Athletik
(v. griech. athlos, »Wettkampf«),
die
Kunst der Athleten, d. h.
Ringer und Wettkämpfer, oft identifiziert mit
Gymnastik, doch im strengen
Sinn das handwerksmäßige, auf Geldgewinn durch Wettkämpfe abzielende Betreiben der gymnastischen
Kunst. Bezog sich demnach
die zuerst bei den Griechen aufgekommene
Athletik
auf das ganze Gebiet der
Gymnastik (s. d.), so geht doch aus der gegebenen
Definition
hervor, daß die bei letzterer maßgebende Rücksicht auf die gleichmäßige
Ausbildung des ganzen
Körpers
bei ihr zurücktrat und dem
Streben nach Virtuosität in einer oder einzelnen Leistungen Platz machte.
Insofern zeigt die Athletik
die
Ausartung der
Gymnastik, aus der sie ursprünglich hervorgegangen, und mit der sie noch jahrhundertelang
zusammen bestand, von den Einsichtigen ebenso getadelt und gering geschätzt, wie die
Gymnastik gepriesen. Nicht mit
Unrecht; denn während die letztere
Körper und
Geist in gleicher
Weise belebte und stärkte, erstickte, wie
Platon sagt, die
Athletik
die Wißbegierde, machte stumpfsinnig und war, da sie oft schon im Knabenalter betrieben wurde, der
Entwickelung der Gestalt
und dem gleichmäßigen Wachstum nachteilig.
Die der Athletik
vorzugsweise eignen
Kämpfe,
Pygme
[* 3] (s. d.) und
Pankration (s. d.), erforderten eine gewaltige
Muskelkraft und Körperschwere; beides wurde durch eine strenge, vom
Aleipten (s. d.) angeordnete
Diät und durch langes
Schlafen
erreicht. Die
Masse von Lebensmitteln, welche die Athleten ihrem
Körper zuführten, war enorm, so daß von dem Athleten Astydamas
erzählt wird, er habe einst ein für neun
Personen hergerichtetes opulentes
Mahl ganz allein verspeist.
Dem entsprechend waren auch die Leistungen, welche von ihnen vielfach erzählt werden. Polydamas aus Thessalien soll einen Löwen [* 4] mit bloßen Händen erwürgt haben; derselbe, wie auch ein gewisser Keras aus Argos, soll den stärksten Stier so lange an einer Hinterklaue festgehalten haben, bis derselbe sich schließlich mit Gewalt losriß und die Klaue [* 5] in der Hand [* 6] des Athleten zurückließ. Trotz dieser außerordentlichen Körperkraft aber waren die Athleten Krankheiten leicht unterworfen; ihre gewaltige Fleischmasse machte ihnen die Hitze unerträglich, und wegen jeglichen Mangels an Fett waren sie nicht minder empfindlich gegen die Kälte.
Die
Lehrer der Athleten hießen
Gymnasten. Nachdem sie bei diesen die nötige Geschicklichkeit erlangt,
ihre
Muskeln
[* 7] durch schwere Kraftübungen gestärkt hatten, zogen sie zu den Wettkämpfen bei den
Spielen der
Nation wie der
einzelnen
Staaten und erwarben sich dadurch oft erhebliche
Summen. Hatte jemand bis zum 35. Jahr, in welchem man
den Gipfel der
Kraft
[* 8] erlangt zu haben glaubte, keinen
Sieg errungen, so verließ er seinen
Beruf, um
Lehrer der Athletik
oder
Gymnastik
zu werden, wozu sich auch vielfach ausgediente Athleten wandten.
Trotz der Verkehrtheiten, welche die Athletik
dem unbefangenen
Blick zeigte, war dieselbe bei der großen
Menge der Griechen hoch
angesehen; glaubte man doch in ihr die Fortführung einer altehrwürdigen
Tradition und in ihren
Jüngern die rühmlichen Nachfolger
eines
Herakles
[* 9] und
Theseus zu sehen. Bemerkenswert jedoch ist, daß
Sparta, eben weil es vorzugsweise die kriegerische Tüchtigkeit
in seinen
Söhnen auszubilden suchte, in richtiger Beurteilung der Athletik
derselben in seine Palästren
und Gymnasien keinen Eingang gewährte und demnach in den spezifisch athletischen
Kämpfen, der
Pygme und dem
Pankration, keine
Olympiasieger aufzuweisen hatte. Von den Griechen kam die Athletik
nach
Rom,
[* 10] wo nach
Livius die ersten Athleten 186
v. Chr. auftraten.
Zur Zeit der
Kaiser, unter denen die Athleten viele Vorrechte genossen und förmliche
Zünfte bildeten,
gehörten ihre
Vorstellungen zu den üblichsten Volksbelustigungen, bis das zur Macht gelangende
Christentum der Athletik
im
Altertum
ein Ende machte. Ein Überbleibsel der alten Athletik
scheint in
England das jetzt noch eifrig
¶
mehr
geübte Boxen (s. d.) zu sein. Sonst kommen eigentliche Athleten nur noch einzeln auf Volksfesten, Messen und Jahrmärkten vor, wo sie sich meist in Ringkämpfen produzieren. Auch das Heben und Tragen schwerer Gewichte etc. gehört zum Handwerk solcher Athleten. - Bei der Schwierigkeit, die von der Gymnastik zu trennen, lassen sich auch nicht viele Bildwerke aus dem griechisch-römischen Altertum, welche Athleten darstellen, mit Sicherheit nachweisen. Eine Ausnahme macht das in den Caracalla-Thermen zu Rom gefundene, jetzt im Lateran daselbst befindliche Mosaik, welches unzweifelhaft Athleten mit massigen, stark aufgedunsenen Körperformen darstellt. Atheletenstatuen ^[richtig: Athletenstatuen] scheinen auch zu sein: der Apoxyomenos (s. d.), der Ringer mit dem Ölfläschchen (in Dresden [* 12] und im Palazzo Pitti zu Florenz), [* 13] der Diskoswerfer [* 14] (s. d.), der Faustkämpfer in Dresden und die Ringergruppe in Florenz.
Vgl. Gymnastik.