2)
Ludmilla, Tochter der vorigen und ebenfalls Schriftstellerin, geb. zu
Hamburg, zog nach dem
Tod ihres
Vaters (1842)
zu ihrem Oheim
Varnhagen von Ense nach
Berlin,
[* 7] mit dem sie die innigste
Freundschaft verband, und durch
den sie auch in freundschaftliche Beziehungen zu Assing v.
Humboldt und andern ausgezeichneten Männern kam.
Ihre ersten größern
Werke waren die
Biographien: »Gräfin
Elise von
Ahlefeldt« (Berl. 1857) und
»Sophie von
La Roche, die Freundin
Wielands« (das. 1859),
denen sich später die
Bücher: »Piero Cironi, ein Beitrag zur Geschichte der
Revolution in
Italien«
[* 8] (Leipz.
1867) und
»FürstHermannPückler-Muskau« (Hamb. 1868, 2 Bde.)
anschlossen. Nach dem
Tod ihres Oheims mit der Herausgabe seines
Nachlasses betraut, veröffentlichte sie zunächst die außerordentliches
Aufsehen erregenden
»BriefeAlexander v.
Humboldts an
Varnhagen von Ense« (1.-5. Aufl., Leipz. 1860), deren
Bekanntmachung sie als eine
Pflicht gegen die
Nation und die beiden Dahingeschiedenen bezeichnete, die ihr aber herbe Beurteilung
zuzogen.
Noch stärkere Mißbilligung erfuhren die nun folgenden Varnhagenschen
»Tagebücher« (Leipz. 1861-71, 14 Bde.),
obschon dieselben ohne
Zweifel ein wertvolles, wenn auch mit größter Vorsicht zu gebrauchendes geschichtliches
und kulturgeschichtliches
Material enthalten. Ein
Prozeß, welcher nach dem Erscheinen des 3. und 4.
Bandes zu
Berlin gegen die
Herausgeberin wegen
Verletzung derEhrfurcht vor dem König eingeleitet wurde, endete 1863 mit ihrer
Verurteilung zu acht
Monaten
Gefängnis; ein zweiter (nach Herausgabe des 5. und 6.
Bandes) zog ihr 1864 eine weitere
Verurteilung zu
zwei
Jahren Gefängnis zu. Assing hatte indessen bereits 1861 ihren Aufenthalt in
Florenz
[* 9] genommen und blieb daselbst auch, als
ihr die
Amnestie von 1866 die Rückkehr nach
Deutschland
[* 10] eröffnete. Sie verheiratete sich hier mit einem italienischen
Offizier,
Cavaliere Grimelli, von dem sie bald wieder geschieden ward, und starb geisteskrank daselbst.
Aus dem schier unerschöpflichen
NachlaßVarnhagens gab sie noch den »Briefwechsel zwischen
Varnhagen von Ense und Ölsner«
(Stuttg. 1865) sowie »Aus
Rahels Herzensleben,
Briefe und Tagebuchblätter« (Leipz. 1877),
Ludmilla, Schriftstellerin, geb. in Hamburg als Tochter des Arztes und der Rosa
Maria Assing. Nach dem Tode ihrer Eltern zog sie zu ihrem Oheim Varnhagen von Ense nach Berlin. Durch ihn machte sie die Bekanntschaft
von Humboldts, des Fürsten Pückler-Muskau und anderer bedeutender Männer. Ihre ersten Werke waren die Biographien «Gräfin
Elisa von Ahlefeldt» (1857) und «Sophie von Laroche» (1859). Von ihrem Oheim mit der Herausgabe seines
litterar.
Nachlasses beauftragt, veröffentlichte sie nach seinem Tode zunächst Band
[* 12] 8 und 9 seiner «Denkwürdigkeiten» (Lpz. 1859),
dann «BriefeAlexander von Humboldts an Varnhagen von Ense aus den J. 1827–58» (1. bis 5. Aufl., ebd. 1860). Schon dieses Werk
erregte großes Aufsehen und herbe Anfeindungen, noch mehr die «Tagebücher von K. AssingVarnhagen von Ense»
(Bd. 1–6, Lpz. 1861–62; Bd.
1–4, 2. Aufl. 1863), die ihr wegen Beleidigung von König und Königin u.s.w. 1863 (bezüglich Bd. 3 und
4) eine achtmonatige, 1864 (bezüglich Bd. 5 und 6) eine zweijährige
Gefängnisstrafe zuzogen. Sie entging der Urteilsvollstreckung durch die Flucht nach Florenz Herbst 1861. Hier
heiratete sie den ital. Lieutenant Cino Grimelli; doch wurde die Ehe bald getrennt.
Ludmilla Assing ward Anfang 1880 geisteskrank und starb in der Irrenanstalt (Manicomio SanBonifazio) zu Florenz In Italien
gab sie von Varnhagens «Tagebüchern» noch 8 Bde.
(Bd. 7 und 8, Zür. 1865; Bd.
9–14, Hamb. 1868–70) und dessen «Ausgewählte Schriften» (19 Bde., 3. Aufl.,
Lpz. 1871–76) heraus; ferner aus seinem Nachlasse, den sie in ihrem Testament der königl. Bibliothek zu Berlin vermachte,
noch eine größere Anzahl von Bänden, Briefe und Tagebücher seiner Zeitgenossen, litterar. und polit.
Klatsch, den er aufgezeichnet hatte (s. Varnhagen von Ense). Aus dem Nachlaß des Fürsten Pückler-Muskau, den ihr dieser
hinterließ, veröffentlichte sie: «Briefwechsel und Tagebücher des Fürsten Pückler-Muskau» (9 Bde.,
Hamb. und Berl. 1873–76);
auch schrieb sie dessen Biographie (2 Tle., Hamb. 1873; Berl. 1874).
Ihrem
ital. Aufenthalt entstammten: «Vita di Piero Cironi» (Prato 1865; auch deutsch, Lpz. 1865);
Rosa
Maria, Dichterin, geb. zu Düsseldorf, war Varnhagen von Enses Schwester.
Die Französische Revolution trieb die Familie nach Straßburg, der Heimat der Mutter, wo in dürftigen Verhältnissen aufwuchs. 1796 begab
sich die Familie nach Hamburg, wo Assing seit 1799 Erzieherin ward und 1815 den als Lyriker bekannten israel. ArztDavidAssing (eigentlich
Assur) aus Königsberg (geb. gest.
heiratete, der sich in Hamburg niederließ. Sie starb Ihr Gatte veröffentlichte «Rosa
Marias poet. Nachlaß» (Altona 1841), vorher in Zeitschriften gedruckte Gedichte und Erzählungen.