Titel
Auerswald,
1) Hans Jakob von, Landhofmeister von Preußen, geb. trat schon 1770 in die preußische Armee, besuchte 1774 die Universität Königsberg und schied 1783 aus dem Militärdienst aus. Als landrätlicher Assistent in den Zivildienst eingetreten, wurde er 1787 Mitglied der westpreußischen Landschaft, dann Landschaftsdirektor des Marienwerderschen Departements, 1797 zum Präsidenten der westpreußischen Kammer ernannt, 1802 als Präsident der ostpreußischen und litauischen Kammer nach Königsberg versetzt, 1806 zum Wirklichen Geheimen Oberfinanz-, Kriegs- und Domänenrat und Kurator der Universität Königsberg, 1808 zum Geheimen Staatsrat und Oberpräsidenten von Ost- und Westpreußen und Litauen befördert. In dieser Stellung nahm er an der Reform des Staates durch Stein und Hardenberg hervorragenden Anteil.
Als 1810 die Oberpräsidentenstellen aufgehoben wurden, trat Auerswald als Präsident an die Spitze der ostpreußischen Regierung und erhielt 1811 die Würde eines Landhofmeisters des Königreichs Preußen. Um die Erhebung der Provinz zu befördern, wagte er es auf Steins Anraten, im Januar 1813 ohne königliche Genehmigung den Landtag einzuberufen, welcher die Errichtung der Landwehr und den Beginn des Befreiungskampfes beschloß. Nachdem er für das Gemeinwohl des Landes und das Gedeihen der 1806-19 seiner Kuratel anvertrauten Universität Königsberg unausgesetzt thätig gewesen, zog er sich 1824 aus dem Staatsdienst auf sein Gut Faulen zurück, siedelte aber 1832 wieder nach Königsberg über, wo er starb.
2) Hans Adolf Erdmann von, preuß. Generalmajor, Sohn des vorigen, geb. auf dem väterlichen Gut Faulen, widmete sich auf der Universität Königsberg 1810-13 juristischen und kameralistischen Studien, trat im Januar 1813 als Freiwilliger in das 2. westpreußische Dragonerregiment und machte in demselben die Schlachten bei Großbeeren, Dennewitz und Leipzig und den Feldzug in Holland als Leutnant mit, ward 1815 nach der Schlacht bei Waterloo Bülows Adjutant und trat 1818 in den Generalstab, in welchem er 1831 zum Major befördert wurde. Im J. 1841 ward er zum Oberst des litauischen Dragonerregiments, 1846 zum Brigadekommandeur in Neiße ernannt und 1848 in gleicher Stellung nach Breslau versetzt. Im J. 1848 zum Mitglied der deutschen Nationalversammlung gewählt, beschäftigte er sich hier vorzugsweise mit militärischen Fragen.
Der den Beratungen des Parlaments zu Grunde gelegte Entwurf zu einem die deutsche Wehrverfassung betreffenden Gesetz rührte von ihm her. Das ihm im April 1848 angetragene Portefeuille des Kriegs lehnte er ab, weil sein Bruder bereits Mitglied des Kabinetts war. Seiner Gesinnung nach gehörte er dem rechten Zentrum an. Als der Straßenkampf in Frankfurt ausbrach, ritt er mit dem Fürsten Lichnowski vor das Friedberger Thor, um sich nach den erwarteten hessischen Truppen umzusehen. Von einer Schar Aufständischer angefallen, die Lichnowski suchten, ward Auerswald durch einen Pistolenschuß sofort getötet. Kurz zuvor hatte Auerswald seine Gemahlin, geborne v. Bardeleben, verloren. Für seine hinterlassenen Kinder, vier Söhne und eine Tochter, wurde eine Nationalsammlung durch ganz Deutschland veranstaltet.
3) Rudolf von, preuß. Minister, Bruder des vorigen, geb. zu Marienwerder, wurde von 1807 bis 1812 mit den königlichen Prinzen im Schloß zu Königsberg erzogen und war namentlich mit dem Prinzen Wilhelm (dem spätern Kaiser Wilhelm I.) eng befreundet. Im J. 1812 trat er in ein Husarenregiment, machte den russischen Feldzug und die Freiheitskriege mit und verließ 1821 als Rittmeister den Militärdienst, um seine Güter Keimkallen und Weschinen in Ostpreußen zu bewirtschaften.
Als Landrat des Kreises Heiligenbeil 1824-34 und dann als Generallandschaftsrat von Ostpreußen erwarb er sich allgemeines Vertrauen, wurde zum Oberbürgermeister von Königsberg gewählt und wohnte seit 1837 den Landtagen der Provinz Preußen als Abgeordneter und Stellvertreter des Landtagsmarschalls bei. Im J. 1842 zum Mitglied des vereinigten ständischen Ausschusses in Berlin gewählt, ward er in demselben Jahr zum Regierungspräsidenten in Trier ernannt, in welcher Stellung er bis zum März 1848 blieb.
Ende März ward er zum Oberpräsidenten der Provinz Preußen, 25. Juni aber zum Ministerpräsidenten und Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannt. Trotz seiner verfassungstreuen Haltung gelang es ihm nicht, der überflutenden Demokratie einen Damm zu setzen. Nachdem der Steinsche Antrag wegen eines Erlasses an die Armee in der preußischen Nationalversammlung 7. Sept. angenommen war, trat er zurück und übernahm wieder das Oberpräsidium in Ostpreußen, blieb jedoch Mitglied der Nationalversammlung und unterstützte als Mitglied des rechten Zentrums überall die monarchisch-konstitutionellen Anträge.
In den Sessionen der preußischen Ersten Kammer 1849 und 1850 sowie im Staatenhaus zu Erfurt leitete er, zum Präsidenten gewählt, die Verhandlungen mit Geschäftskenntnis und Umsicht; dann wurde ihm das Oberpräsidium der Rheinprovinz übertragen, welches er vom bis zum Sommer 1851 verwaltete. Vom Ministerium Westfalen zur Disposition gestellt, weil er die Reaktivierung der Provinziallandtage widerriet, gehörte er seitdem als Mitglied des Abgeordnetenhauses zur Opposition gegen das bestehende Ministerium, bis dieses vom Prinz-Regenten bei der Übernahme der Regentschaft entlassen wurde, worauf Auerswald als Minister ohne Portefeuille in das Ministerium der sogen. neuen Ära eintrat, in dem er als persönlicher Freund des Regenten hervorragenden
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Einfluß ausübte. Das Ministerium begann mit Reformen in liberalem Sinn, geriet aber bald mit dem Abgeordnetenhaus über die Durchführung der Armeereorganisation in heftigen Konflikt. Die Minister verloren ihre Popularität, ohne daß es ihnen gelungen wäre, die Armeereorganisation durchzusetzen. Nach Annahme des Hagenschen Antrags auf Spezialisierung des Militäretats im Budget durch das Abgeordnetenhaus trat das liberale Ministerium Auerswald-Schwerin im März 1862 zurück. Zum Oberstburggrafen von Marienburg ernannt, blieb er in persönlichem Verkehr mit dem König, ohne aber auf die Politik desselben Einfluß zu üben. Er starb in Berlin.
4) Alfred von, preuß. Staatsminister, jüngster Bruder der vorigen, geb. zu Marienwerder, machte den Feldzug von 1815 mit und bezog dann die Universität zu Königsberg, wo er Mitbegründer der Burschenhaft war. Seit 1819 im Staatsdienst, fungierte er von 1830 bis 1844 als Landrat des Rosenberger Kreises, ward 1837 in den Provinziallandtag gewählt und stellte auf dem Huldigungslandtag 1840 den Antrag auf Einberufung der seit 1815 verheißenen Stände. Im J. 1842 war er Mitglied der nach Berlin berufenen provinzialständischen Ausschüsse, und 1845 wurde er zum Generallandschaftsdirektor von Ostpreußen gewählt.
Auf dem Vereinigten Landtag 1847 stand er entschieden auf seiten derer, welche eine Verfassung nach den Verheißungen von 1815 forderten, und unterschrieb die von Vincke entworfene »Deklaration der Rechte« mit. Am als Minister des Innern in das Ministerium Arnim-Boitzenburg berufen, behielt er diesen Posten auch in dem am 29. März von Camphausen gebildeten Kabinett, trat aber infolge feindseliger Abstimmungen in der Nationalversammlung 14. Juni d. J. zurück und stimmte dann als Mitglied der Nationalversammlung mit dem rechten Zentrum. Er war seitdem bis 1852 ununterbrochen Mitglied des preußischen Landtags, in welchem er zur konstitutionellen Linken hielt und die reaktionäre Politik des Ministeriums Manteuffel entschieden bekämpfte. Er ward daher bei seiner Wiederwahl zum Landschaftsdirektor 1853 von der Regierung nicht bestätigt. Im J. 1858 aufs neue gewählt, war er Mitglied des Abgeordnetenhauses bis 1862 und dann wieder 1867 bis zu seinem Tod,