Titel
Ascidien
(Ascidiae, Seescheiden), Ordnung der Tunikaten [* 2] (s. d.) oder Manteltiere, besitzen in ihrer einfachsten Form die Gestalt eines Sackes mit zwei Öffnungen, einer vordern zur Aufnahme des frischen Wassers und einer seitlichen zur Entleerung des unbrauchbar gewordenen samt den Kotballen und Geschlechtsprodukten. Im Vorderteil liegt in der sehr geräumigen Atemhöhle die sackförmige Kieme, an welche sich hinten oder seitlich der Darm [* 3] nebst den übrigen Eingeweiden anschließt.
Der
Mund befindet sich im
Grunde der
Kieme und erhält die
Nahrung, d. h. die kleinen, im
Wasser, das zur
Atmung dient, schwimmenden
tierischen und pflanzlichen Teilchen, durch eine besondere Flimmerrinne zugeführt; der
Darm richtet sich
in einem
Bogen
[* 4] wieder nach vorn und mündet in der
Nähe der Ausfuhröffnung. Im übrigen s.
Tunikaten.
Interessant sind namentlich
die Fortpflanzungsverhältnisse. Die Ascidien
sind zwar alle
Zwitter, befruchten sich jedoch nicht selbst und haben auch meist nicht
zur gleichen Zeit reifen
Samen
[* 5] und reife
Eier.
[* 6]
Letztere entwickeln sich entweder in der
Atemhöhle oder der
Kloake weiter, zum Teil schlüpft der
Embryo
noch innerhalb des mütterlichen
Körpers aus dem
Ei
[* 7] aus. Die junge
Larve besitzt meist einen Ruderschwanz mit einem
Stab
[* 8] aus
Knorpelsubstanz im Innern, ähnlich, wie ihn die
Wirbeltiere als sogen.
Chorda dorsalis oder
Rückensaite haben.
Bei den festsitzenden Ascidien
geht aber, nachdem das Tierchen kurze Zeit umhergeschwommen, der
Schwanz ein, und so erleidet, da
auch noch andre Rückbildungen stattfinden, die junge Ascidie eine sogen. regressive
Metamorphose. Bei den sogen. einfachen
Ascidien
ist hiermit gewöhnlich der Lebenscyklus beendet; bei den zusammengesetzten hingegen bildet schon die junge
¶
mehr
Larve, indem sie sich durch Knospung vermehrt, die Anfänge zu einer Kolonie. In letzterer sterben die ältern Individuen allmählich
ab, sorgen jedoch vorher durch neue Knospen
[* 10] für die Vergrößerung der Kolonie. In dieser selbst gruppieren sich unter Umständen
viele Individuen rings um eine gemeinschaftliche Kloake (s. Abbildung von Botryllus auf Tafel »Mollusken
und Tunikaten«). In der Entwickelung haben die Ascidien
mancherlei Gemeinsames mit den Wirbeltieren, speziell mit dem niedrigsten
Vertreter derselben, dem Amphioxus (s. d.); es ist daher auch eine enge Verwandtschaft zwischen ihnen vorhanden (s. Tunikaten).
- Man teilt die in vier Gruppen:
1) Appendicularidae; der Schwanz besteht zeitlebens und dient zur Fortbewegung der im Meer schwimmenden Tierchen. Kolonien werden nicht gebildet.
2) Einfache Ascidien
(Ascidiae simplices); vielfach einzeln (wie Ascidia microcosmus, s.
die genannte Tafel), aber auch durch Knospung zu Stöcken von meist wenigen Individuen vereinigt (z. B. Clavellina, s.
Tafel); bis zu 30 cm lang.
3) Zusammengesetzte (Ascidien
compositae). Die Einzeltiere liegen in einer gemeinsamen
Mantelschicht und sind meist regelmäßig um gemeinsame Kloaken angeordnet. Die Kolonien überziehen alle möglichen Gegenstände
im Meer und bestehen häufig aus Tausenden von Individuen.
4) Die Feuerwalzen (Pyrosoma), eigentümliche Kolonien vom Aussehen einer hohlen, an dem einen Ende offenen, bis über 30 cm langen Walze mit dicker Wandung, schwimmen frei umher und leuchten nachts stark; die Zentralhöhle der Walze ist für alle Einzeltiere die Kloake.