Atrophīe
(griech., »Ernährungsmangel«),
Verminderung der
Masse des ganzen
Organismus oder einzelner Teile desselben, wird meist veranlaßt durch
mangelhafte
Ernährung infolge schlechter
Verdauung, erschöpfender Ausleerungen, fieberhafter Zustände, Blutverluste etc.
Man unterscheidet einfache oder quantitative Atrophie
, bei welcher die
Elemente der
Organe an
Volumen oder Zahl abnehmen, und qualitative
oder degenerative Atrophie
, die mit chemischer Veränderung der Gewebselemente verbunden ist.
Über Atrophie
des ganzen
Körpers
s.
Auszehrung, über Atrophie
einzelner
Organe s. Hirnschwund ^[richtig:
Gehirnschwund.],
Leberkrankheiten,
Muskelatrophie,
Nierenentzündung,
Pädatrophie,
Rückenmarksschwindsucht.
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Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Atrophie
(grch.), in der Medizin der durch mangelhaften Stoffwechsel herbeigeführte Schwund des Gesamtkörpers oder
einzelner Organe oder Organteile. Wird der Stoffwechsel eines Organs aus irgendwelchem Grunde derart gestört, daß die zugeführten
Stoffe die abgeführten nicht vollständig ersetzen können, so hat dies entweder eine bloße Abnahme des
betreffenden Teils an Größe oder Zahl seiner Elemente, oder aber eine gleichzeitige Änderung seiner chem. Mischung
und eine hierdurch bedingte Formveränderung zur Folge. Letztern Vorgang nennt man eine Degeneration oder Entartung, auch
qualitative Atrophie
, erstern, in dem nur Abnahme der Größe und der Zahl der Elemente erfolgt, eine einfache
oder quantitative Atrophie.
Als normale Atrophie
kann man in der Entwicklungsgeschichte die Rückbildung und das gänzliche oder teilweise Schwinden solcher
Organe bezeichnen, welche im Embryonal- und Larvenleben eine Funktion besitzen, die später nicht mehr geübt oder durch
eine andere ersetzt wird (z. B. das Schwinden der Kiemen und des Schwanzes bei den Larven der Frösche,
[* 2] den Kaulquappen), oder auch solcher Organe, welche als Erbstücke angelegt, aber später rückgebildet und selbst ganz aufgesogen
werden, wie z. B. die Zähne
[* 3] in den Kiefern der Walfischembryonen. (S. Rudimentäre Organe.)
Die Ursachen der krankhaften Atrophie
sind sehr mannigfach. Mangel an Nahrung, Störungen der regelmäßigen Verdauung
oder der Aufsaugung des Speisesaftes, überhaupt alle Ursachen einer mangelhaften Blutbildung können im allgemeinen eine Atrophie
veranlassen,
ebenso erschöpfende Säfteverluste durch Eiterungen u. s. w., übermäßige Anstrengungen, anhaltendes Fieber. Teilweise Atrophie
sind
zumeist die Folge von Entzündungen, von Störungen der Cirkulation des Blutes in dem betreffenden Teile, insbesondere von gehemmtem
Blutzufluß (z. B. durch anhaltenden Druck), von Mangel der zur Anregung des Stoffwechsels nötigen Reize
(z. B. dauernder Unthätigkeit eines Muskels, Nerven
[* 4] u. s. w.), von
¶
mehr
übermäßiger Thätigkeit des Organs, endlich
von Zuständen gewisser Nerven, insbesondere derjenigen, welche man als trophische
oder Ernährungsnerven zu bezeichnen pflegt. Zellen und aus Zellen entstehende Fasern sind die Elemente, aus welchen im wesentlichen
alle Organe bestehen: an ihnen also wird sich auch die Atrophie
im einzelnen nachweisen lassen, wenn ein
Organ im ganzen atrophiert
ist. Im allgemeinen verrät sich die Atrophie eines Organs dadurch, daß es kleiner, trockner,
blutärmer, fester und minder leistungsfähig ist. Die Atrophie
ist indes nicht auf die normalen Teile des Organismus beschränkt,
sondern kommt auch oft bei den krankhaften Neubildungen vor. (Über Atrophie
des ganzen Körpers s. Auszehrung,
über die Atrophie
einzelner Organe s. Gehirnschwund, Leberkrankheiten, Muskelatrophie, Pädatrophie, Rückenmarksschwindsucht, Schrumpfnieren.)