Augenentzü
ndung
(griech., Ophthalmie), im Gegensatz zu allen Entzündungen, welche in den tief gelegenen Geweben des Auges (Aderhaut, Netzhaut, Iris) ihren Sitz haben und nur bei kunstgerechter Untersuchung sich wahrnehmen lassen, die äußerlich sichtbaren, mit Rötung, Schwellung und starker Absonderung einhergehenden Krankheiten der Bindehaut und Hornhaut. Die leichteste dieser Entzündungen ist der Bindehautkatarrh (unzweckmäßig Konjunktivitis genannt).
Als
Ursachen desselben sind alle äußern
Reize zu nennen, welche das
Auge
[* 2] treffen, z. B. scharfe und rauhe
Luft,
Staub,
Sand und andre fremde
Körper, obwohl durch keinen derselben regelmäßig eine Augenentzü
ndung hervorgebracht wird und wir die
wesentlichsten, wahrscheinlich organischen Ansteckungsstoffe, welche so häufig
Ophthalmien erregen, überhaupt noch nicht
genau kennen. Eine auffallende
Neigung zu Augenentzü
ndungen beobachtet man bei solchen
Subjekten, welche
an
Skrofeln,
Gicht,
¶
mehr
Rheumatismus, Katarrhen etc. leiden. Im Beginn rötet sich die Bindehaut (d. h. die innere Fläche der Augenlider und das Weiße im Auge), sie verliert ihren Glanz und ihre Durchsichtigkeit und schwillt an. Die Röte breitet sich allmählich aus und wird immer lebhafter. Das Auge fühlt sich je nach dem Grade der Entzündung wärmer an als im normalen Zustand. Stets ist es empfindlicher gegen helles Licht, [* 4] oft selbst in hohem Grad lichtscheu und in der Regel schmerzhaft, häufig beobachtet man kleine Eiterpusteln (Phlyktänen) auf der Bindehaut (s. Tafel »Augenkrankheiten«, [* 5] Fig. 1). Die Empfindung ist in geringen Graden bloß juckend oder schabend, als ob ein Sandkorn im Auge wäre, in höhern Graden drückend und spannend oder stechend und klopfend.
Fast stets findet eine reichlichere Abänderung von teils wässeriger (Thränen), teils schleimiger Feuchtigkeit auf der Bindehaut
statt. Beim Erwachen aus dem Schlaf pflegen die Augenlider solcher Patienten durch die eingetrocknete Feuchtigkeit zusammengeklebt
zu sein. Zweifellos ansteckend und wohl immer durch Ansteckung hervorgerufen sind die schweren, sogen.
blennorrhöischen Formen der Augenentzü
ndung, welche mit starker Schwellung und Eiterbildung einhergehen und sich in höchsten
Graden zu kruppösen oder diphtheritischen Formen steigern können. Im letztern Fall erfolgt Geschwürbildung und nicht selten
Verlust des ganzen Auges.
Dauert der Entzündungsreiz fort, was namentlich bei der durch Ansteckung entstandenen ägyptischen
Augenentzü
ndung stattfindet,
bei welcher unter Vermittelung niederster Organismen der Eiter immer von neuem als Reizmittel wirkt, so kommt es im chronischen
Stadium der Blennorrhöe zur Bildung sogen. Granulationen aus der Konjunktiva. Solange Eiter gebildet wird, besteht die Gefahr
der Ansteckung. Ist die abgeänderte Flüssigkeit aber klar und wässerig geworden, so ist sie in der Regel
nicht mehr ansteckend, auch wenn die Bindehaut noch gerötet und etwas aufgelockert sein sollte.
Tritt die blennorrhöische in ein chronisches Stadium, so wird die Bindehaut gewulstet (Trachom), die stark erweiterten kleinen
Gefäße verleihen dem Auge ein blutrotes Aussehen; der Schmerz nimmt allmählich ab, während die Thränenabsonderung
fortbesteht. Es kann dann Trübung der Hornhaut, Geschwürbildung in derselben, ja völlige Blindheit den Ausgang der Augenentzü
ndung bilden.
Zu den granulierenden ansteckenden Ophthalmien gehören die sogen. Ägyptische Augenentzü
ndung (s. d. und Tafel »Augenkrankheiten«, Fig.
2, 3), der Augentripper (Ophthalmia gonorrhoica), welcher durch Ansteckung mit Trippereiter bei unreinlichen
Personen hervorgerufen wird und sehr heftig aufzutreten pflegt, und die der Neugebornen (O. neonatorum), welche einzig
durch Ansteckung mit unreinem Sekret während des Geburtsaktes entsteht.
Alle diese Ophthalmien sind, wenn sie nicht rechtzeitig in die Behandlung eines tüchtigen Arztes kommen, äußerst gefährlich.
Die Behandlung der Augenentzü
ndung besteht bei frischem Katarrh in anhaltenden eiskalten Umschlägen von dünnem Bleiwasser, Ruhe des Auges
und des ganzen Körpers bei mäßiger Diät und kühlenden Abführmitteln (Glaubersalz). Vor allem ist zur Vermeidung weiterer
Ansteckung äußerste Reinlichkeit in Schwämmen, Handtüchern, Händen und Wäsche geboten. Die schweren Formen erfordern möglichst
frühzeitige ärztliche Hilfe. Über Augenentzündung
bei Tieren s. Augenkrankheiten; periodische Augenentzündung
, s. v. w. Mondblindheit.