Atomgewicht.
Während die Atome (s. d. und Atomtheorie) eines und desselben chem. Elements gleiche Eigenschaften, also auch gleiche Masse und daher gleiches Gewicht haben müssen, kommen den Atomen verschiedener Elemente verschiedene Gewichte zu. Seit der Entdeckung des Gesetzes der multiplen Proportionen und Aufstellung der neuern naturwissenschaftlichen Atomtheorie hat sich die Chemie damit beschäftigt, die Atomgewicht ihrer Größe nach zu ermitteln, und ist nach langen Irrwegen seit etwa 1865 zu befriedigendem Ziele gelangt. Als Einheit hat man dabei das erfahrungsgemäß kleinste Atomgewicht eines Elements, des Wasserstoffs, gewählt. Das Atomgewicht eines andern Elements drückt also aus, um wie vielmal so groß es ist als das Gewicht eines Atoms Wasserstoff.
Man bestimmt die Atomgewicht, indem man zunächst die Gewichtsverhältnisse auf dem Wege der chem. Analyse oder Synthese ermittelt, nach denen jedes Element mit den übrigen in Verbindung tritt; sodann hat man die Größe der so ermittelten Verhältniszahlen auf 1 Teil Wasserstoff zu reduzieren. Wenn z. B. das Wasser in 100 Teilen 11,11 Teile Wasserstoff und 88,89 Teile Sauerstoff, also auf 1 Teil Wasserstoff 8 Teile Sauerstoff enthält, so würde für den Fall, daß es eine Verbindung gleichvieler Atome der beiden Elemente wäre, das Atomgewicht des Sauerstoffs 8 sein.
Nun existiert aber eine zweite Verbindung beider Elemente (Wasserstoffsuperoxyd), die 5,88 Proz. Wasserstoff und 94,12 Proz. Sauerstoff, also 1 Teil des erstern mit 16 Teilen des letztern verbunden enthält. Wenn nicht das Wasser, sondern dieses Wasserstoffsuperoxyd aus gleichvielen Atomen beider Elemente besteht, und dies könnte von vornherein ebensogut möglich sein wie die entsprechende Zusammensetzung des Wassers, so müßte das Atomgewicht des Sauerstoffs zu 16 angenommen werden. In die gleiche Lage wird man nun in jedem Falle geraten, wo zwei Elemente miteinander mehrere Verbindungen bilden: man wird vor die Wahl einer der möglichen, untereinander im Verhältnis ganzzahliger Vielfacher einer Grundzahl stehenden Größen gestellt.
Diese Wahl kann mit voller Sicherheit nur dann getroffen werden, wenn man die Molekulargewichte (s. d.) aller oder doch einer größern Anzahl der Verbindungen des Elements kennt, dessen Atomgewicht zu bestimmen ist. Selbstverständlich müssen die Molekulargewichte auf dieselbe Einheit (Wasserstoffatomgewicht = 1) bezogen sein wie die Atomgewicht. Da das Molekül einer Verbindung von jedem Element mindestens ein Atom, oder (wenn mehr) eine ganze Anzahl von Atomen enthält, so ist das Atomgewicht eines Elements die kleinste Menge desselben, die in den Molekulargewichten aller seiner Verbindungen vorkommt, wenn alle größeren Mengen ganzzahlige Vielfache dieser kleinsten sind.
Der Atomgewichtsbestimmung bei einem Element hat also, wenn sie sicher sein soll, die Ermittelung der Molekulargewichte seiner Verbindungen vorauszugehen. Dies ist nun bisher nicht in allen Fällen möglich gewesen, doch haben sich einzelne Beziehungen zwischen dem der Elemente und andern meßbaren Eigenschaften derselben ergeben, die sich als Hilfsmittel für die Atomgewichtsbestimmung verwenden lassen, wie namentlich die Atomwärme (s. Dulong-Petitsches Gesetz) und der Isomorphismus (s. d.).
Über die jetzt geltenden, meist wahren der Elemente s. die Einzelartikel. (S. auch Periodisches System der chemischen Elemente.)