Aserbeidschân
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Aderbeidschân (im Pehlevi Aturpâtkáu, armenisch Atrpatakan, pers. Adharbâdhegân, arab. Âdharbaidschân), nordwestlichste Provinz und reichstes Handels- und Industriegebiet Persiens, grenzt im S. an das pers. Kurdistan (Provinz Ardilan) und Irak-Adschmi (Media), im W. an Türkisch-Kurdistan und Türkisch-Armenien, im N. an Russisch-Armenien (das südl. Transkaukasien), von dem es durch den Aras geschieden ist, und im O. an die russ. Landschaft Talisch und die pers. Provinz Gilan am Kaspischen Meere, hat 104 840 qkm und ist ein zwischen Iran und Armenien vermittelndes Hochland (12-1500 m), erfüllt von zusammenstoßenden Gebirgsverzweigungen des Nord- und Westrandes von Iran, in der Nähe des Kaspischen Meers.
Größere Ausweitungen zwischen den zahlreichen Gebirgsketten sind selten; die bedeutendste ist die
des
Urmiasees (s. d.) bei
Täbris. Im O. desselben erhebt sich im N. von
Maragha die Gebirgsmasse des Sehend (3546 m), weiter
im
NO. der Sawalan-Dagh (4813 m), und an der Nordwestecke steigt der noch höhere
Ararat (s. d.) empor, sämtlich vulkanische
Züge. Weite strecken von Aserbeidschân
sind tertiäres Land, dazwischen
Vulkane
[* 3] und Eruptivgesteinsdecken. Bei Schiramin,
nahe dem mittlern Ostufer des
Urmiasees, sprudeln etwa 37 Mineralquellen von 17°
C. am Fuße hoher Felsen hervor; das von
ihnen an deren nördl. Fuße gebildete, als Täbrismarmor (Balgh ami der
Orientalen) bekannte, prachtvolle Gestein, ähnlich
auch nordwestlich in der Landschaft Salamas vorkommend, wird zu
Täfelungen und Grabsteinen oder zu Fenstern,
besonders in
Bädern benutzt.
Ferner finden sich Silber, Kupfer, [* 4] Eisen [* 5] und Kohlen, sowie Naphtha- und Gasquellen. Unter den Flüssen sind wichtig nur der Aras (Araxes) und der Hauptfluß des Landes Kisil-Usen (Amardus), der nach seiner Vereinigung mit dem Schahrud den Namen Sefid-rud annimmt. Das Stromgebiet des salzreichen Urmiasees ist auf kleinere ihm zufließende Flüsse [* 6] beschränkt, darunter der bedeutendste der Adschi-tschaï von O. über Täbris kommend und der Dschaghatu von S. Den ¶
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Gegensätzen der Bodenformen entsprechen die klimatischen Verhältnisse, langer Winter auf den Höhen, reizender Frühling an den Abhängen und sehr heißer Sommer in den Thaltiefen. Gebaut werden europ. Getreidearten, Reis, Baumwolle, [* 8] ausgezeichneter Wein und Früchte. Die Flora zeigt ziemliche Mannigfaltigkeit von Salzpflanzen, dagegen fehlt es an Waldbäumen und eigentlichen Wäldern. An den Gebirgsabhängen kommen zwischen 2270 und 2900 m bereits viele echte Alpenpflanzen vor, die trocknen Ebenen dagegen sind pflanzenarm.
Die Tierwelt weist viele charakteristische niedere Arten, besonders von Käfern, in den sandigen Meeresküsten oder an den Salzseeufern
auf. Der Fasan Kaukasiens erscheint schon in Aserbeidschân
Wölfe, Eber, Füchse und Hirsche
[* 9] hausen in den rauhen
Gegenden, aber auch Antilopen und Raubtiere
[* 10] des Südens kommen vor. Das Land ist reich an Rindern und vorzüglichen Pferden,
und Viehzucht
[* 11] wird besonders in den kurdischen Bergen
[* 12] getrieben. Die Bewohner A.s, vielleicht 1 Mill., sind im W. des Sees
Kurden, im übrigen Lande türk. Abkunft. Auch die herrschende Sprache
[* 13] ist die türkische, das Persische
ist auf die Städte beschränkt. Im NW. spricht man armenisch. Die Bevölkerung gilt als viel kräftiger als die der südlichern
Provinzen. Herumschweifende Hirten- und Räubervölker finden sich neben ausgebildeter Städteansiedelung. Hauptstadt
ist Täbris. Weitere wichtige Städte: Urmia, Marand, Ardebil und Choi. (S. Karte: Westasien II, S. 983.)
Geschichte. Im Altertum war der nordwestlichste Teil Mediens. Seit Alexander d. Gr. wurde es als Atropatene vom südöstl. Großmedien
getrennt. Unter den asarcidischen Königen Großarmeniens gehörte Aserbeidschân
teilweise zur Provinz Wasburagan (149 v. Chr. bis 428 n. Chr.),
worauf es mit Armenien an die Sassaniden kam. Im 7. Jahrh. fiel es an die Araber und nach Schwächung des
Chalifats durch die Seldschuken an den Atabek Ildeghis und seine Nachkommen, die Pelewaniden (1150-1225), welche nach dem Abzüge
der Mongolen Dschingis Chans (1221) der Khowaresmier Dschelal ed-din Mankberni stürzte. 1256 kam es durch Hulagu an das Mongolenreich
von Iran.
In den J. 1386-1405 gehörte es Timur, darauf den Turkmenen vom Schwarzen und seit 1468 denen vom Weißen Schöps unter Uzun
Hassan, bis es durch Schah Safi aus Ardebil (1505-1508) befreit wurde. Im 16. und 17. Jahrh. hatte es viel von den Osmanen
zu leiden. Als Grenzprovinz sowie als Statthalterschaft des pers. Thronfolgers,
z. B. des Abbas Mirza, war Aserbeidschân
stets wichtig, wurde aber beständig in die Unruhen Persiens und in die Kriege mit den Türken und
Russen hineingezogen. Durch das Heranrücken der russ. Grenze bis an den Aras hat es neuerdings als vermittelndes Verkehrsland
zwischen der iran. und europ. Welt noch größere Bedeutung gewonnen.