Armenische
Kirche. Die
Tradition läßt schon den
Apostel
Thaddäus das
Evangelium in
Armenien verkündigen; sicherer ist,
daß
Gregor der Erleuchter (s. d.) zu
Cäsarea in
Kappadokien 302 zum
Bischof geweiht, einen großen Teil
des
Volks und den König Tiridates bekehrte. In demselben
Jahrhundert noch liegen armenische
Christen in
Athen
[* 2] den
Studien ob.
Fester begründet wurde die armenische Kirche
dann durch Mesrop, der, zuerst königlicher
Sekretär,
[* 3] sich bald gänzlich dem Missionsberuf
widmete.
Auch hier wurde die
Bibelübersetzung der Anfang und die Grundlage der Litteratur. Mesrop erfand 440 eine
armenische
Buchstabenschrift und gab dem
Volk anstatt der unverständlichen altsyrischen eine armenische
Bibel.
[* 4] Die Anhänger
des alten
Feuerdienstes suchten ihre
Stütze bei den Persern, welche nun durch alle
Mittel der
Güte und der
Gewalt das
Christentum
auszurotten versuchten und erst 485 nach harten und langwierigen
Kämpfen und blutiger Verfolgung
Religionsfreiheit
gewährten.
Dieselben begünstigten auch den Monophysitismus, für den sich 500 die
Synode zu Thevin aussprach, so daß seither die in armenische Kirche
häretische Sonderstellung geriet. Die politische Abgeschlossenheit trat hinzu. Gleichwohl erhielt sich die litterarische
Betriebsamkeit, und ein ansehnlicher Teil der altkirchlichen Litteratur ist nur in armenischer
Sprache
[* 5] auf uns gekommen. Übrigens wurde an der Aufhebung des
Schismas aus kirchlichen und politischen
Gründen seit dem 7. Jahrh.
gearbeitet, aber erst in
Florenz
[* 6] (1439) kam es zu einer Vereinigung mit der katholischen
Kirche, nach welcher die armenische Kirche
zwar
die
Lehre
[* 7] von den zwei
Naturen annehmen, aber sonst ihre nationalen und rituellen Eigentümlichkeiten behalten
sollte. Da dieser
Union aber nur die außerhalb
Armeniens zerstreuten
Glieder
[* 8] der armenischen
Kirche beitraten, so entstand eine
Spaltung der letztern in eine katholische oder unierte und eine schismatische.
Beide
Parteien stehen sich aufs feindlichste einander gegenüber, so daß die schismatischen Armenier
mehrmals (1815, 1827-28) Verfolgungen ihrer katholischen Landsleute von seiten der
Pforte veranlaßten. Zu den unierten Armeniern
gehört der reichste und gebildetste Teil der
Nation, auch die
Mechitaristen (s. d.), in deren
Händen sich fast die ganze armenische
Litteratur befindet. Seit dem neuesten vatikanischen
Konzil sind aber auch zwischen ihnen und dem päpstlichen
Stuhl neue Irrungen eingetreten; namentlich die im türkischen
Reich lebenden
Unierten verwarfen den vom
Papst eingesetzten
Primas
Hassun. Erst im März 1879 unterwarf sich der
Bischof Kupelian, der
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mehr
nach dem vatikanischen Konzil von den anti-infallibilistischen Mitgliedern der armenisch-katholischen Kirche zum Patriarchen gewählt und vom Sultan als solcher anerkannt worden war, dem Papst. Hassun wurde von der Pforte als alleiniges Oberhaupt der armenisch-katholischen (unierten) Kirche im türkischen Reich anerkannt. Im September 1879 unterwarfen sich auch die übrigen Antihassunisten (noch 13,000 mit 16 Bischöfen) dem päpstlichen Stuhl. Hassun selbst aber begab sich ein Jahr darauf gleichfalls nach Rom und [* 10] legte seine Würde nieder.
Das Dogma und der Ritus der schismatischen Armenier nähern sich dem der alten griechischen Kirche. Den Hauptunterschied von dieser in ersterer Beziehung bildet die Lehre von der Vermischung der göttlichen und menschlichen Natur in Christus zu einer einzigen. Eigentümlich ist ihnen bei der Feier der (sieben) Sakramente, daß sie mit der Taufe, bei welcher der Täufling dreimal besprengt und untergetaucht wird, zugleich die Firmelung verbinden, beim Abendmahl unvermischten Wein und gesäuertes Brot [* 11] gebrauchen, welches, in Wein getaucht, herumgereicht wird, und die Letzte Ölung nur an geistlichen Personen gleich nach dem Tod vornehmen.
Das Oberhaupt (Katholikos) der ganzen schismatischen armenischen
Kirche ist der Patriarch von Etschmiadsin, dem ein Rat von Erzbischöfen
und Bischöfen zur Seite steht, und dem die armenischen
Patriarchen von Jerusalem
[* 12] und Konstantinopel
[* 13] untergeordnet sind. Der
Bildungsstand der Geistlichen ist gering, ihre Vorbereitung eine mehr äußerliche und asketische. Überhaupt ist die armenische
Geistlichkeit ärmer als jede andre. Die Pfarrer ziehen ihren Unterhalt bloß aus den Almosen, welche bei Taufen, Begräbnissen
und für die Segensgebete gespendet werden, welche zweimal des Jahrs für jedes Haus stattfinden.
Seit 1839 haben protestantische Missionäre besonders der Londoner Gesellschaft begonnen, auf den sehr gesunkenen
Zustand der armenischen
Kirche einzuwirken. Sie begegneten dabei zuerst einem plumpen Fanatismus, doch bildeten sich protestantische
Gemeinden zu Erzerum und Trapezunt. Bedeutender noch ist die evangelische Bewegung unter den Armeniern in Konstantinopel.
Vgl. Hamachod, Chronological succession of Armenian patriarchs (Lond. 1865);
Malan, Divine liturgy of the Armenian church (das. 1870);
Troitzky, Der Ritus der armenischen
Kirche (in russ. Sprache, 1875).