Augenzittern
(Nystagmus), eine unwillkürliche, fortwährend zitternde
Bewegung der
Augen, welche in horizontaler
Richtung,
zuweilen mit gleichzeitiger
Rotation um die
Sehachse, sehr selten in vertikaler
Richtung, endlich auch mit
diagonal gerichteten
Schwingungen stattfindet. Das Augenzittern
ist meist angeboren oder im frühsten Kindesalter erworben und scheint
namentlich zur
Schwachsichtigkeit in genetischer Beziehung zu stehen, wenn auch unbedingt noch andre wesentliche
Ursachen mitwirken.
Eine besondere
Gruppe von Augenzittern
kommt als
Berufskrankheit bei
Bergleuten vor und ist in ätiologischer, genetischer
und formeller Beziehung von der andern wesentlich verschieden. Nur
Bergleute, welche im
Dunkeln als
Häuer ihre
Arbeit verrichten,
werden von dieser Erkrankung der Augenmuskeln befallen. Sobald sie einige Zeit in der
Grube gearbeitet haben, schwirrt alles
um sie herum hin und her, besonders aber tanzt die Grubenlampe hin und her und macht kreisförmige
Bewegungen.
Zu gleicher Zeit klagen sie über Eingenommenheit des
Kopfes und über Schwindelanfälle.
Auch außerhalb der
Grube treten diese
Erscheinungen auf, wenn der
Blick im
Dunkeln auf einen hellen Gegenstand, z. B. auf eine
eben angezündete
Lampe
[* 2] oder auf den
Mond,
[* 3] gerichtet wird.
Beim höchsten
Grad von Augenzittern
gehen die
Patienten
mit zurückgelegtem
Kopf einher, um Scheinbewegungen und Schwindelzustände zu unterdrücken. Zugleich treten Zuckungen der
Muskulatur des
Gesichts, des
Schädels, des
Halses und des
Nackens auf. Die Entstehung dieser
Krankheit, welche den Bergmannsstand
schwer schädigt, ist in erster
Linie auf die mangelhafte
Beleuchtung
[* 4] des Arbeitsfeldes zurückzuführen,
auf die fast permanente Anstrengung, im
Dunkeln gewisse
Objekte deutlich zu erkennen bei liegender, häufig knieender Körperlage
mit stark gehobener, die Konvergenzstellung am wenigsten begünstigender Blickrichtung.
Häufig werden auch die
Hitze,
Feuchtigkeit und die unreine, mit schlechten
Gasen geschwängerte
Luft beschuldigt.
Patienten,
welche an anderweitigen Augenaffektionen litten, inklinieren für das Augenzittern;
auch wird
die Entstehung desselben begünstigt durch anämische, gastrische und katarrhalische
Störungen. Die Behandlung erfordert
zuerst
Entfernung aus dem dunkeln Arbeitsfeld, ferner
Schutz vor grellem Sonnenlicht durch das Tragen einer blauen
Brille
[* 5] und
Stärkung der mangelhaften
Energie der einzelnen affizierten
Muskeln
[* 6] durch
Elektrizität.
[* 7] Bei
Anämischen sucht man den
allgemeinen Ernährungszustand zu heben. Auch Strychnininjektionen sind zu empfehlen.