Aufgebot
(Proklamation), öffentliche Bekanntmachung, Aufruf. Im
Kirchenrecht die Bekanntmachung einer beabsichtigten
ehelichen
Verbindung vor versammelter
Kirchengemeinde. Das Aufgebot
soll nach dem Tridentiner
Konzil durch die
beiderseitigen
Pfarrer des
Domizils der Verlobten
an drei aufeinander folgenden
Fest-, resp.
Sonntagen öffentlich während des
Gottesdienstes erfolgen. Eine
Nichtigkeit der
Ehe hat jedoch die Unterlassung des Aufgebots
nicht zur
Folge.
Auch die evangelische
Kirche adoptierte die Vorschriften des kanonischen
Rechts über das Aufgebot.
Dagegen ist durch die Einführung
des
Instituts der
Zivilehe in dieser Hinsicht eine wesentliche Änderung hervorgerufen worden. Das Aufgebot
hat
nunmehr durch den Standesbeamten zu erfolgen. Dasselbe soll die
Personalien der Verlobten und ihrer Eltern enthalten und ist
durch zweiwöchigen Aushang bekannt zu geben und zwar in der
Gemeinde oder in den
Gemeinden, in welchen die
Verlobten ihren
Wohnsitz haben.
Wenn einer der Verlobten seinen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb seines gegenwärtigen
Wohnsitzes hat, so muß das Aufgebot
auch
in der
Gemeinde seines jetzigen Aufenthalts erfolgen und, wenn einer der Verlobten seinen
Wohnsitz innerhalb der letzten sechs
Monate gewechselt hat, auch in der
Gemeinde seines frühern Wohnorts. Das Aufgebot
ist nach vorgängiger
Prüfung
der Statthaftigkeit der
Ehe, welche die Verlobten eingehen wollen, von dem zuständigen Standesbeamten zu erlassen und zu
veranlassen. Es verliert seine
Kraft,
[* 2] wenn seit dessen Vollziehung sechs
Monate verstrichen sind, ohne daß die
Ehe geschlossen
worden ist.
Von dem Aufgebot
kann nur die zuständige Staatsbehörde dispensieren. Wird jedoch eine lebensgefährliche
Krankheit, die den
Aufschub der Eheschließung nicht gestattet, ärztlich bescheinigt, so kann der Standesbeamte auch ohne
Aufgebot
die Eheschließung vornehmen. Wenn übrigens die
Kirche diesem staatlichen Aufgebot
gegenüber gleichwohl an dem kirchlichen
Aufgebot
festhält, so kann dasselbe lediglich als eine
Aufforderung zur
Fürbitte für die Verlobten aufgefaßt
werden. Die evangelischen
Landeskirchen
Deutschlands
[* 3] haben zudem das der
Kirche meistens auf eine einmalige Proklamierung beschränkt.
Vgl. Reichsgesetz vom über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung, § 44 ff.; Blumstengl, Die Trauung im evangelischen Deutschland [* 4] nach Recht und Ritus (Weim. 1879).
Die deutsche
Zivilprozeßordnung (§ 823 ff.) gebraucht die
Ausdrücke Aufgebot
und Aufgebotsverfahren für die
öffentliche gerichtliche
Aufforderung zur Anmeldung von Ansprüchen oder
Rechten mit der
Wirkung, daß die Unterlassung der
Anmeldung einen Rechtsnachteil zur
Folge hat
(Ediktalladung, Ediktalien). Dieser Rechtsnachteil besteht regelmäßig in dem
Ausschluß des betreffenden
Rechts oder des Anspruchs, um welchen es sich handelt. Das Aufgebot
sverfahren
gehört zur
Zuständigkeit der
Amtsgerichte.
Die Bekanntmachung muß durch
Anschlag an die
Gerichtstafel erfolgen. Enthält das Schriftstück eine
Ladung, so ist die zweimalige
Einrückung eines
Auszugs des Schriftstücks in dasjenige
Blatt,
[* 5] welches für das Prozeßgericht zur Veröffentlichung der
amtlichen Bekanntmachungen bestimmt ist, sowie die einmalige Einrückung des
Auszugs in den
»Deutschen
Reichsanzeiger« erforderlich. Für die einzelnen
Fälle, in welchen das Aufgebot
stattfinden kann, ist die Landesgesetzgebung maßgebend,
während das
Verfahren durch die deutsche
Zivilprozeßordnung geregelt ist.
Besondere Vorschriften sind hier namentlich in Ansehung des
Verfahrens zum
Zweck der
Kraftloserklärung
(Amortisation) abhanden
gekommener oder vernichteter
Wechsel und kaufmännischer
Waren- und Dispositionspapiere getroffen. In solchen
Fällen ist für das Aufgebot
sverfahren das
Gericht des
Orts zuständig, welchen die
Urkunde als den Erfüllungsort bezeichnet.
Enthält die
Urkunde eine solche Bezeichnung nicht, so ist das
Gericht zuständig, bei welchem der Aussteller seinen allgemeinen
Gerichtsstand hat, und in Ermangelung eines solchen
Gerichts dasjenige, bei welchem der Aussteller zur
Zeit der
Ausstellung seinen allgemeinen
Gerichtsstand gehabt hat.
Ist der Anspruch, über welchen die
Urkunde ausgestellt ist, in ein
Grund- und Hypothekenbuch eingetragen, so ist das
Gericht
der belegenen
Sache ausschließlich zuständig. Zur Antragstellung ist der aus der
Urkunde Berechtigte, bei
Inhaberpapieren
und den mit Blankoindossament versehenen, begebbaren
Papieren der letzte
Inhaber befugt. Der Aufgebot
stermin ist in solchen
Fällen auf mindestens sechs
Monate hinaus zu bestimmen.
In dem Aufgebot
ist der
Inhaber der
Urkunde aufzufordern, spätestens im Aufgebot
stermin
seine
Rechte bei
Gericht anzumelden und die
Urkunde vorzulegen.
Als Rechtsnachteil ist anzudrohen, daß die Kraftloserklärung der Urkunde erfolgen werde. Die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebots erfolgt durch Anheftung an die Gerichtstafel und in dem Lokal der Börse, wenn eine solche am Sitz des Aufgebotsgerichts besteht, sowie durch dreimalige Einrückung in öffentliche Blätter. Das nach fruchtlosem Ablauf [* 6] der Aufgebotsfrist zu erlassende Urteil, welches den Eintritt des angedrohten Rechtsnachteils ausspricht, wird Ausschlußurteil genannt.
Vgl. Daude, Das Aufgebotsverfahren nach preußischem Recht (Berl. 1881);
Wandersleben, Aufgebotsverfahren (das. 1881).
Über das Aufgebotsverfahren in Patentsachen s. Patentschutz. - In militärischem Sinn versteht man unter den Aufruf des Landesherrn an das Volk zum Ergreifen der Waffen, [* 7] dann die aufgebotene wehrfähige Masse selbst. Schon die Hebräer boten, wenn die Not es forderte, das ganze Volk auf, und die Römer [* 8] hatten das Aufgebot beim Tumultus. Nach den Völkerwanderungen des 4.-6. Jahrh. erscheint das Aufgebot als Heerbann und erhält sich noch weit ins Mittelalter hinein. Mit der Einrichtung und Ausbildung der stehenden Heere verschwinden die Aufgebote der Masse mehr und mehr, und im Anfang des 18. Jahrh. hielt man sie kaum mehr für möglich.
Die französische Revolution rief sie wieder ins Leben. Frankreich schuf sich starke Heere durch die levée en masse. Österreich [* 9] suchte zuerst 1809 sein Heil im A. der Masse, und 1813 folgte Preußen [* 10] in größerm Maßstab [* 11] diesem Beispiel. Nach den Befreiungskriegen wurde die preußische Landwehr der Länge der Dienstzeit nach in ein erstes und zweites Aufgebot eingeteilt. Das unregelmäßige der Volksmassen, zu dem Frankreich noch 1870 Anläufe machte, verschwand vor der gesetzlichen Einführung der allgemeinen Wehrpflicht.