Attis
(Attes,
Atys), ein ursprünglich in
Phrygien und
Lydien einheimisches, dem
Adonis (s. d.) verwandtes
göttliches
Wesen, der Liebling der
Kybele
[* 2] und als
Symbol der früh hinwelkenden Frühlingsblüte gefeiert. Nach der von
Pausanias
(7, 17) berichteten
Sage war Attis
vom phrygischen
Zeus
[* 3]
(Manes?) und der Erdmutter durch wunderbare Mittelglieder (ein Zwitterwesen,
das die
Götter entmannten, und aus dessen abgeschnittenen
Schamteilen ein
Mandelbaum entstand, dessen
Frucht
Nana, die Tochter des Flußgottes
Sangarios, genoß, welche nun den Attis
gebar) entsprossen.
Unter den
Hirten bei den
Ziegen des
Waldes aufgewachsen, gewinnt er durch seine
Schönheit das
Herz der Göttermutter
(Kybele,
Agdistis, Dindymene); aber auch die Königstochter von
Pessinus liebt den
Jüngling, und schon soll die
Hochzeit mit ihr gefeiert werden, als die eifersüchtige
Göttin unter den
Gästen erscheint,
Schrecken und Geistesverwirrung
ringsum verbreitend. In wilder Hast rennt Attis
ins
Gebirge und entmannt sich unter einer
Fichte,
[* 4] in welche sein
Geist entweicht,
während
Veilchen seinem
Blut entsprießen.
Ihn suchend, irrt die Göttin in wilder Trauer im Gebirge umher, bis sie ihn findet, worauf sie die Fichte, in welche sein Geist entwichen ist, in ihre Höhle trägt und unter ihr den Verstorbenen beweint. Als sie aber reuevoll um die Wiederbelebung des Geliebten bittet, erlangt sie von Zeus nur, daß sein Leib nie verwese und sein Haar [* 5] immer wachse. Sein Grab befand sich auf dem Berg Dindymos im Heiligtum der Kybele, deren Priester um seinetwillen verschnitten sein mußten.
Der Kult des der bald auch in
Griechenland
[* 6] und in der ganzen
Alten Welt Eingang fand, gipfelte in dem Hauptfest, das ihm alljährlich
beim Anbruch des
Frühlings gefeiert wurde. Die ersten
Tage waren Trauertage: es wurde eine
Fichte (das
Symbol des Attis
) gefällt
und, mit
Veilchen bekränzt, in feierlicher
Prozession in das Heiligtum der
Göttin getragen. Dann wurde der verirrte Attis
mit
tobender
Musik und
Raserei in den
Bergen
[* 7] gesucht, wie ihn die
Göttin gesucht hatte.
Der dritte
Tag des
Festes war der Bluttag, d. h. der
Tag der
Entmannung und des
Todes des Attis
, an dem sich die
Priester
(Galli) unter
wilden Wehklagen
Brust und
Arme verwundeten, worauf die Waschung des
Bildes der
Göttin und ein wildes Freudenfest die
Feier beschlossen.
Die griechisch-römische
Kunst stellt den dar als jugendlichen
Hirten von weichlicher
Bildung, mit der phrygischen
Mütze und dem Pedum
(Hirtenstab), oft auch die
Pinie und den
Widder zur Seite.