann ein Kampf der luth. Orthodoxie gegen die «veränderte» (variata) Augsburger Konfession,
der zum Teil unter den maßlosesten Schmähungen gegen Melanchthon bis gegen die Mitte des 18. Jahrh, fortgeführt wurde. Die
wörtliche Feststellung des ursprünglichen Textes ist überhaupt nicht mehr möglich, da beide zu Augsburg
übergebenen Originale der Augsburger Konfession verloren gegangen sind. Von den in die Sammlungen der Symbolischen Bücher
aufgenommenen Texten steht der lateinische der Urgestalt nahe; hinsichtlich des deutschen gilt der von Tittmann (Dresd. 1830)
nach der AusgabeMelanchthons herausgegebene Text als der vergleichungsweise authentische.
Seit den Zeiten der Konkordienformel (s. d.) hat sich die luth. Kirche stets zu der «ungeänderten» Augsburger Konfession gehalten,
nachdem sie auch auf Grund dieser Bekenntnisschrift durch den Religionsfrieden (s. d.) zu Augsburg 1555 zur staatsrechtlichen
Anerkennung gelangt war. Dagegen blieb das Verhältnis der Reformierten zur Augsburger Konfession von jeher
streitig. Sie selbst haben sich meist unbedenklich, obgleich nicht ausschließlich, zur Augsburger Konfession bekannt, sogar
zur «ungeänderten», wie bei Abschluß der Wittenberger Konkordie (1536, auch in der Schweiz
[* 36] anerkannt 1538). Calvin unterschrieb
die «erklärte» Augsburger Konfession 1541 auf dem Religionsgespräche zu Regensburg,
[* 37] 1557 Farel und Beza auf dem Kolloquium
zu Worms.
[* 38]
Der zur reform. Kirche übergetretene Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz unterschrieb 1561 die ungeänderte Augsburger Konfession,
wurde auch von den evang. Ständen, dem Kaiser Maximilian II. gegenüber, als Augsburgischer Konfessionsverwandter auf dem
Reichstage zu Augsburg 1566 verteidigt. Als 1614 Johann Sigismund, Kurfürst von Brandenburg, zur reform.
Kirche übertrat, erklärte er sich ausdrücklich für die Augsburger Konfession, und ebenso 1645 die Reformierten in Polen auf dem
Religionsgespräche zu Thorn,
[* 39] unter ausdrücklicher Nichtigkeitserklärung eines Unterschieds zwischen einer veränderten und
unveränderten Augsburger Konfession. Auf Grund dieser
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mehr
Vorgänge setzte es der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm im Westfälischen Frieden 1648 durch, daß die Reformierten ausdrücklich
und offiziell als zu den Augsburgischen Konfessionsverwandten gehörig anerkannt wurden. Dagegen haben die orthodoxen luth.
Theologen meist hartnäckig die Wahrheit dieser Verwandtschaft abgestritten. Von ihnen ist auch im 19. Jahrh, eine erneuerte
Betonung
[* 41] der «ungeänderten» (invariata) Augsburger Konfession als des allein gültigen Ausdrucks des luth.
Glaubens ausgegangen. Dagegen hat eine vermittelnde Richtung wiederholt versucht, die Augsburger Konfession zu einem Unionssymbol
für alle Evangelischen zu erheben (so namentlich auf dem Berliner
[* 42] Kirchentage 1853), was aber immer wieder an dem Proteste
der strengen Lutheraner scheiterte.
Stellung auf dem Reichstage zu Augsburg (in der «Zeitschr. f.
Kirchengesch. », 1887); Brieger, Die Torgauer Artikel (in den «Kirchengeschichtl. Studien, H. Reuter gewidmet», Lpz. 1887);
eine gute populäre Darlegung von Rinn, Die Entstehung der Augsburgische Konfession (Halle 1888).