Arnold
von
Brescia, der kühnste, beredteste und thatkräftigste Gegner der
Hierarchie im 12. Jahrh.,
war ein
Schüler
Abälards und
Kleriker in seiner Vaterstadt
Brescia. Als die
Quelle
[* 2] des Verderbens in der
Kirche erkannte er die
weltliche Macht und die
Reichtümer des
Klerus und sah die einzige Möglichkeit der
Erlösung von
dem
Elend der Zeit in der völligen
Trennung des
Geistlichen und Weltlichen. Demgemäß stellte
er an die
Geistlichen die
Forderung, daß sie
auf weltliche Macht und irdischen
Besitz verzichten, sich mit dem, was die
Gemeinde ihnen an freiwilligen Spenden,
Erstlingen
und
Zehnten darreiche, begnügen und sich die
Armut der
Apostel zum Vorbild nehmen sollten. Solche
Lehren,
[* 3] durch nüchterne Sittenstrenge
bekräftigt und mit hinreißender
Beredsamkeit verkündigt, sammelten bald zahlreiche Anhänger um ihn,
mit deren
Beistand er seine
Reformen durchzuführen gedachte. Aber auf die
Anklage des
Bischofs von
Brescia durch die zweite
Lateransynode 1139 als
Ketzer verbannt, floh er zu
Abälard und, aus
Frankreich durch
Bernhard von Clairvaux vertrieben, 1140 nach Zürich,
[* 4] wo er
für seine
Lehre
[* 5]
¶
mehr
Anhänger zu gewinnen suchte. Als ganz in seinem Geiste die Römer
[* 7] 1143 dem Papste das weltliche Regiment entzogen und einen
Senat eingesetzt hatten, beriefen sie ihn 1145, und Arnold von Brescia
wurde der Leiter der römischen Republik. Aber durch Auflegung des Interdikts
nötigte Papst Hadrian IV. 1155 die Römer, Arnold von Brescia
preiszugeben; er floh nach Tuscien, doch ward seine Auslieferung von
Kaiser Friedrich I. erzwungen. Dieser übergab ihn dem Präfekten Roms, der ihn zum Tod verurteilte und aufhängen ließ; sein
Leichnam wurde verbrannt und die Asche in den Tiber gestreut. Noch am Fuß des Galgens hatte sich Arnold von Brescia
freudig zu seiner Lehre bekannt.
Die päpstliche Kurie suchte später die Schuld der Verurteilung Arnolds
von sich ab auf den Präfekten zu wälzen.
Vgl. Giesebrecht, von Brescia (Münch. 1873);
Clavel, Arnaud de Brescia et les Romains du XII. siècle (Par. 1868).
Dramatisch ward Arnolds Schicksal von Bodmer und Niccolini bearbeitet.