Arsen
,
Arsenik, Fliegenstein, Scherbenkobalt, Cobaltum (chem. Zeichen =
As;
Atomgewicht = 75), ein chem. Element, das
der Reihe der drei-
und fünfwertigen Elemente,
Stickstoff,
Phosphor, Arsen
,
Antimon und Wismut, angehört
und einerseits viele Eigenschaften des
Phosphors teilt, andererseits aber dem
Antimon sehr ähnlich ist. Es kommt in der Natur
gediegen vor, namentlich auf
Gängen im krystallinischen
Schiefer- und
Übergangsgebirge, häufiger aber in
Verbindung mit Schwefel
oder Sauerstoff und andern Körpern.
Die wichtigsten in der Natur vorkommenden Arsen
verbindungen sind
Arsenkies (s. d.) und
Arsenikalkies (s. d.).
Außerdem ist es
Bestandteil einer großen Anzahl anderer
Mineralien
[* 3] und findet sich endlich, allerdings in nur unmerklich
kleinen Mengen, auch sonst ungemein verbreitet. So hat man es in sehr vielen natürlichen Mineralwässern und den sich daraus
abscheidenden Niederschlägen, in der
Ackerkrume, im Flußschlamm, in
Steinkohlen, ja selbst in manchen
Pflanzen nachgewiesen; fast alle Schwefelkiese enthalten Arsen
, aus diesen geht es in die daraus dargestellte
Schwefelsäure
[* 4] über und durch letztere, wenn sie nicht durch ein umständliches
Verfahren gereinigt wurde, in alle direkt
oder indirekt daraus dargestellten Fabrikate; da
Arsensäure sehr vielfach (wiewohl nicht immer) zur Herstellung
der
Anilinfarben gebraucht wird, so ist bei deren Verwendung zum
Färben von Nahrungsmitteln Vorsicht geboten.
Das Arsen
des
Handels ist entweder gediegen oder aus
Arsenkies und
Arsenikalkies durch starke Erhitzung abgeschieden, wobei ersterer
Einfach-Schwefeleisen, letzterer
Einfach-Arseneisen zurückläßt. Bei der vorzugsweise in
Reichenstein in
Schlesien
[* 5] ausgeführten Fabrikation wird das
Erz in thönernen, 60-70 cm langen, 13-18 cm weiten, am hintern Ende geschlossenen
Röhren,
[* 6] die zu 20-26
Stück horizontal in einen Ofen gelagert sind und durch ein gemeinschaftliches
Feuer erhitzt werden, stark geglüht;
in den vordern, aus der Ofenwandung hervorragenden
Teil der
Röhre wird ein spiralig gebogenes
Stück Eisenblech
geschoben und dann eine thönerne
Vorlage angefügt, deren
Stoßfuge mit
Lehm verschmiert wird.
Nach zehnstündigem
Feuern ist die
Zersetzung beendet, das Arsen
findet sich dann teils als bläulichweiße, krystallinische
Masse
an der Oberfläche des Eisenblechs verdichtet und wird durch Ausrollen und
Abpochen losgelöst, teils als grauschwarzes Pulver
an der kältern Wandung der
Röhre oder in der
Vorlage; nur das krystallinische Arsen
wird in den
Handel gebracht, das Pulver wird
der nächsten Beschickung beigefügt.
Reines Arsen
erhält man durch
Sublimation des käuflichen.
Das reine Arsen
tritt in verschiedenen Modifikationen auf. Bei der
Sublimation erhält man dasselbe, wenn die
Dämpfe nicht weit unter der Dampfbildungstemperatur verdichtet werden, als bläulichweiße, krystallinische oder rhomboedrisch
krystallisierte
Masse von 5,726 spec. Gewicht; läßt man in einem
Strom eines indifferenten
Gases, wie
Wasserstoff, in einem
Rohre verdampfen, so scheidet sich an der erhitzten
Stelle zunächst etwas krystallisiertes Arsen
ab, in etwas weiterer Entfernung
lagert sich glasglänzendes, schwarzes, amorphes Arsen als kompakte Schicht von 4,71 spec. Gewicht ab, in dem kältesten
Teil der
Röhre findet sich dann noch in Form eines grauen Pulvers von 4,71 spec. Gewicht, das mikroskopisch als aus kleinen,
reihenförmig zusammenhängenden Körperchen bestehend erscheint; es ist wohl wahrscheinlich, daß das
graue Pulver und das schwarze amorphe Arsen identisch sind, beide gehen, wenn sie auf eine
¶
mehr
Temperatur von 360° C. erhitzt werden, plötzlich unter starker Wärmeentwicklung in gewöhnliches krystallinisches Arsen über. Der Arsendampf hat gelbe Farbe, brennt mit bläulichweißer Flamme [* 8] und entwickelt dabei einen eigentümlich knoblauchartigen Geruch (charakteristisches Erkennungsmittel). Seine Dampfdichte ist = 10,2; daraus berechnet sich das Molekulargewicht 296,2; das Molekül des Arsen enthält also 4 Atome. Bei sehr hoher Temperatur ist die Dampfdichte geringer; es tritt somit ein weiterer Zerfall des Moleküls ein.
Unter gewöhnlichem Druck verdampft es, ohne zu schmelzen, unter starkem Druck wird es in hoher Temperatur flüssig. An feuchter Luft oxydiert sich Arsen, das krystallinische rascher als das schwarze amorphe, und überzieht sich dabei mit einer grauen Schicht von sog. Arsensuboxyd, in trockner Luft kann es auf 80-90° C. erwärmt werden, ohne sich zu verändern, in höherer Temperatur verbrennt es zu arseniger Säure, die sich in Form eines weißen, krystallinischen, leicht flüchtigen Beschlags an kältern Stellen ablagert; in Sauerstoff verbrennt es unter lebhafter Lichterscheinung. Im gepulverten Zustande in Chlorgas eingetragen entzündet es sich, ohne erwärmt worden zu sein, und verbrennt zu Chlorarsen. Salpetersäure oxydiert es zu arseniger und Arsensäure, Schwefelsäure bildet bei hoher Temperatur arsenige Säure und schweflige Säure;
von schmelzenden Alkalihydraten wird es unter Wasserstoffentwicklung zu arsenigsaurem Alkali oxydiert;
mit schmelzendem Salpeter verpufft es;
Gemenge von und Kaliumchlorat detonieren durch Stoß. Es löst sich in fetten Ölen beim Erwärmen, in Alkohol und Äther nicht.
Die technischen Verwendungen des und seiner Verbindungen sind sehr mannigfaltig. Ein wenig Arsen verleiht den Kupferzinnlegierungen hohen Glanz und starke Politurfähigkeit. Man hat es daher dem Spiegelmetall, wie es zu Teleskopenspiegeln u. s. w. gebraucht wird, zugesetzt. Bei der Schrotfabrikation wird Arsen dem Blei [* 9] zugesetzt, weil diese Legierung dann leichter völlig runde Körner giebt. Von den Schwefelverbindungen des Arsen wendet man das Arsensulfür (s. d.) oder Realgar zur Bereitung eines mit intensiv weißem Lichte brennenden Feuerwerksatzes und als rote Malerfarbe an. Das Arsentrisulfid (s. d.) oder Auripigment wird zu einer gelben Malerfarbe benutzt.
Die arsenige Säure (s. d.) findet Anwendung bei der Fabrikation des Email, das durch Zusammenschmelzen bleioxydhaltigen Glases mit Zinnoxyd, Antimonoxyd oder arseniger Säure erhalten und zum Überzuge mancher Gegenstände, z. B. kupferner Zifferblätter der Uhren, [* 10] benutzt wird. Beim Glasschmelzen setzt man arsenige Säure zu, um kohlige Substanz zu verbrennen und das Glas [* 11] zu läutern. Ferner wird die arsenige Säure als Mittel gegen die Fäulnis animalischer und vegetabilischer Stoffe gebraucht, z. B. zur Konservierung der Tierbälge in zoolog. Sammlungen und zur Imprägnierung von Bauholz.
Auch dient sie als Gift gegen schädliche Tiere und als Heilmittel. Außerdem liefern einige Arsenverbindungen prächtige und dauerhafte Farben, die zudem sehr wohlfeil herzustellen, aber äußerst giftig sind. Zu den gebräuchlichsten Farben dieser Art gehören: Scheelesches Grün (arsenigsaures Kupferoxyd), Schweinfurter Grün (eine Verbindung von arsenigsaurem mit essigsaurem Kupferoxyd) und die schon erwähnten Schwefelverbindungen Auripigment und Realgar. Insbesondere werden die beiden ersten häufig zum Anstreichen und Malen der Wohnzimmer sowie zur Tapetenfabrikation verwendet und finden sich überhaupt in den meisten grünen Farben, die man im Handel führt, so im Wiener Grün, Schwedisch-, Mineral- und Berggrün.
Auf die außerordentliche Gefährlichkeit nicht allein der Fabrikation solcher arsenhaltiger farbiger Stoffe, sondern auch des Aufenthalts in Räumen, die mit derartigen Farben ausgemalt oder mit arsenhaltigen Tapeten ausgekleidet sind, ist wiederholt aufmerksam gemacht worden. Man hat gegen die Warnung eingewendet, daß die Arsenikfarben, wären sie nur auf der Wand oder den Tapeten gehörig befestigt, die Atmosphäre der Zimmer nicht vergiften könnten. Indes wurden zahlreiche und unzweifelhafte Arsenikvergiftungen (s. d.) infolge der Anwendung jener Farben in Zimmern nachgewiesen, und die Chemiker haben die Anwesenheit von giftigen Arsenverbindungen, namentlich Arsenwasserstoff, in der Luft also dekorierter Zimmer unumstößlich festgestellt.
Schon in geringsten Mengen des Zimmerstaubes, bei dessen Ansammlung man sorgfältig vermied, die Wände selbst zu berühren, ist die Gegenwart des Arsenikgiftes nachgewiesen worden. Doch nicht bloß in grünen Farben findet sich Arsenik, sondern auch in manchen andern, besonders in grauen Farben, die durch Mischung mit arsenikhaltigem Grün hergestellt werden. Noch gefährlicher aber ist die Verwendung der Arsenikfarben zu manchen andern Zwecken, z. B. zum Bemalen von Kinderspielzeug, zum Färben und Drucken der Kleiderstoffe, besonders der zu Ballkleidern gebrauchten Tarlatane.
Auf einem Stück dieses Zeugs, das etwa 1 g wiegt, kann man 20-25 cg Arsenikfarbe finden, die nur sehr lose darauf befestigt ist, so daß schon Reiben oder Aufweichen in kaltem Wasser die Farbe gänzlich ablöst. Ähnlich ist es bei den schönen grünen Blättern der künstlichen Blumen. Auch bei der Herstellung grüner Wachskerzen verwendete man Arsenikfarbe. Davy fand in 90 Teilen grünen Wachses 1 Teil arsenige Säure, die also bei der Verbrennung sich im Zimmer verbreiten muß. Sogar bei der Herstellung gefärbter Zuckerwaren hat man sich gewissenlos der Arsenikfarben bedient. Die Anwendung solcher arsenhaltiger (sowie überhaupt giftiger) Farben zu den obengenannten Zwecken ist in Deutschland [* 12] nach dem Reichsgesetz vom verboten. (S. Arsenikvergiftung.)