Atrophie
(grch.), in der
Medizin der durch mangelhaften
Stoffwechsel herbeigeführte Schwund des Gesamtkörpers oder
einzelner Organe oder Organteile. Wird der
Stoffwechsel eines Organs aus irgendwelchem
Grunde derart gestört, daß die zugeführten
Stoffe die abgeführten nicht vollständig ersetzen können, so hat dies entweder eine bloße
Abnahme des
betreffenden
Teils an
Größe oder Zahl seiner Elemente, oder aber eine gleichzeitige Änderung seiner chem. Mischung
und eine hierdurch bedingte Formveränderung zur Folge. Letztern Vorgang nennt man eine Degeneration oder Entartung, auch
qualitative Atrophie
, erstern, in dem nur
Abnahme der
Größe und der Zahl der Elemente erfolgt, eine einfache
oder quantitative Atrophie.
Als normale Atrophie
kann man in der
Entwicklungsgeschichte die Rückbildung und das gänzliche oder teilweise Schwinden solcher
Organe bezeichnen, welche im Embryonal- und Larvenleben eine Funktion besitzen, die später nicht mehr geübt oder durch
eine andere ersetzt wird (z. B. das Schwinden der Kiemen und des
Schwanzes bei den Larven der Frösche,
[* 2] den
Kaulquappen), oder auch solcher Organe, welche als Erbstücke angelegt, aber später rückgebildet und selbst ganz aufgesogen
werden, wie z. B. die
Zähne
[* 3] in den
Kiefern der Walfischembryonen. (S.
Rudimentäre Organe.)
Die
Ursachen der krankhaften Atrophie
sind sehr mannigfach.
Mangel an Nahrung,
Störungen der regelmäßigen
Verdauung
oder der
Aufsaugung des
Speisesaftes, überhaupt alle
Ursachen einer mangelhaften Blutbildung können im allgemeinen eine Atrophie
veranlassen,
ebenso erschöpfende Säfteverluste durch
Eiterungen u. s. w., übermäßige Anstrengungen, anhaltendes
Fieber. Teilweise Atrophie
sind
zumeist die Folge von
Entzündungen, von
Störungen der Cirkulation des
Blutes in dem betreffenden
Teile, insbesondere von gehemmtem
Blutzufluß (z. B. durch anhaltenden Druck), von
Mangel der zur Anregung des
Stoffwechsels nötigen Reize
(z. B. dauernder Unthätigkeit eines
Muskels,
Nerven
[* 4] u. s. w.), von
¶
mehr
übermäßiger Thätigkeit des Organs, endlich von Zuständen gewisser Nerven, insbesondere derjenigen, welche man als trophische
oder Ernährungsnerven zu bezeichnen pflegt. Zellen und aus Zellen entstehende Fasern sind die Elemente, aus welchen im wesentlichen
alle Organe bestehen: an ihnen also wird sich auch die Atrophie
im einzelnen nachweisen lassen, wenn ein
Organ im ganzen atrophiert
ist. Im allgemeinen verrät sich die Atrophie eines Organs dadurch, daß es kleiner, trockner,
blutärmer, fester und minder leistungsfähig ist. Die Atrophie
ist indes nicht auf die normalen Teile des Organismus beschränkt,
sondern kommt auch oft bei den krankhaften Neubildungen vor. (Über Atrophie
des ganzen Körpers s. Auszehrung,
über die Atrophie
einzelner Organe s. Gehirnschwund, Leberkrankheiten, Muskelatrophie, Pädatrophie, Rückenmarksschwindsucht, Schrumpfnieren.)