Auber
(spr. obär), Daniel François Esprit, franz. Opernkomponist, geb. zu Caen in der Normandie, wohin seine Eltern von Paris [* 2] aus eine Reise gemacht hatten, wurde von seinem Vater, einem wohlhabenden Kunsthändler in Paris, für den Handelsstand bestimmt. Aus Liebhaberei trieb er nebenbei Musik, und die Kompositionen, in denen er sich versuchte (Romanzen, Cellokonzerte für den Cellisten Lamare, Trios, auch eine Operette etc.), wurden beifällig aufgenommen.
Ein
Umschlag in den Verhältnissen des
Vaters nötigte ihn endlich, die
Musik zu seinem Lebensberuf zu machen. Er unterzog sich
sorgfältigen
Studien am
Konservatorium unter
Cherubinis Leitung, komponierte nach deren Beendigung zuerst eine
Messe (aus der
einzelne
Stücke
später in die
»Stumme« übergingen) und brachte dann mehrere kleine
Opern auf die
Bühne,
die indessen nicht ansprachen. Erst mit der komischen
Oper »La bergère châtelaine« (1820), wozu ihm
Feydeau den
Text geliefert
und
Rossini, der damals alles bezauberte
, zum
Muster gedient hatte,
fing er an zu gefallen.
Vom größten Vorteil für Auber
wurde seine
Verbindung mit
Scribe, der ihm die
Texte schrieb und nach Art
und
Richtung des
Talents ganz zu ihm paßte. Es folgten zunächst die
Opern: »Emma«, »Léocadie«,
»Leicester«
[* 3] u. a., die ebenfalls
Glück machten, aber nicht viel über
Frankreich hinaus bekannt wurden. Die erste
Oper, die auch in
Deutschland
[* 4] (besonders durch Vermittelung der
Henriette
Sontag) Aubers
Namen allbeliebt machte, war »Der
Schnee«
[* 5] (1823).
Noch größern Erfolg
hatte im folgenden Jahr sein
»Maurer und
Schlosser«. Nach Ausführung einiger andern
Opern, wie: »Fiorilla« (1826),
»Die
Braut«
(1827) etc., die sich durch ansprechende
Partien auszeichnen, aber im ganzen der
Kraft
[* 6] ermangeln, trat
Auber
1828 mit seinem Hauptwerk: »Die
Stumme von
Portici«, hervor, welche einen Triumphzug durch die
Welt machte und Auber
an die
Spitze der neuen
Richtung der französischen großen
Oper stellte. Auch die nächste Leistung Aubers;
die reizende komische
Oper
»Fra Diavolo« (1829), wurde ein Lieblingsstück des
Publikums. In seinen zahlreichen spätern Werken
hat Auber
diese
Höhe nicht wieder erreicht; die
Routine nahm überhand, das
Streben nach
Effekt mit oft raffinierter Anwendung
äußerlicher
Mittel trat in den
Vordergrund.
So in seinen großen Opern: »Gustav, oder der Maskenball« (1833),
»Der Feensee« (1839) und in den komischen Opern: »Die Gesandtin« (1836),
»Der schwarze Domino« (1837),
»Die Krondiamanten« (1841),
»Carlo Broschi, oder des Teufels Anteil« (1842),
»Haydée« (1847) und »Die Cirkassierin«
(1861). Auber
, bereits 1825 zum
Ritter der
Ehrenlegion ernannt, wurde 1829 Mitglied der
Akademie der schönen
Künste, 1842 an.
Cherubinis
Stelle
Direktor des
Pariser
Konservatoriums, 1847
Kommandeur der
Ehrenlegion und erhielt 1857 den
Ehrentitel eines kaiserlichen Hofkapellmeisters. Mit seiner Eröffnungsmusik zur
Londoner
Weltausstellung von 1862 mußte er
vor
Meyerbeer zurückstehen. Nach einer mehrjährigen
Pause seiner Thätigkeit überraschte er noch kurz vor seinem
Tode die
Welt mit drei neuen
Opern: »La fiancée du roi de
Garbe« (1864),
»Le
[* 7] premier jour de bonheur« (1868) und
»Rêves d'amour« (1869), die indessen trotz vieler reizender Einzelheiten doch nur einen Achtungserfolg zu erzielen
vermochten. Auber
starb in
Paris, nachdem er ein Jahr zuvor von der Leitung des
Konservatoriums, um das er sich namhafte
Verdienste erworben hatte, zurückgetreten war. Er hat im ganzen über 40
Opern hinterlassen. Um Auber
richtig
zu würdigen, muß man ihn als das, was er ist: als
Franzosen, der
nur für
Franzosen schrieb, auffassen.
Ganz und gar das Kind der modernen Pariser Kultur, schuf er diejenige Opernform, welche dem Scribeschen Lust- und Intrigenspiel und somit dem hauptstädtischen Leben und Geschmack entsprach, und in welcher der Ausdruck einfacher, natürlicher Empfindung hinter dem eleganten Konversationston zurücktreten mußte. Daher darf man Tiefe in seiner Musik nicht suchen; sie ist im Gegenteil oft genug oberflächlich und leichtfertig, aber stets angenehm unterhaltend, voll anmutiger Koketterie, geistreich und geschmackvoll, pikant, selbst fein frivol, kurz, der echteste Ausdruck des modernen französischen Lebens. Begreiflich ist es, daß diesem leichten Genre (als dessen gelungenste ¶
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Produktionen wohl »Maurer und Schlosser« und »Fra Diavolo« zu bezeichnen sind) die Spielgewandtheit der französischen Opernsängerinnen
ebenso unentbehrlich ist wie der Oper Rossinis die Virtuosität italienischen Gesangs. Unter Aubers
großen und ernsten Opern
steht die »Stumme von Portici« ganz isoliert. Mit diesem kühnen und großartig konzipierten Werk trat der Tondichter
aus dem leichtfertigen Pariser Genußleben hinaus auf den heißen Boden einer politisch aufgeregten Zeit und wußte bedeutsame
Situationen durch ebenso bedeutsame Musik aufs glücklichste zu illustrieren. In Aubers
Testament fand sich ein Preis von 5000 Frank
ausgesetzt, der alljährlich für die beste komische Oper verteilt werden soll.