Attentāt
(lat.),
Versuch einer gesetzwidrigen
Handlung, insbesondere der
Angriff auf das
Leben eines
Regenten
oder einer sonstigen hervorragenden Persönlichkeit. Ein von einem
Unterthanen gegen das Oberhaupt des
Staats gerichtetes Attentat
wird
als
Hochverrat bestraft. Übrigens bezeichnet man im gewöhnlichen
Leben mit dem
Wort Attentat
auch die wirkliche Ermordung einer
politischen Persönlichkeit.
Politische
Morde sind schon im
Altertum öfters vorgekommen und wurden, wie die Ermordung
des
Hipparchos durch
Harmodios und
Aristogeiton in
Athen,
[* 3] oft als Heldenthaten hoch gefeiert; doch gingen die Ermordungen von
Monarchen und
Regenten im
Altertum gleichwie im
Mittelalter meistens aus den persönlichen
Motiven der Herrschsucht, des
Eigennutzes
oder der Rachsucht hervor, so auch die Ermordungen zweier deutscher
Könige,
Philipps von
Schwaben durch
Otto von
Wittelsbach (1208) und
Albrechts I. durch
Johann
Parricida (1308). Mordthaten zum
Zweck der Vernichtung des Vertreters
einer großen
Idee oder
Institution durch überspannte, fanatisierte
Menschen kommen zuerst in der Zeit der erbitterten Religionskämpfe
des 16. und 17. Jahrh. und zwar von seiten der katholischen
Partei vor; außer den verschiedenen Mordanfällen
auf die
Königin
Elisabeth von
England sind hier namentlich die Ermordung
Wilhelms von
Oranien durch Balthasar
Gérard (1584),
Heinrichs III. durch
Jacques
Element (1589) und
Heinrichs IV. durch
Franz
Ravaillac (1610), ferner die
Pulververschwörung des
Guy
Fawkes in
London
[* 4] (1605) zu nennen. Im 18. Jahrh. erregten besonders das Attentat
Damiens' auf
Ludwig XV. von
Frankreich
(1757) und die Ermordung
Gustavs III. von
Schweden
[* 5] durch
Anckarström (1792) Aufsehen.
Reich an
Morden und Mordversuchen aus politischem
Fanatismus, mitunter aber auch bloß aus an
Verrücktheit grenzender
Eitelkeit
und Überspanntheit ist das 19. Jahrh. So geschahen in
Frankreich das Höllenmaschinenattentat
gegen den Ersten
Konsul
Napoleon, auf den in
Schönbrunn 1809 auch ein junger
Deutscher, Staps, einen Mordversuch machte;
die Ermordung des Herzogs von Berry durch Louvel;
sieben Attentate
gegen
Ludwig
Philipp, namentlich das von
Fieschi mittels
der
Höllenmaschine, bei dem 14
Menschen, darunter der
Marschall
Mortier, umkamen;
das Attentat
Pianoris, das
Bellemares, das der
Italiener
Orsini, Rudio und
Pieri gegen
Napoleon III.,
¶
mehr
welch letzteres, mit Sprengbomben ausgeführt, zwar sein Ziel verfehlte, aber viele Menschen tötete und verwundete. In Italien
[* 7] ward der päpstliche Minister Graf Rossi, Herzog Karl III. von Parma
[* 8] ermordet, auf König Ferdinand
II. von Neapel
[* 9] durch Milano und auf König Humbert in Neapel durch Passanante ein Mordversuch
gemacht. In Spanien
[* 10] versuchte ein Priester, Merino, ein Mönch, Fuentes, die Königin Isabella zu ermorden,
wurde General Prim tödlich verwundet und auf König Amadeus sowie und in
Madrid
[* 11] auf Alfons XII. ein mißlungenes Attentat
verübt. In Griechenland
[* 12] ward Graf J. ^[Johannes] Kapo d'Istrias, Präsident
des Staats, von den Mauromichalis erschossen und von einem Studenten, Aristides Drosios, ein Mordversuch auf die
Königin Amalia gemacht. Am ward Fürst Michael III. von Serbien
[* 13] von den Radavanovichs ermordet.
Auf Alexander II. von Rußland, welches Reich man eine durch Meuchelmord gemäßigte Despotie genannt hat, und wo noch der Großvater
des jetzigen Kaisers, Paul I., das Opfer einer Adelsverschwörung geworden war, wurden viele Attentate
verübt: in
Petersburg
[* 14] von einem russischen Nihilisten, Karakosow, in Paris
[* 15] beim Besuch der Weltausstellung vom Polen Berezowski
und von Solowiew; nachdem die Versuche der Nihilisten, den kaiserlichen Eisenbahnzug in Moskau
[* 16] und den
Winterpalast in Petersburg in die Luft zu sprengen, mißlungen waren, wurde Alexander II. am durch
Sprengbomben getötet.
Auch wurden auf den Großfürsten Konstantin und den Marquis Wielopolski in Warschau,
[* 17] 1878 auf den Polizeidirektor Trepow (von
einem Mädchen, Wera Sassulitsch), auf den Polizeiminister Mesenzow, der an der Wunde starb, in Petersburg, auf
den Gouverneur Krapotkin in Charkow, ebenfalls mit tödlichem Ausgang, und auf den Minister Loris-Melikow Mordversuche
gemacht. Der Kaiser Franz Joseph von Österreich
[* 18] wurde von einem Ungarn,
[* 19] Libényi, angegriffen. In England versuchten
der Kellner Oxford
[* 20] der Zimmergeselle Francis der Lehrling O'Connor
und Roderick Maclean die Königin Viktoria zu ermorden; dieselben wurden für wahnsinnig erklärt und ins Irrenhaus
gesteckt. In Nordamerika
[* 21] fielen der hochverehrte Präsident der Vereinigten Staaten,
[* 22] Abraham Lincoln, dem Fanatismus
des südstaatlichen Rebellen Booth und Präsident Garfield (gest. 19. Sept.) einem eitlen Stellenjäger,
Charl. Guiteau, zum Opfer; in den zentral- und südamerikanischen Republiken sind die Ermordungen von Staatsoberhäuptern, doch
mehr aus Herrsch- oder Rachsucht, nicht selten. In Deutschland
[* 23] sind zu nennen: die Ermordung Kotzebues durch Karl Ludwig Sand
in Mannheim
[* 24] die beiden Attentate
auf Friedrich Wilhelm IV. von Preußen
[* 25] durch den frühern
Bürgermeister Tschech und den Feuerwerker Sefeloge der Mordversuch Oskar Beckers auf König Wilhelm
I. von Preußen in Baden-Baden
[* 26] ferner die beiden Angriffe auf Bismarck von Ferdinand Blind (Cohen)
in Berlin
[* 27] und von Kullmann in Kissingen
[* 28] welche beide Bismarck leicht
verwundeten; endlich der erfolglose
Mordversuch Max Hödels auf Kaiser Wilhelm in Berlin Unter den Linden am und drei Wochen später die erhebliche Verwundung
des Kaisers ebenfalls bei einer Ausfahrt Unter den Linden in Berlin am 2. Juni durch Karl Nobiling.