Aspern
,
[* 2] niederösterreich. Dorf, Wien [* 3] gegenüber, auf dem linken Donauufer, dicht an einem schmalen Arm der Donau gelegen, während das Dorf Eßling etwa 1200 Schritt vom Fluß entfernt ist. Beide Dörfer sind nur ½ Stunde voneinander entfernt: östlich und nördlich von diesen breitet sich das Marchfeld aus, das im W. vom Bisamberg begrenzt wird. Bei diesem stand seit die Armee des Erzherzogs Karl, welcher nach den unglücklichen Kämpfen bei Regensburg [* 4] sich auf dem Umweg über Böhmen [* 5] wieder nach der Donau zurückgezogen hatte, entschlossen, den strategisch wichtigen Punkt, wo sich die Straßen nach Böhmen, Mähren und Ungarn [* 6] vereinigen, gegen Napoleon zu verteidigen.
Die
Franzosen waren 13. Mai
Wien eingerückt und standen, etwa 90,000 Mann stark, auf dem rechten
Ufer der
Donau, welche
sie zu überschreiten entschlossen waren. Zum Übergangspunkt wählte
Napoleon diejenige
Stelle, wo, etwa eine
Meile unterhalb
Wien, die
Insel
Lobau von zwei
Armen der
Donau, deren nördlicher der schmälere ist, umschlossen wird. Am
Mittag des 20. Mai begannen
die
Franzosen den Übergang über den nördlichen Flußarm und besetzten die
Dörfer Aspern
und
Eßling; sie
hatten bis zum Nachmittag des 21. etwa 30,000 Mann auf das linke Donauufer geschafft und zwar so, daß
Masséna bei Aspern
,
Lannes
bei
Eßling und zwischen beiden die
Reiterei unter
Napoleon selbst standen, als
Erzherzog
Karl mit seiner ganzen
Armee (75,000
Mann) zum
Angriff auf die
Franzosen schritt, um sie über die
Donau zurückzuwerfen, die
Brücken
[* 7] zu zerstören
und die
Ufer des
Flusses mit zahlreicher
Artillerie zu besetzen.
Erst nach stundenlangem
Kampf in den
Straßen und in den
Häusern, und nachdem der französische Reiterangriff an der Kaltblütigkeit
der österreichischen
Infanterie gescheitert war, gelang es dem
Erzherzog
Karl, die
Franzosen aus Aspern
hinauszudrängen;
alle
Versuche derselben, das Dorf wieder zu nehmen, mißlangen. Dagegen scheiterten die
Angriffe der
Österreicher auf
Eßling,
in dessen
Besitz die
Franzosen blieben. In der
Nacht ließ
Napoleon, nachdem die von den Österreichern zerstörte Hauptbrücke
wiederhergestellt war, den größten Teil seines
Heers auf das linke
¶
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Donauufer übersetzen und begann am Morgen des 22. Mai von neuem den Kampf. Er hatte zum mindesten 60,000 Mann, Erzherzog Karl,
nach Abzug seiner Verluste, jedenfalls nicht mehr. Es handelte sich wieder um den Besitz der beiden Dörfer; die Österreicher
suchten Eßling, die Franzosen Aspern
zu erobern. Napoleon führte, während sein rechter Flügel Eßling verteidigte,
sein linker in Aspern
eindrang, seinen Hauptstoß im Zentrum. Die gewaltigen Angriffskolonnen des Marschalls Lannes drangen hier
vor und drohten das österreichische Zentrum zu durchbrechen.
Der Erzherzog stellte sich, die Fahne in der Hand,
[* 9] selbst an die Spitze der wankenden Bataillone, ließ die Grenadiere aus
ihrer Reservestellung vorrücken, und nun wurden die Franzosen zurückgedrängt. Eßling zu erobern, gelang aber auch jetzt
nicht; hier hielten sich die Franzosen mit der größten Hartnäckigkeit; doch wurden sie aus Aspern
wieder hinausgetrieben und
ihr Zentrum einem heftigen Artilleriefeuer ausgesetzt, welches auch dem Marschall Lannes das Leben kostete.
Napoleon konnte sich auf dem linken Donauufer nicht mehr halten und ließ den Rückzug nach der Insel Lobau in der Nacht durch Masséna anordnen, der ihn mit größter Kaltblütigkeit und Ausdauer so leitete, daß dem Feind wenige Trophäen zurückgelassen wurden. Die Verluste der Österreicher betrugen 24,000, die der Franzosen gegen 30,000 Mann. Nach seinem Bülletin wollte Napoleon den Feind völlig zurückgeschlagen, die Schlacht mitten im Sieg freiwillig abgebrochen und erst am 23. den Rückzug befohlen haben.
Aber die Wahrheit drang doch durch und rief in Paris [* 10] unruhige Bewegung, in Tirol [* 11] und Norddeutschland neue Hoffnungen und den Glauben an Preußens [* 12] Beitritt hervor. Den Sieg auszunutzen, rasch an das rechte Ufer überzugehen und die erschöpften Franzosen, bevor sie Verstärkungen erhielten, zu vernichten, wagte Erzherzog Karl bei der Erschöpfung der Truppen und dem Mangel an Munition nicht. Er blieb im Marchfeld stehen und begnügte sich mit dem Ruhm, den Nimbus der Unüberwindlichkeit Napoleons gewaltig erschüttert zu haben.
[* 2]
^[Abb.: Kärtchen zur Schlacht bei Aspern
(21. Mai 1809).]