Arnold
von Brescia, Vertreter der reformatorischen Bestrebungen und energischer Gegner der Hierarchie in Oberitalien und Rom im 12. Jahrh. Ein Schüler Abälards, kehrte er von Paris mit glühender Begeisterung für eine sittliche Reinigung der Kirche nach seiner Vaterstadt Brescia zurück, wo er schon früher ein kirchliches Amt bekleidet hatte. Seine Sittenstrenge, seine hinreißende Beredsamkeit und sein republikanischer Freiheitssinn scharte bald zahlreiche Anhänger um ihn, mit deren Beistand er, anknüpfend an die Anschauungen, die sich aus dem Investiturstreit ergaben, und an die Bestrebungen der oberitalischen Bürgerschaften nach Selbstregierung, seine sittlichen Ideale zu verwirklichen und den verweltlichten Klerus zu einem wahren innern Christentume nach dem Muster der apostolischen Zeit zurückzuführen suchte.
Das Verderben der Kirche schrieb er vornehmlich den Reichtümern der Geistlichen zu; daher forderte er von diesen Verzichtleistung auf weltliche Macht und irdischen Besitz und Genüge an dem, was die Gemeinde ihnen darreiche an freiwilligen Spenden, Erstlingen und Zehnten. Innocenz II. legte ihm 1139 Verbannung und ewiges Stillschweigen auf. Arnold von Brescia ging wieder nach Frankreich zu Abälard, aber vom heil. Bernhard heftig bekämpft und mit Abälard auf der Synode zu Sens (1140) verdammt, floh er nach Zürich. Als jedoch der ihm wohlgesinnte Cölestin II. den päpstl.
Thron bestieg, kehrte er wieder in sein Vaterland zurück, jedenfalls nicht vor 1145. Von hier begab er sich nach Rom, dessen Bürgerschaft von Eugen III. Verzicht auf die weltliche Herrschaft verlangte, und unterstützte diese Bewegung mit begeisterten Predigten. Auf dem Kapitol ward ein Senat eingesetzt, der in den alten Formen regierte, und Arnold von Brescia wurde das Haupt der röm. Republik. Aber der neue Papst Hadrian IV. belegte die Stadt mit dem Interdikt, Arnold von Brescia mit dem Bann, und forderte von Friedrich Barbarossa, der eben über die Alpen gezogen war, um sich krönen zu lassen, die Auslieferung A.s.
Dieser, von seinen treulosen Republikanern vertrieben, floh nach Tuscien, wurde aber gefangen und dem König Friedrich ausgeliefert. Der Stadtpräfekt von Rom ließ ihn 1155 an einem Pfahl auf der Piazza del Popolo oder den neronischen Wiesen erwürgen, verbrennen und seine Asche in den Tiber streuen. Die polit. Bestrebungen A.s und seiner Partei, der sog. Arnoldisten, gingen mit seinem Tode, wenigstens in Rom, zu Ende, dagegen hat seine Wirksamkeit die ohnehin in Oberitalien vorhandene Opposition gegen die verweltlichte Kirche und den Klerus verstärkt. 1184 wurden die Arnoldisten von Papst Lucius III. auf einer Kirchenversammlung zu Verona verdammt. Dramatisch wurde A.s Leben behandelt von Bodmer, Niceolini u. a., ein Denkmal 1882 in Brescia errichtet. -
Vgl. Clavel, Arnaud de Brescia et les Romains du XIIe siècle (Par. 1868);
Giesebrecht, von Brescia (Münch. 1873);
Bonghi, Arnoldo da Brescia (Rom 1885);
Breyer im «Histor. Taschenbuch» (1889);
Hausrath, von Brescia (Lpz. 1891).