Arminianer
(Remonstranten), Partei in der reformierten Kirche in den Niederlanden, benannt nach ihrem theologischen Gründer Jakob Arminius (s. d.). Der Streit über das Dogma von der Prädestination zwischen diesem und Gomarus blieb nämlich keineswegs ein bloß theologischer, sondern führte, da auch die Masse des Volks hineingezogen wurde und politische Motive dabei ein bedeutendes Moment abgaben, zur Parteibildung. Nach seinem Tode trat sein Freund, der Prediger Joh. Uytenbogaert, an die Spitze seiner Anhänger.
Gegen die
Anschuldigungen der
Gomaristen, die eine staatliche Unterdrückung der Arminianer
forderten, legten diese 1610 bei den
Ständen
der
Provinz
Holland eine Remonstranz (Remonstrantia, daher Demonstranten genannt) ein, welche in fünf
Artikeln unter anderm
erklärte, daß Gott zwar von
Ewigkeit einen Beschluß wegen der
Seligkeit und
Verdammnis der
Menschen gefaßt
habe, aber mit der
Bedingung, daß alle diejenigen, die an
Christus glauben, selig, die Ungläubigen hingegen verdammt sein
sollten, sowie daß
Christus für alle
Menschen gestorben sei, aber nur der Gläubige durch seinen
Tod wirkliche
Versöhnung
und Vergebung der
Sünden erlange.
Die Gegner aber stellten im folgenden Jahr eine Kontraremonstranz auf (daher
Kontraremonstranten genannt),
und die gegenseitige Erbitterung wuchs noch unter den folgenden
Verhandlungen.
Daher erließen die
Stände von
Holland auf den
Rat des
Ratspensionärs
Oldenbarneveldt und des
Hugo
Grotius 1614 ein Toleranzedikt, worin aller weitere Streit verboten ward.
Dagegen appellierten aber die
Gomaristen an eine Generalsynode.
Ihre
Stütze war der
Statthalter
Moritz von
Oranien, der nach
Ausdehnung
[* 2] seiner
Gewalt strebte, während die Arminianer
auf seiten seiner politischen Gegner
Oldenbarneveldt und
Hugo
Grotius standen.
Die Generalsynode trat zu
Dordrecht
[* 3] bis unter dem Vorsitz
Joh. Bogermanns, eines
entschiedenen
Kontraremonstranten, zusammen. Um derselben das Ansehen zu geben, als repräsentiere sie die ganze
reformierte Kirche,
hatte man nicht nur aus den
Niederlanden, sondern auch aus
England,
Schottland, der
Schweiz
[* 4] und
Deutschland
[* 5] eine
Schar eifriger
Anhänger der unbedingten
Prädestination herbeigezogen. Die Arminianer
wurden nicht als stimmberechtigte Mitglieder, sondern nur
zum Behuf ihrer Verantwortung zugelassen.
Vergebens war denn auch ihre
Verteidigung durch den gelehrten
Episcopius; die fünf
Artikel der Arminianer
wurden verworfen, die arminianischen
Prediger (über 200) abgesetzt. Als orthodoxe
Lehre
[* 6] aber wurde festgesetzt: daß der seligmachende
Glaube ohne allen
Anteil der
ganz unfähigen
Natur ein
Geschenk der absolut freien
Gnade, die partikulare Erwählung zur
Seligkeit also
in keiner
Weise die
Wirkung, sondern nur die
Ursache desselben sei, sowie daß die erlösende
Wirkung des
Todes Jesu sich auf
die Auserwählten beschränke.
Die
Generalstaaten bestätigten diese Beschlüsse, und man schritt sofort zur Ausführung derselben. Der
Ratspensionär
Oldenbarneveldt
war schon verhaftet worden, er wurde zum
Tod verurteilt und hingerichtet;
Grotius
wurde mit lebenslänglichem Gefängnis bestraft. Die vertriebenen Arminianer
fanden
Aufnahme beim
Herzog
Friedrich IV. von
Schleswig-Holstein,
[* 7] auch
in
England und
Frankreich. Selbst in
Holland ward seit 1620, als die politische Aufregung sich gelegt hatte und nicht nur
die
Akten der
Dordrechter
Synode, sondern auch die
Confessio des
Episcopius in 25
Artikeln (1621) nebst ihrer
Apologie (1630) und
der
Katechismus Uytenbogaerts erschienen waren, die
Stimmung eine mildere. Im J. 1636 erhielten die Arminianer
überhaupt freie Religionsübung
zugestanden. An ihrer 1634 gestifteten theologischen
Schule zu
Amsterdam
[* 8] lehrten hervorragende Theologen,
unter ihnen
Episcopius (gest. 1643), Limborch (gest. 1714),
Clericus (gest. 1736), Wetstein (gest. 1754). Von
England aus verbreiteten
die Arminianer
sich auch nach
Nordamerika,
[* 9] wo sie aber in verschiedene
Fraktionen zerfielen und zum Teil dem
Baptismus sich zuwandten.
Auch in
Holland selbst ist die anfangs blühende arminianische
Kirchengemeinschaft in ihrem äußern Bestand
zurückgegangen; es haben sich
Elemente verschiedener Art, z. B. socinianische, mit ihnen vermischt, und so entstanden
auch unter ihnen verschiedene
Spaltungen, z. B. die antitrinitarischen Arminianer.
Die bedeutendste
Fraktion aber waren die rein independentistischen
Kollegianten. In neuester Zeit sind die Arminianer
Hollands mit den dort sich bildenden
Freien Gemeinden in eine
gewisse
Fühlung getreten.
Der Einfluß des Arminianismus auf
Theologie und
Kirche ist unverhältnismäßig größer als der
Umfang seiner äußern
Gemeinschaft;
durch die
Arbeiten der
oben genannten Theologen sind seine Bestrebungen vielfach auch in die protestantische
Kirche eingedrungen.
Die Unabhängigkeit von einem bindenden
Bekenntnis förderte unter ihnen die Schriftauslegung, die Freiheitslehre
trieb zu einer nähern Betrachtung der ethischen Aufgaben, H.
Grotius bahnte den Weg zu einer neuen Auffassung der Versöhnungslehre.
Die
Verfassung der Arminianer
ist nach der
Kirchenordnung Uytenbogaerts eine sehr einfache. Die Leitung der
Gemeinschaft steht bei der
Synode, welche aus den Abgeordneten sämtlicher
Gemeinden mit den
Predigern und einem
Professor des
Seminars
besteht; die laufenden
Geschäfte in der Zwischenzeit besorgt ein
Ausschuß von fünf Mitgliedern.
Vgl. Regenboog, Geschichte der Remonstranten (a. d. Holländ., Lemgo 1781-84, 2 Bde.).