[* ] in der griech. Mythologie Sohn des Titanen Iapetos und der Klymene, Bruder des Menötios, Prometheus und Epimetheus.
Er heißt bei Homer »der Unheilsinnende, der des ganzen Meers Tiefen kennt und die großen Säulen unter
Aufsicht hat, welche Erde und Himmel auseinander halten«. Bei Hesiod hält er, von Zeus gezwungen (nach späterer Sage zur Strafe
für seine Beteiligung am Titanenkampf), stehend den breiten Himmel auf dem Haupt und den unermüdlichen Händen, am westlichen
Ende der Erde, wo Tag und Nacht sich begegnen, in der Nähe der Hesperiden.
Von der Okeanide Pleione ist er Vater der Plejaden und von Äthra der Hyaden; bei Homer heißt auch die Nymphe Kalypso seine Tochter,
und die Spätern lassen von ihm und der Hesperis die Hesperiden stammen. Zu ihm flüchtet Amphitrite vor Poseidon. Mit der erweiterten
Kenntnis des Westens versetzten die Griechen, anknüpfend an einheimische Sagen von einem himmeltragenden
Berg, den Sitz des Atlas an das gleichnamige Gebirge in Afrika; spätere Vorstellung machte ihn zum herdenreichen König und Besitzer
der Hesperidengärten und ließ ihn wegen seiner Ungastlichkeit von Perseus durch den Anblick des Medusenhaupts zum Gebirge
versteinern. Auch Herakles kam zum Atlas und nahm ihm, wie eins der Metopenreliefs vom Zeustempel in Olympia
zeigt, einen Augenblick die Himmelslast ab. Auf Bildwerken erscheint er den Himmel oder, als die Vorstellung von der Kugelgestalt
der Erde aufkam, diese Kugel tragend. Unter den plastischen Darstellungen dieser Art ist der Farnesische der
bekannteste.
Atlas (Mehrzahl: Atlanten) ist auch die allgemein gebräuchlich gewordene Benennung einer Sammlung von Himmels-, Land- oder Seekarten,
von Städtegrundrissen, Kupferstichen, anatomischen, chirurgischen, pathologischen, technischen Abbildungen etc.
Dieselbe wurde zuerst von Mercator im 16. Jahrh. für seine Landkartensammlung gebraucht, auf deren Titel Atlas als Träger der
Himmelskugel abgebildet war (s. Landkarten). - In der Baukunst heißen Atlanten herkulische Männergestalten,
welche an Gebäuden anstatt der Säulen oder Pilaster zum Tragen der Vorsprünge, Gesimse etc. oder des Gebälks angebracht
sind (vgl. Karyatiden).
Bei den Griechen zieht der kräftigere und ernstere dorische Stil diese Atlanten oder Telamonen (»Träger«) den weiblichen Karyatiden
vor, welche der ionische Stil liebt. Anwendung fanden sie wohl zuerst in den Hypäthraltempeln (s. d.).
Auch die römische Baukunst, die Renaissance und Barockzeit und die moderne Architektur wenden die Atlanten in Gestalt von ganzen
und halben Figuren, z. B. als Träger von Balkonen, in oft veränderter, ja verunstalteter Form an. - In der
Anatomie heißt der erste Halswirbel, s. Wirbel und Tafel »Skelett II«.
[* ] das Gebirgssystem des nordwestlichen Afrika (s. Karte »Algerien etc.«),
bildete die schon von Homer und Herodot
erwähnte westlichste Grenze der den Alten bekannten Erde. Bei der mächtigen, schroffen Erhebung seiner schneebedeckten Gipfel
über verhältnismäßig schmaler Basis erschien der den Schiffern des westlichen Ozeans als massige, hohe
Säule, welche die Feste des Himmels trug. Die Sagen von Perseus und Herakles knüpfen schon an ihn an; aber bis in die Römerzeit
reichen die Erzählungen, die Fabelhaftes mit Wahrem vermischen.
Den arabischen Geographen schien der gebirgige Nordwestvorsprung Afrikas als eine von den Fluten des Mittelländischen
Meers und des Atlantischen Ozeans
im N., von den Ebenen der Wüste im S. umschlossene und von der übrigen Welt abgeschiedene
Insel, die sich dem andalusischen Gebirgsland Al Garb gegenüber erhebt, als der äußerste Westen (Magreb el Aksa); anderseits
aber haben die arabischen Geographen den Begriff des Atlasgebirges unnatürlich nach O. hinaus erweitert.
Nach heutigem Begriff reicht das Atlassystem vom Kap Nun in Marokko bis zum Kap Bon in Tunis. Die durch das ganze Atlassystem auf
eine Länge von fast 2200 km herrschende Richtung ist die aus SW. nach NO., welche im weitern Verlauf in
die aus WSW. nach ONO. übergeht. Was die geologische Beschaffenheit angeht, so tritt das kristallinische Gebirge nur am Nord-
und Südrand und vereinzelt inselförmig im Innern auf. Die wesentlichsten Bildungsglieder des Atlas sind die silurische
und devonische Formation, Jura, Kreide, Nummulitengebirge und die jüngere Tertiärformation.
Der Atlas ist reich an Mineralprodukten, die indessen noch wenig ausgebeutet werden; man gewinnt
Eisen, Blei, Kupfer, Steinsalz und Marmor. Die höchsten Gipfel des Atlas, namentlich in Marokko, sind im Winter mit Schnee bedeckt;
doch reicht keiner bis an die Grenze des ewigen Schnees heran. Eigentliche Gletscherbildung fehlt, Hooker hat aber 1871 alte
Moränen und Zeichen der Eiszeit im marokkanischen Atlas nachgewiesen. Die Bezeichnung »hoher,
großer, kleiner Atlas« ist eine von den Franzosen in Umlauf gebrachte, der keinerlei thatsächliche Verhältnisse entsprechen.
Die Bewohner des Atlas nennen das Gebirge Idrar-n-Deren. Die Hauptkette des Atlas hebt in Marokko an und bildet einen über 50 km
langen, ununterbrochenen Rücken von 3650 m Höhe, aus dem 4-5 isolierte Piks noch 150-240 m über das Kammniveau
emporragen, so daß man den Kulminationspunkt des Atlas auf höchstens 3900 m veranschlagen kann. Das Gebirge erhebt sich rasch
über die reichbewässerten und angebauten Vorstufen von Fes, Mekines und Marokko, so daß man nirgends
mehr als drei Tagereisen braucht, um vom nördlichen Gebirgsfuß durch felsige Schluchtenthäler zu den Pässen hinauf und
über steile Meeresklippen jenseits hinab zu den Steppen der Sahara zu gelangen.
Ja, von Marokko nach Tarudant im S. beträgt die ganze Breite des Gebirges nur 30 km, und man braucht bloß
3¼ Stunden zum Ersteigen des Passes von etwa 1100-1500 m Höhe über dem Gebirgsfuß. Der bedeutendste Gebirgsstock des Atlas ist
der Dschebel Aischin, der die dreifache Wasserscheide zwischen Mittelmeer, Atlantischem Ozean und Saharagebiet bildet. Östlich
davon geht der in ein bis 170 km breites Hochplateau über, dessen Nordgrenze nicht scharf markiert ist,
dessen Südgrenze aber der Dschebel Amur und Dschebel Aurês bezeichnen.
Alle Pässe (als solche sind besonders zu nennen: der Paß Bidauan, Tisint el Rint) sollen den Charakter von leicht zu verteidigenden
Steilklüften tragen;
doch sind sie zum Teil länger, da gegen NO. das Gebirge durch Auftreten paralleler
Ketten und Plateaubildungen breiter wird.
Diese Plateaubildungen gehen allmählich in eine vollständige Hochebene über, deren
Ränder fast ununterbrochen mit Randgebirgen oder einzelnen Bergen besetzt sind, während das Innere sich kesselförmig senkt
und die Bildung beträchtlicher Hochlandseen, wie der Sebcha Tigri und des Schott el Gharbi, befördert. Hier schließt sich
nun nach O. zu der algerische Atlas an, der weit besser als der marokkanische bekannt ist. In Algerien steigt das Gebirge hinter
Blida steil in die Höhe, einen pittoresken Anblick gewährend. Seiner Form nach an den Harz erinnernd, unterscheidet es sich
von diesem durch
mehr
einen fortlaufenden Rücken, auf welchem sich keine kegelförmigen Gipfel erheben. Die mittlere Kammhöhe des Atlas beträgt
1200-1500 m. Die Hauptkette wird im S. von einer ca. 2000 m hohen Nebenkette, dem Antiatlas, begleitet. Die meisten der oft
sehr romantischen Thäler sind wohlangebaut. Die höhern Bergstufen tragen Gehölze von immergrünen Eichen,
weiter unten wächst der wilde Ölbaum in Menge. Charakteristisch für die Vegetation sind aber besonders die Kakteen.
Der Vegetationsreichtum und die Schneebedeckung im Winter geben vielen Quellen und Bächen ihren Ursprung. Wenn auch nicht wenige
zur trocknen Zeit versiegen, so besitzt das Atlasland doch zahlreiche ausdauernde Flußläufe, welche Fruchtbarkeit über
das Gebirge und die Niederungen verbreiten; das so bewässerte fruchtbare Land heißt Tell (s. d.). Eine besondere Eigentümlichkeit
des östlichen (algerischen und tunesischen) Atlas sind muldenförmige Einsenkungen, die sogen.
Schotts (s. d.), welche zur Regenzeit Salzseen gleichen, im Sommer aber bis auf kleine Wasserlachen austrocknen und infolge der
zurückbleibenden Salzkruste Schneeflächen ähnlich sehen. Die Region der Schotts zieht sich bis in die
Nähe des Golfs von Gabes.
Vgl. M. Wagner, Reise in der Regentschaft Algier (Leipz. 1841);
Rohlfs, Reise durch Marokko (2. Aufl., Brem.
1869);
Hooker und Ball, Journal of a tour in Marocco and the Great Atlas (Lond. 1879);
(franz. Satin), geköpertes Gewebe, bei welchem die Fadenkreuzungen (Bindungen) nicht, wie beim eigentlichen Köper,
aneinander stoßen und schräg über den Stoff fortlaufende Linien bilden, sondern, wie in nebenstehender
[* ]
Figur an den schwarzen
Punkten sichtbar, zerstreut angebracht, auch in geringerer Zahl vorhanden sind und dadurch versteckt
werden. Der Kettenfaden geht flott über mehrere Einschußfäden, unterfährt dann einen einzigen Einschußfaden (Bindung)
und erscheint sofort wieder auf der Oberfläche, um abermals mehrere Einschußfäden zu übergreifen.
Hierdurch erhält das Gewebe das Ansehen, als bestehe es nur aus den Kettenfäden, und da letztere in Einer Ebene und flott
liegen, so erhält es einen großen Glanz. Man unterscheidet vier- bis neun- und mehrbindigen (-schäftigen,
-teiligen, -fädigen) Atlas, je nach der Zahl der überfahrenen Einschußfäden, zu welchen der eine unterfahrene
hinzugerechnet wird. Gewöhnliche Seiden-, Leinen-, Woll- und Baumwollstoffe sind in der Regel fünfbindig, seidene Kleiderstoffe
achtbindig.
Unter Atlas im engern Sinn versteht man nur seidenes Gewebe, welches in sehr verschiedener Schwere vorkommt.
Je leichter es ist, um so stärker wird es gummiert (appretiert); die schwereren haben ohnehin Glanz genug und bedürfen keiner
Appretur; sie rollen sich an den Enden von selbst auf und heißen daher Rollatlas. Früher kam der schönste Atlas unter
dem Namen Acetuni aus Italien, jetzt wird er von gleicher Güte in Frankreich (Lyon), Deutschland (Berlin, Wien, Frankenberg, Annaberg,
Elberfeld, Krefeld) und England fabriziert. Türkischer Atlas ist mit seidenen Streifen durchwebtes Baumwollzeug; Brüggescher Atlas zu
Möbelüberzügen und Tapeten hat eine Kette von Seide und einen Schuß von Wolle; Atlasbrokat ist dichtes,
schweres Wollenzeug mit erhabenen Dessins und auf Atlasart appretiert. Atlasbindung kommt auch bei Drell, englischem Leder,
Lasting etc. vor.
(frz. u. engl. satin).
Obschon man bei dem Worte zunächst an hochglänzende Seidenzeuge zu denken pflegt, so ist der Name doch
viel umfassender, indem aus jedem Spinnstoff atlasartige Gewebe hergestellt werden, und nicht der Stoff, sondern die Art
der Fädenverbindung den A. ausmacht. Das Gewebe ist eine Art Köper, unterscheidet sich aber von diesem darin, daß die
Bindungen oder Fadenkreuzungen bei ihm nicht aneinander stoßen und schräglaufende Linien bilden, sondern
sie sind zerstreut und in geringerer Zahl vorhanden als beim Köper, übrigens auch fast ganz verdeckt.
Der Glanz des A. entsteht nun dadurch, daß die Kettfäden, zu welchen das feinste, wenig gedrehte Material genommen wird,
immer mehrere Einschußfäden auf der Rechtseite übergreifen, dann einen einzelnen unterfahren und wieder
auf der Oberfläche erscheinen. Die Fläche besteht demnach fast ausschließlich aus den offen (flott) liegenden glänzenden
Kettfäden. Die Zahl der überdeckten Kettfäden mit Hinzurechnung des einen unterfahrenen macht eine Bindung aus, und es
unterscheidet der Weber hiernach 4-9- und noch mehrbündigen oder -schäftigen A. Jede Nummer erfordert
ebensoviel Züge oder Tritte am Webstuhl. Am gewöhnlichsten ist die 5bündige Schnürung für Seiden-, Leinen-, Woll- und
Baumwollstoffe, die 8bündige für seidene Kleider- und Westenstoffe; mehrschäftiger A. wird auf dem Jacquardstuhl in Verbindung
mit andern Schnürungen zur Erzeugung von Mustern und andern Effekten gewebt. Außer den ganzseidenen
gibt es halbseidene, leinene und Wollatlasse. Drells, englisches Leder, Lasting, Sergen u. s. w. haben ebenfalls Atlasbindung.
- Die A. kommen in den verschiedensten Graden von schwer und leicht vor, von dem schwersten und teuersten Roben- und Möbelstoff
bis zum leichtesten Futteratlas. Je leichter sie sind, desto stärker pflegt man, sie zu appretieren
(gummieren); die besten Sorten, die an sich schon Glanz genug haben, bleiben ohne Appretur und heißen, weil sie sich an
den Enden von selbst aufrollen, Rollatlas.
Die schönsten glatten Seidenatlasse lieferte früher Italien; jetzt werden sie in gleicher Güte
auch in Deutschland, Frankreich
und England erzeugt. In der französischen Fabrikation steht Lyon obenan. In Deutschland werden A. in
Wien, Berlin, Annaberg, Frankenberg, Elberfeld, Krefeld u. s. w. gefertigt. Für Österreich
ist Wien Hauptfabrikationsort. Türkischer A. ist Baumwollenzeug mit seidenen Streifen durchwebt; Brüggescher A. hat eine
Kette von Seide und einen Schuß von Wolle, dient zu Tapeten und Möbelüberzügen; Atlas-Brokat ist dichtes
schweres Wollenzeug mit Atlasgrund und
[* ]
Figurschuß mit Gold- od. Silberfäden. Verzollung: Baumwollener A. Tarif im Anh. Nr. 2 d 2 oder
3;
2926 m. Gipfel in der Sardonagruppe, im Siegfriedatlas nicht benannt;
1 km s. vom Piz Segnes.
Er besteht aus schiefrigem Verrukano, der auf Eozänschiefern ruht und in steilen Felswänden nach W.
gegen den obern Teil des Segnesthales, nach O. zum Segnesgletscher abstürzt.
[* ] (Mehrz. Atlanten), nach Mercators Vorgange (1595) die Bezeichnung für Sammlungen von Land- und Himmelskarten, auf
deren Titel früher die mytholog.
[* ]
Figur des Atlas (s. d.) als Trägers der Himmelskugel abgebildet wurde (s. Landkarten).
Später
übertrug man den Namen Atlas auch auf Sammlungen beliebiger Abbildungen, wie von Kupferstichen, anatomischen
u. a. Abbildungen.
(frz. und engl. satin), ein köperartiges Gewebe,
bei dem die aus feinem Material bestehende Kette größtenteils obenauf liegt, indem die durch mehrere Einschlagfäden getrennten
Bindungen derselben von den sich ausbreitenden Kettenfäden so
vollständig gedeckt sind, daß eine vollkommen gleichmäßig
erscheinende glatte und glänzende Fläche gebildet wird. Bei dem schönsten Atlas liegt die Bindung jedes
Kettenfadens möglichst genau in der Mitte zwischen den Bindungen der nächstliegenden Fäden. Da bei allen atlasartigen Geweben
ausschließlich die rechte Seite von Bedeutung ist, auf der nur die Kettenfäden sichtbar sind, wird häufig mit seidener
Kette ein Einschlag aus geringerm Material, meist Baumwolle, verarbeitet. So besteht eine Art chinesischer
Atlas aus seidener Kette mit leinenem Einschlag.
Demnach ist Atlas nicht eine einzige, bestimmte Art von Stoff, sondern eine ganze, durch ihre eigentümliche Herstellungsweise
charakterisierte Gruppe von Geweben, und je nach dem Material hat man Seiden-, Baumwoll-, Leinen- und auch Wollatlas in
verschiedenen Bindungsarten, ferner gemischten Atlas. Wird das Wort Atlas jedoch ohne jede nähere Bezeichnung
gebraucht, so versteht man darunter immer nur die betreffenden stark glänzenden Seidenzeuge. Die Atlas kommen ferner
in den verschiedensten Graden der Feinheit vor, von den schwersten und teuersten Kleider- und Möbelstoffen bis zum leichtesten
Futteratlas. Je leichter die Ware ist, desto stärker pflegt man sie zu appretieren (gummieren); die
besten Sorten, die an sich schon Glanz genug haben, bleiben ohne Appretur und heißen, weil sie sich, wie z. B. jeder Seidenatlas,
an den Rändern selbst aufrollen, Rollatlas.
Die schönsten, glättesten Seidenatlasse lieferte früher Italien; jetzt werden sie in gleicher Güte
auch in Deutschland (Krefeld, Elberfeld u.s.w.), sowie auch in Frankreich (z. B. Lyon) und England erzeugt. Für Österreich ist
Wien Hauptfabrikationsort. Türkischer Atlas ist Baumwollgewebe, mit seidenen Streifen durchwebt. Brüggescher Atlas hat eine Kette
von Seide und einen Schuß von Wolle, er dient zu Tapeten und Möbelüberzügen. Atlasbrokat ist dichtes
schweres Wollzeug mit Atlasgrund und
[* ]
Figurenschuß in Gold- und Silberfäden. Die deutschen Seidenatlasse liegen meist 54–60
cm breit.
[* ] Gebirgssystem Nordwestafrikas, in 2300 km Länge von SW. nach NO. Marokko, Algerien und Tunesien durchziehend. Das
schon den Alten unter demselben Namen bekannte Gebirge ist wegen der Feindseligkeit der in ihm wohnenden
Berberstämme bis jetzt noch sehr mangelhaft erforscht. Es ist ein Kettengebirge von keineswegs einfachem Verlaufe. In Marokko,
hier berberisch Idrâr-Nderen, kabylisch Idrassen oder Dschebel Drann (Dyrin des Strabo) genannt, kann man drei Parallelketten
unterscheiden: die mittlere und Hauptkette, der Hohe Atlas, beginnt am Kap Ghir an der atlantischen Küste
und zieht, das Land in eine Nord- und Südhälfte teilend, mit einer ziemlich gleichmäßigen Kammhöhe von etwa 3960 m nordostwärts
bis 32°30’ nördl. Br., wo er sich in einen nordnordostwärts und einen ostwärts ziehenden Ast teilt, zwischen dem die
Hochebene der Schotts liegt.
Der höchste Punkt dieser Kette ist der Dschebel Ajaschi (4500 m) fast am Ende der ungeteilten Kette. Südlich
von dieser Hauptkette zieht, durch ein Längsthal von ihr getrennt und parallel mit ihr, der Anti-Atlas, der unter 29° nördl.
Br. die atlantische Küste erreicht und bei Isgeder bis etwa 3000 m Höhe ansteigt. Die nördl. Parallelkette
beginnt erst ungefähr in der Mitte der Hauptkette und vereinigt sich im N. mit dem nördlich ziehenden Zweige der Hauptkette,
mehr
die die Verbindung mit dem auch zum Atlassystem gehörenden, aber westöstlich streichenden Er-Rif (d. h. Küstengebirge) an der
Mittelmeerküste bildet.
Der mittlere Teil des in Algerien besteht aus zwei südwestlich-nordöstlich streichenden Ketten, den Fortsetzungen jener Zweige,
in die sich die marokk. Hauptkette geteilt hat; zwischen beiden liegt die Hochebene der Schotts oder Salzsümpfe
(etwa 1000 m), die mehr als 900 km weit Algerien durchzieht. Die zahlreich über das Plateau zerstreuten Schotts sieht man,
ebenso wie die großen Schotts im W. des Golfs von Gabes, als Reste eines ehemals sich hierher erstreckenden Meeresarms an;
jetzt ist die Hochebene mit dichten Beständen von Halfa, Artemisia und Thymian bedeckt und enthält Weiden
für zahllose Schafe und Kamele.
Das nördl. Randgebirge, das Tell oder der Kleine Atlas im Gegensatz zum Großen am südl. Rande, im Dschebel Dschurdschura 2317 m
hoch, wird von einigen Flüssen der Hochebene durchbrochen und durch die von ihnen durchfl offenen Längsthäler
in elf, oft bestimmt voneinander getrennte Gruppen geteilt: das Udscha- und Hadadagebirge zwischen den Flüssen Muluja und
Tafna;
das Tessalagebirge zwischen Tafna und Sig;
das Gebirge von Tlemsen zwischen marokk.
Grenze und oberm Sig;
das Saidagebirge
zwischen Sig und Mina;
der Dschebel Wanscherisch zwischen Mina und dem Scheliff;
das Gebirge von Algier zwischen
dem Scheliff und der Küste mit der fruchtbaren Metidscha-Ebene;
der Dschurdschura zwischen Isser und Sabel;
das Dirah-Uannughagebirge
südlich vom Dschurdschura;
das Setifgebirge zwischen Sahel und dem Fluß von Constantine;
das Numidische Gebirge zwischen
dem Constantinefluß und Seybouse;
das Afrikanische Gebirge zwischen Medscherda und der Küste von Tunesien.
Der Abfall zur Mittelmeerküste ist wie im Rif ein steiler, und nur von wenigen Punkten aus kann man in das Innere eindringen.
Das südl. Randgebirge, der Große oder Saharische Atlas, ist eine 150 km breite Zone unter sich paralleler Ketten, die im Scheliah
bis 2328 m ansteigen. Der innere Abhang ist mit reicher Vegetation bedeckt, während der äußere nur
steile nackte Felsen zeigt, schmale Schluchten führen vom Plateau in die Wüste hinab und sind jetzt von den Franzosen gegen
die Einfälle der Wüstenstämme durch Forts geschützt. Tunesien wird von den östl. Ausläufern des Atlas durchzogen, die, nach
W. an Höhe abnehmend, in vielen kleinen Zügen das Land durchziehen.
Silurisches und devonisches Ubergangsgebirge, ihrem Alter nach unbestimmte Dolomite, Jura und Kreide, Nummulitenkalk und jüngere
Tertiärgebirge setzen den Atlas zusammen. Krystallinisches Gestein tritt an zahlreichen Küstenpunkten des Mittelmeers und in
einzelnen elliptischen Massen im Innern auf. Die wenig aufgeschlossenen, aber zahlreich vorhandenen Mineralprodukte
sind Kupfer, Eisen, Blei, Steinsalz, Kalk, Marmor u. s. w. Firn- und Gletscherbildung fehlt im A. vollständig.
Auf den höchsten Gipfeln bleibt der Schnee nur einen großen Teil des Jahres liegen, und selbst auf dem Miltsin (3476 m)
schmilzt der Schnee, wenn auch nur in 20 Jahren einmal, vollständig. Der Nordabhang ist im Winter oft
wochenlang ganz mit Schnee bedeckt.
Die Bewohner des Gebirges, wahrscheinlich bereits vor dem Eindringen der Vandalen und Araber schon im Besitz des Landes, sind
Berber, die in den unzugänglichen Teilen des Gebirges noch nicht unterjocht sind. Im westlichen Atlas
sind es Schilluh, die feste
Wohnsitze haben, die fruchtbaren Thäler bebauen und einige Industrie betreiben; im östlichen Masigh, die in Zelten und Höhlen
wohnen und hauptsächlich Viehzüchter sind. (S. die Karten: Marokko und Algerien und Tunesien.)
Vgl. Schnell, Das marokk.
Atlasgebirge (im Ergänzungsheft 103 zu Petermanns «Mitteilungen»),
in der griech. Mythologie der Träger des Himmels, Sohn des Titanen Japetos und der Klymene
und Bruder des Menoitios, Prometheus und Epimetheus, Gemahl der Pleione, Tochter des Okeanos, die ihm auf dem Kyllenegebirge
in Arkadien die Plejaden gebar; nach einigen war er auch Vater der Hyaden und nach Diodorus durch Hesperis
Vater der Hesperiden. Atlas ist offenbar ein Bild der den Himmel scheinbar tragenden Berge. Zu dieser Auffassung stimmt der Umstand,
daß er hauptsächlich in Arkadien, wo der Himmel auf den Bergen zu ruhen scheint, lokalisiert wird.
Schon früh findet sich die Ansicht, es sei Atlas als Strafe auferlegt worden, den Himmel zu tragen. Als sein
Vergehen betrachtete man später die Teilnahme am Kampfe der Titanen gegen die Götter. Dargestellt und erwähnt wird Atlas besonders
im Zusammenhang mit dem Hesperidenabenteuer des Herakles (s. d. und Hesperiden),
und zwar tritt er entweder auf, wie er die für Herakles, der inzwischen die Himmelskugel auf die Schultern
genommen hat, herbeigeholten Äpfel diesem darbietet, oder er erscheint allein, die mit Sternbildern verzierte Himmelskugel
mit aller Anstrengung auf den Schultern emporhaltend. Nach der die Mythen rationalistisch umdeutenden Erzählung späterer
Schriftsteller galt Atlas endlich als ein durch genaue Kenntnis der Gestirne ausgezeichneter König, der die erste Himmelskugel
verfertigt haben sollte, eine Vorstellung, an die der moderne Gebrauch des Wortes anknüpft.