Aufgesang
und
Abgesang,
Ausdrücke, womit die Teile der
Strophe der alten Minnelieder und der Gesätze des
Meistergesangs
bezeichnet werden. Die
Strophe oder das »Gesätz« bestand meist aus drei
Gliedern, von denen die beiden ersten gleichartig
gebaut waren und zusammen den ersten Teil bildeten. Sie wurden
Stollen genannt oder Aufgesang
, im
Gegensatz zu dem zweiten,
eingliederigen Teil, welcher
Abgesang hieß. Der regelmäßige
Bau der
Strophen war zur Wiederholung der
Melodie notwendig, und
deshalb stimmen auch die beiden
Stollen im musikalischen
Satz miteinander überein, wie z. B. in den meisten
Kirchenliedern.
Doch kommen später Abweichungen sowohl im Bau als in der Stellung der beiden Stollen vor; die Reime nehmen zuweilen eine ungleiche Richtung an, und nicht überall ist die Silbenzahl der Verszeilen eine übereinstimmende. Besonders liebte man es, die Schlußzeile des zweiten Stollens zu verlängern. Die Form des Abgesangs, welcher jederzeit anders als die beiden Stollen gebaut war, ließ eine noch größere Freiheit der Behandlung zu. Die moderne Poesie macht von diesem dreigliederigen Strophenbau den ausgedehntesten Gebrauch.