Ashantee
,
Negerreich, s. Aschanti.
Ashantee
9 Wörter, 79 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Ashantee,
Negerreich, s. Aschanti.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Ashantee,
engl. Schreibweise für Aschanti. ^[= (Asante), ein Reich des Negerstammes A., mit etwa 27500 qkm Fläche, im N. der Goldküste in ...]
(Ashantee, As-janti), Negerreich in Guinea, im Innern der Goldküste, wird südlich von den unter britischer Oberheit stehenden Negerreichen Akkim und Assin, östlich vom Voltafluß, westlich vom Akba begrenzt, während die Grenze nach N. zu unbekannt ist (s. Karte »Guinea etc.«). [* 3] In früherer Zeit gehörten noch die sämtlichen an der Goldküste zwischen den Mündungen des Volta und Prah gelegenen Landschaften zu Aschanti, das jetzt aber durch die Engländer 130 km weit von der Küste zurückgedrängt worden ist. Aschanti im weitern Sinn mit seinen Tributärprovinzen umfaßt etwa 193,000 qkm (3500 QM.) mit 4,5 Mill. Einw., während für das eigentliche Reich wechselnd eine Einwohnerzahl von 1-2 Mill. angegeben wird.
Das Land ist vorwiegend eine fruchtbare, waldreiche Ebene, die gegen N. terrassenförmig aufsteigt. Die Adansigebirge im S. und Aduarikenniberge im N. sind von geringer Erhebung. Hauptflüsse sind der Prah oder Busemprah mit dem Ofim, der Tenda, Assini und der Volta. Der Boden des Landes ist meist leichter Lehm. Das Klima [* 4] ist gemäßigt und in den höhern Berggegenden sogar dem italienischen entsprechend. Zweimal im Jahr, Ende Mai und Ende Oktober, ist Regenzeit, in welcher häufige Gewitter mit Hagelschauern vorkommen.
Die nutzbarsten Bäume der Wälder sind Palmen, [* 5] Gummibäume, zwei Arten von Baumwollbäumen; daneben wird die Baumwollstaude kultiviert. Übrigens gedeihen hier fast alle tropischen Gewächse. Die Hauptnahrung gibt die Yamswurzel ab; Reis wird hin und wieder gebaut; verbreiteter ist die Pflege der Kürbisse. Das Tierreich trägt das Gepräge der tropischen westafrikanischen Fauna. Schlangen [* 6] kommen überall vor, von der kleinen Hausschlange bis zur Boa Constrictor.
Auch Elefanten werden gejagt. Pferde [* 7] kennt man fast gar nicht. Die Rinder [* 8] sind klein; die Schafe [* 9] dagegen zeichnen sich durch Größe aus, haben aber eine haarartige Wolle. Hunde [* 10] (die haarlosen und nicht bellenden Guineahunde) werden der Jagd wegen gehalten, und ihr Fleisch gehört zu den Lieblingsspeisen. Zahmes Geflügel, Hühner [* 11] und Perlhühner, gibt es in allen Ortschaften. Die Aschanti sind echte, kraushaarige Neger, welche das Odschi sprechen; sie sind namentlich im Teppichweben und in Goldarbeiten geschickt.
Das Land ist das eigentliche Goldland von Guinea und Gold [* 12] das einzige Geld, welches hier in kleinen Stangen von bestimmtem Gewicht im Umlauf ist. Die Prunkgefäße bestehen immer aus Gold, das gewöhnliche Geschirr aus Kupfer [* 13] oder Eisen. [* 14] Das Gold wird teils aus dem Sand und dem Lehmboden der Flüsse [* 15] ausgewaschen, teils aus Gruben in den südlichen Provinzen Dadiassie und Inguanta gewonnen, und der Reichtum verbreitet einen Luxus, den man in einem Negerland nicht vermuten sollte. Der Handel in Aschanti hat eine große Ausdehnung [* 16] gewonnen, wirkt belebend auf das Volk und fördert die Ordnung. In den vom Handel durchzogenen Ortschaften befinden sich Niederlagen mit Waren aus den englischen Faktoreien an der Küste; zugleich hat sich ein sehr merkwürdiges Kreditsystem entwickelt. Da es an Lasttieren fehlt, wird der Warentransport durch Trägerkarawanen besorgt. Hauptstadt des Reichs und Residenz des Königs ist Kumassi (s. d.).
Die Verfassung von Aschanti kann man eine monarchisch-aristokratische nennen, indem der König von ¶
einer Art Reichsversammlung der Vornehmen umgeben ist, ohne deren Rat in Krieg und Frieden keine wichtige Entscheidung erfolgt. Die Großen, die man mit einem korrumpierten portugiesischen Wort Cabosir nennt, beanspruchen auch einen Anteil an den Tributen, und mehr als einmal haben sie einen König entthront. Überhaupt bildet das Aschantireich nicht sowohl einen kompakten Staat als einen Komplex von mehr oder weniger selbständigen Landschaften, die zum Herrscher in Kumassi nur in einem feudalen Verhältnis stehen und zum Teil neben eignen Fürsten auch ihre eignen Verfassungen beibehalten haben, auch vorzugsweise nur zu Tribut und zur Heeresfolge verpflichtet sind.
Doch hat der König die Macht, einem gefährlichen Großen den Befehl zu schicken, daß er sich das Leben nehme. Auch ist er der gesetzliche Erbe aller seiner Unterthanen, succediert jedoch nur in ihren Besitz an Gold, während die Sklaven, das Vieh und die Ländereien der Familie verbleiben. Die bei den Aschanti wie bei allen Guineavölkern gebräuchliche Vielweiberei erscheint bei dem König auf die höchste Spitze getrieben; derselbe hat 3333 Weiber, welche Zahl beständig voll erhalten wird, da sie eine mystische Bedeutung hat.
Eine dieser Frauen ist Königin, doch succediert nicht der Sohn einer solchen dem König, sondern der Sohn seines ältesten Bruders oder seiner ältesten Schwester. Durch das ganze Land herrscht Sklaverei, doch werden die Sklaven im allgemeinen gut gehalten. Die Kranken und Schwachen stehen unter dem Schutz des Königs; in seinem Palast zu Kumassi ist eine Versorgungsanstalt für hilflose Kinder. Der Krieg ist für dieses Volk aber die hauptsächlichste Beschäftigung; die Feldzüge gelten zumeist den Völkern im Innern, die gegen die Aschanti bedeutend im Nachteil sind.
Diese Kriege sind äußerst blutig. Wenn eben kein Mangel an Sklaven ist, werden alle Gefangenen getötet und ganze Völkerstämme mit Feuer und Schwert ausgerottet. Die Gesetze der Aschanti waren früher von drakonischer Strenge, die leichtesten Vergehen wurden mit dem Tod bestraft. Die Verurteilten wurden gewöhnlich nach Kumassi gebracht und für ein großes Fest aufgespart. Viele Menschenleben forderten auch die Opfer bei den politischen oder religiösen Festen und bei Leichenbegängnissen.
Seit dem unglücklichen Kriege gegen England finden aber dem Vertrag gemäß keine Menschenopfer mehr statt. Die Religion der Aschanti ist Fetischismus; das Christentum hat noch nicht Fuß unter ihnen gefaßt. Sie verehren zwar eine höchste Gottheit im Himmel, [* 18] auf deren Altären kein Bild steht, glauben aber daneben auch an ein böses Wesen, an unreine Geister und Gespenster, vor denen sie große Furcht haben. Die bösen Geister erscheinen ihnen personifiziert als Schlangen, Krokodile, [* 19] Leoparden; ihnen opfern sie auch, und die Geheimnisse der Priester bestehen hauptsächlich in den Mitteln, diese bösen Genien unschädlich oder geneigt zu machen.
Geschichtliches. Für den Gründer des Aschantireichs gilt der Häuptling Sai Turu, der zu Anfang des 18. Jahrh. mit Binnenstämmen den Strich eroberte, auf dem die von ihm erbaute Landeshauptstadt Kumassi liegt, und allmählich die Grenzen [* 20] des Landes bedeutend ausdehnte. Im Anfang des 19. Jahrh. bekriegten die Aschanti die Fanti, ein wohlhabendes und friedliches Volk, das mit den Engländern an der Goldküste im besten Einvernehmen lebte. In drei Feldzügen (1807, 1811, 1816) wurden die Fanti zum Teil unterworfen oder ausgerottet, und die ganze Küste fiel den Aschanti anheim.
Die Engländer hatten das Unheil von ihren Verbündeten nicht abwenden können, und in gleicher Weise mißlangen ihre Versuche, mit den Aschanti in freundliche Beziehungen zu treten. Diese grollten wegen des Verbots des Sklavenhandels, forderten aber außer der Wiederherstellung desselben auch die Fortentrichtung der Subsidien, welche die Engländer den Fanti bezahlt hatten. Nach mehreren fruchtlosen Gesandtschaften griffen die Engländer zum Schwerte, doch verlief der Krieg für sie nicht glücklich.
Der Feldzug von 1824 führte für sie nur Niederlagen herbei, ihr General Mac Carthy, Statthalter von Sierra Leone, und mehr als 1000 Soldaten starben im Gefecht oder durch Seuchen. Im J. 1826 endlich gelang es dem neuen Gouverneur, Campbell, die Aschanti hinter den Prahfluß zurückzutreiben und den Frieden herzustellen. Mit Ausnahme der noch den Dänen und Holländern gehörigen Küstenforts [* 21] umfaßte von da ab das britische Gebiet an der Goldküste die Strecke von Apollonia im W. bis zur Mündung des Rio Volta [* 22] im O., namentlich gerieten auch die Reiche Denkera und Wassa, welche bisher unter Aschanti gestanden, unter britischen Schutz. Im J. 1863 brach abermals Krieg zwischen Aschanti und den Briten aus, der wiederum unglücklich für die letztern verlief; sie vermochten nicht in das Land vorzudringen, blieben im Urwald stecken, und als über die Hälfte der Truppen am Fieber zu Grunde gegangen war, beschloß man von seiten Englands, den Feldzug abzubrechen.
Doch gelang es diesem, die ganze Küste in seinen Besitz zu bringen und so die Aschanti von derselben abzuschneiden. Im J. 1850 gingen nämlich die wenigen dänischen und 1872 die niederländischen Besitzungen (Axim, Elmina, Tschama, Apagia etc.) durch Kaufverträge an England über. König Kalkalli von Aschanti erhob aber Anspruch auf die Herrschaft über Elmina und den Stamm der Fanti und begann, als derselbe von England zurückgewiesen wurde, 1873 den Krieg gegen die Briten.
Ein über 30,000 Mann starkes Heer unter General Amanquatia fiel in das Schutzgebiet der Engländer ein, verwüstete das Fantiland und schlug im Frühjahr und Sommer 1873 wiederholt die unter britischem Schutz stehenden Neger. Der Erfolg war anfangs für Aschanti, und die Briten sahen sich auf ihre Forts an der Küste beschränkt; das Bombardieren verschiedener von den Aschanti besetzter Küstenorte, wie Elmina, Akoda, Tschama, vermochte den Aschanti auch keinen Abbruch zu thun, und erst, als England große Anstrengungen machte und europäische Truppen unter General Garnet Wolseley nach der Goldküste sandte, gelang es Ende 1873, nach einigen Scharmützeln den übermütigen Feind hinter den Grenzfluß Prah zurückzutreiben.
Nun knüpfte Kalkalli Verhandlungen an, aber bloß, um Zeit zu gewinnen. Wolseley setzte daher den Vormarsch gegen die feindliche Hauptstadt fort, schlug die Aschanti mehrere Male und rückte in Kumassi ein, das er niederbrannte. Jetzt unterwarf sich Kalkalli, zahlte 50,000 Unzen Gold als Kriegsentschädigung, räumte alle Küstenpunkte und versprach Abschaffung der Menschenopfer.
Vgl. E. Bowdich, Mission from Cape Coast Castle to Ashantee (Lond. 1819; deutsch, Weim. 1820);
Dupuis, Journal of a residence in Ashantee (Lond. 1824);
Brackenbury, The Ashantee war (das. 1874);
W. Reade, Story of the Ashantee campaign (das. 1874);
Hay, Aschanti und die Goldküste (a. d. Engl., Berl. 1874);
Stanley, Coomassie and Magdala (Lond. 1874);
Henty, March to Coomassie (das. 1874);
Gandert, Vier Jahre in Aschanti Tagebücher der Missionäre Ramseyer und Kühne (Basel [* 23] 1875), Weitbrecht, Four years in Ashantee (Lond. 1875). ¶