Aufrechnung
,
Kompensation oder Wettschlagung. Soweit der Schuldner au den
Gläubiger eine fällige Geldforderung in
ungefähr gleicher Höhe bat, welche ebenso wie seine Schuld fällig ist, kann er dieselbe aufrechnen, er braucht dann nur
den Überschuß zu zahlen. Dasselbe findet statt, wenn beide
Teile Forderungen auf
vertretbare Sachen (s. d.)
derselben Art gegeneinander haben, z. B. je 10 Flaschen Heidsieck
Monopol. Die Aufrechnung
wird einseitig erklärt von der einen Partei
an die andere; deren Einwilligung ist nicht erforderlich.
Ein Kompensationsvertrag liegt vor, wenn beide
Teile einwilligen, wie bei der Abrechnung (s.
Abrechnen). Die
einseitige Aufrechnung
kann im Prozeß erfolgen, so daß der
Gläubiger, welcher 1000 zu fordern hat, erklärt, er rechne sich auf
dieselbe 900 an, welche er dem Beklagten schulde, und nun noch 100 fordert. Oder der Beklagte schützt gegen die Forderung
von 1000 die Kompensationseinrede vor, er rechne seine Gegenforderung von 900 auf. Die Aufrechnung
kann
aber auch außergerichtlich erklärt werden.
Der Schuldner hat ein
Recht zur Kompensation nicht, wenn er auf dieselbe im voraus verzichtet hat; ein solcher Verzicht kann
darin gefunden werden, daß er Barzahlung versprach. Er kann ferner nicht kompensieren, wenn seiner Gegenforderung eine Einrede
entgegensteht. Die Aufrechnung
ist ausgeschlossen gegen gewisse Forderungen, z. B.
Rückforderung eines Depositums (nach Gemeinem
Recht, preuß.
Landrecht und sächs.
Recht), gegen fiskalische Forderungen, welche
bei einer andern
Kasse zahlbar sind u. s. w.
Schon, daß sich Forderung und Gegenforderung gegenüberstehen, hat gewisse Wirkungen, wenn demnächst die Kompensation
für gültig erklärt wird, z. B. den
Ausschluß der Verjährung, wenn dieselbe sonst für die eine von
beiden Forderungen eingetreten sein würde, das Aufhören des Zinsenlaufs. Mit der Erklärung der Kompensation, im Prozeß
wenigstens mit dem die Aufrechnung
aussprechenden
Urteil, sind Forderung und Gegenforderung, soweit sie sich decken, erloschen.
Besondere Regeln gelten für den Fall, daß einer Partei
oder beiden Parteien mehrere Forderungen oder
Gegenforderungen zustehen und nun Streit darüber entsteht, welche Forderung gegen welche Gegenforderung aufgerechnet werden
soll, wie z. B. wenn der Kläger gegen die Einrede der Kompensation eine Replik der Aufrechnung
mit
einer andern Forderung als der geklagten geltend macht. Nach der
Deutschen Civilprozeßordnung kann die Kompensationseinrede
zur getrennten Verhandlung verwiesen werden (§§. 136, 274) und kann in der Berufungsinstanz nicht neu vorgebracht werden,
wenn der Beklagte sie in erster Instanz erheben konnte.
Auch gegen Wechselansprüche kann der Schuldner aufrechnen, was er von dem klagenden
Gläubiger zu fordern hat; aber er kann
nicht einwenden, daß er gegen einen
Vormann des Klägers eine Gegenforderung habe, welche die
Wechselforderung
beseitigt. Selbst wenn er mit dein
Vormann verabredet, daß die
Wechselforderung durch Aufrechnung
mit der Gegenforderung getilgt sein
solle, würde er dies nur einem Kläger entgegensetzen können, welcher diese Abmachung kannte, als er den Wechsel erwarb,
oder welcher den Wechsel von diesem
Vormann durch ein
Indossament zum Inkasso, oder zwar durch ein
Vollindossament,
aber ohne eigenem Interesse nur mit dem Austrage erworben hat, den Wechsel für
Rechnung jenes
Vormanns einzuziehen.
Auch bezüglich der Aufrechnung
im Konkurse gelten im allgemeinen während des Konkursverfahrens über das Vermögen
des Schuldners die Vorschriften des bürgerlichen
Rechts. Insbesondere sind diese insoweit maßgebend,
als es sich um die
Voraussetzungen der Aufrechnung
handelt. Soweit ein
Gläubiger zur Aufrechnung
befugt ist, braucht er nach der
Deutschen Konkursordnung
seine Forderung im Konkursverfahren nicht geltend, zu machen, sondern kann es, wenn der Verwalter seine Forderung oder die
Befugnis zur Aufrechnung
nicht anerkennt, darauf ankommen lassen, daß dieser gegen ihn Klage
erbebt, und sich dann im Prozeß auf die Aufrechnung
berufen (Konkursordn. §. 46). In §. 47 dieses Gesetzbuchs wird
die Aufrechnung
sbefugnis durch die Vorschrift erweitert, daß die Aufrechnung seitens des
Gläubigers erfolgen kann, obgleich zur Zeit
der Konkurseröffnung jede der aufzurechnenden Forderungen oder eine derselben noch betagt oder bedingt
oder die Forderung des
Gläubigers nicht auf einen Geldbetrag gerichtet war.
Soweit das bürgerliche Recht Fälligkeit der aufzurechnenden Forderung oder Gleichartigkeit der beiden Forderungen verlangt, stehen dessen Vorschriften sonach während des Konkursverfahrens einem Konkursgläubiger nicht im Wege. Ist dessen Forderung betagt und unverzinslich, so muß derselbe sich Zwischenzinsen, d. h. einen Zinsabzug (interusurium) gefallen lassen. Hängt die Forderung von einer aufschiebenden Bedingung ab, so kann der Gläubiger vorerst nur Sicherstellung verlangen, muß dagegen seine Verbindlichkeit erfüllen.
Die nicht auf
Geld gerichtete Forderung des
Gläubigers wird nach ihrem Schätzungswert berechnet. Forderungen, welche sich
auf den
Bezug fortlaufender
Hebungen beziehen, werden durch Zusammenzählung der einzelnen
Hebungen unter Abrechnung der Zwischenzinsen
kapitalisiert (Konkursordn. §§. 47, 58, 62, 63). Unzulässig ist die Aufrechnung
im Konkurse nach §.48 der Konkursordnung:
1) wenn ein Konkursgläubiger nach der Konkurseröffnung etwas zur Masse schuldig geworden ist;
2) wenn ein Schuldner des Gemeinschuldners nach der Eröffnung des Verfahrens eine ¶
mehr
Forderung an denselben erworben hat;
3) wenn der Erwerb einer derartigen Forderung durch einen Schuldner zwar vor der Konkurseröffnung erfolgte, dem Schuldner aber zur Zeit des Erwerbs bekannt war, daß der spätere Gemeinschuldner seine Zahlungen eingestellt habe oder die Konkurseröffnung beantragt sei. Die Befugnis des Konkursverwalters, gegen die Forderung eines Konkursgläubigers eine Schuld desselben an den Gemeinschuldner aufzurechnen, wird durch die erwähnten Vorschriften nicht berührt, ist vielmehr lediglich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.
Die Österr. Konkursordnung bestimmt in §. 20, daß die Forderungen, welche infolge einer vor der Konkurseröffnung eingetretenen
Kompensation als erloschen anzusehen sind, im Konkurs nicht angemeldet zu werden brauchen, und daß die
Aufrechnung
oder Kompensation dadurch nicht gehindert wird, daß eine der beiden Forderungen bei Eröffnung des Konkurses
noch nicht fällig war, sondern daß nur bezüglich der betagten unverzinslichen Forderung ein Zinsabzug erfolgt. In §. 21 wird
bestimmt, daß die Kompensation ausgeschlossen ist, wenn die Gegenforderung des Schuldners, dessen Verbindlichkeit
bereits zur Zeit der Konkurseröffnung bestand, nach derselben entstanden ist oder von einem Dritten erworben wurde.