Arsenige
Säure (weißer Arsen, Weißglas, weißes Arsenglas, Hüttenrauch, Rattenpulver, Giftmehl) As2O3 ^[As2O3] findet sich in der Natur als Arsenit (Arsenikblüte) mit Arsen und Arsenverbindungen auf Gängen bei Andreasberg, Joachimsthal, Schwarzenberg, Markirch, bildet sich beim Erhitzen von Arsen oder arsenhaltigen Erzen an der Luft und wird meist als Nebenprodukt beim Rösten arsenhaltiger Silber-, Kupfer-, Kobalt-, Nickel-, Blei- oder Zinnerze, seltener direkt aus gediegen Arsen, aus Arsenkies FeS2 ^[FeA2] · FeAs2 ^[FeA2] mit 46,0 Proz. und Arsenikalkies FeAs2 ^[FeA2] mit 66,8-72 Proz. Arsen auf den sogen. Gifthütten gewonnen. Die in Muffel-, Flamm- oder Gasröstöfen aus dem Röstgut sich entwickelnden Dämpfe leitet man in lange liegende Kanäle oder in große Kammern, welche in den Gifttürmen übereinander angebracht sind. Es kondensiert sich in diesen Räumen ein graues Arsenmehl, welches in gußeisernen Kesseln durch Sublimation raffiniert wird. Man stellt auf die Kessel a (s. Figur)
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eiserne Cylinder von gleichem Durchmesser e und auf den obersten Cylinder eine Haube f, welche durch Röhren mit mehreren Kondensationskammern h in Verbindung steht. b, c ist die Feuerung, k, l sind Abzugskanäle. Die Hitze wird dann so geregelt, daß sich in den Cylindern ein lockeres, zartes, weißes Pulver (Gröbe) verdichtet, welches bei einer zweiten Sublimation bei höherer Temperatur eine schwach gelbliche, glasige, durchsichtige Masse mit muscheligem Bruch liefert.
arsenige Säure ist amorph, farb- und geruchlos, schmeckt schwach metallisch-süßlich und wird beim Aufbewahren allmählich porzellanartig, milchweiß, indem sie in den kristallinischen Zustand übergeht. Das spezifische Gewicht der amorphen arsenigen Säure ist 3,74, das der kristallinischen 3,69. Sie verflüchtigt sich bei 200°, bildet farb- und geruchlose Dämpfe und sublimiert. In Wasser und Alkohol ist arsenige Säure wenig, in Salzsäure leicht löslich. Aus der salzsauren Lösung der amorphen arsenigen Säure schießen Kristalle unter Lichtentwickelung an; bei Erhitzen entweicht Arsenchlorür.
Oxydationsmittel verwandeln in arsenige Säure Arsensäure; Kohle, Metalle, Wasserstoff und Cyankalium reduzieren arsenige Säure beim Erhitzen, es entwickelt sich Knoblauchgeruch, und beim Arbeiten in einem Glasrohr entsteht ein Arsenspiegel (s. Arsen). Die Lösung der arsenigen Säure in Salzsäure entwickelt mit Zink Wasserstoff und Arsenwasserstoff; alkalische Erden und kohlensaure Alkalien geben beim Schmelzen mit arseniger Säure Arsensäuresalz und Arsen; Schwefelwasserstoff fällt aus sauren Lösungen der arsenigen Säure stets alles Arsen als gelbes Schwefelarsen.
Die Verbindung As2O3 ist das Anhydrid der eigentlichen arsenigen Säure H3AsO3 , welche in den Lösungen desselben vorhanden, aber in fester Form noch nicht erhalten worden ist. Die Lösung reagiert schwach sauer und bildet mit Basen die Arsenigsäuresalze. Man benutzt in der arsenige Säurein der Kattundruckerei zur Fixierung der Eisen- und Thonerdebeizen, zur Darstellung von Schweinfurter Grün, Lackfarben etc., bei den Kobalt- und Nickelhüttenprozessen, zu Kobaltultramarin, Rinmanns Grün, zum Beizen der Haare in der Hutmacherei, zum Reinigen des Glases während des Schmelzens (durch Oxydation von Kohle und Eisenoxydul), zur Darstellung eines Emails, des Auripigments und der Arsensäure für die Anilinfabrikation, in Natronlauge gelöst als Reduktionsmittel, in Salzsäure gelöst zum Graubeizen von Messing und Bronze und zuweilen zum Härten von Eisen, endlich zur Vertilgung der Ratten etc., zum Konservieren ausgestopfter Tiere und zum Imprägnieren des Saatgetreides (gegen Brand und Ungeziefer).
Die a. S. ist höchst giftig, dennoch gewöhnt sich der Organismus unter bestimmten, noch nicht näher festgestellten Verhältnissen an das Mittel und gedeiht dabei auffallend gut. So herrscht in mehreren Gegenden, besonders in Steiermark, die Sitte des Arsenikessens, und die ihr huldigen, erreichen zum Teil ein hohes Alter, werden bei gleichbleibender Ernährung kräftiger, oder wenn ihre Arbeitskraft nicht in Anspruch genommen wird, nimmt ihr Körper an Gewicht bedeutend zu. Die Leute beginnen mit sehr geringen Dosen, nehmen den Arsenik (Hidri) in mehrtägigen Pausen und steigen bis 0,3 g und höher; sie sind aber an das Mittel gebunden und verfallen beim Aussetzen desselben in große Abgespanntheit.
Auch bei Pferden wird arsenige Säure angewandt, um sie glatt, fett und feurig erscheinen zu lassen, ebenso bei Rindern und Schafen. Über Arsenikvergiftung s. d. Als Arzneimittel dient arsenige Säure bei Wechselfieber, Neuralgien, Hautkrankheiten, Chlorose, Tuberkulose, Diabetes, äußerlich als Ätzmittel. arsenige Säure wurde zuerst von Geber erwähnt. Sie wird in Deutschland hauptsächlich in Freiberg und auf einigen kleinern Werken des Erzgebirges, außerdem zu Reichenstein in Schlesien dargestellt und kommt als Pulver und als Glas in den Handel. Sehr viel arsenige Säure liefert England.