Armāda
(span.),
ursprünglich jede bewaffnete Macht zu
Wasser oder zu
Lande, vorzugsweise eine
Kriegsflotte. Namentlich
aber versteht man unter Armada
die
Flotte
Philipps II. von
Spanien,
[* 2] welche das ihm vom
Papst
Sixtus V. geschenkte
England erobern sollte, und deren
Untergang den
Verfall der spanischen Weltmacht entschied. Sie bestand aus 130 großen und 30 kleinern
Kriegsschiffen und hatte 19,295
Soldaten, 8450
Matrosen, 2088 Sklaven, 2630
Kanonen sowie ungeheure Kriegsmaterialien und Mundvorrat
auf sechs
Monate an
Bord. Der
Großinquisitor, zahlreiche
Mönche, katholische Flüchtlinge aus
England und
Irland u. a. begleiteten die
Unternehmung.
Oberbefehlshaber war der Herzog von Medina-Sidonia, ein bewährter Krieger, aber kein Seemann, Vizeadmiral Martinez de Recalde. Am lief die Flotte von Lissabon [* 3] aus, um zunächst in Coruña Truppen und Kriegsvorrat einzunehmen. Aber schon wenige Tage darauf ward sie von einem Sturm überfallen; ein Schiff [* 4] ging unter, auf drei andern brach eine Empörung der Galeerensklaven aus, welche die Schiffe [* 5] in einen französischen Hafen führten; die übrigen mußten in den Hafen von Coruña einlaufen, um ausgebessert zu werden.
Hierauf segelte die Armada
durch den
Kanal
[* 6] nach der flandrischen
Küste, um in
Nieuport und
Dünkirchen
[* 7] das unter
dem Befehl
Alexanders von
Parma
[* 8] stehende Landungsheer von 31,000 Mann zu
Fuß und 4000
Pferden aufzunehmen. Der Befehlshaber
der englischen
Flotte,
Lord
Howard, beobachtete die Armada
auf der
Höhe von
Plymouth.
[* 9] In Form eines
Halbmonds, der von einer
Spitze
bis zur andern 50 km maß, steuerte die Armada
auf den Gegner los. Dieser vermied indes das ungleiche
Gefecht, umschwärmte jedoch
mit seinen leichten
Schiffen die Armada
und fügte durch wohlgezielte
Kugeln den schwerfälligen spanischen
Schiffen bedeutenden
Schaden zu. Kaum war die Armada
im
Angesicht des Feindes auf der
Höhe von
Dünkirchen angelangt, so hemmte 7. Aug. eine
Windstille jede
Bewegung.
Lord
Howard rüstete indes acht
Brander aus, die er, als sich um
Mitternacht ein leichter
Wind erhob, gegen die Armada
treiben ließ.
Dadurch entstand unter den Spaniern die entsetzlichste Verwirrung. Jetzt griff
Howard mit
Lord
Seymour und
Drake 8. Aug. morgens
um 4
Uhr
[* 10] die Armada
auf verschiedenen Seiten an. Nach tapferm
Widerstand beschloß der spanische
Admiral, das Unternehmen aufzugeben
und, weil ein starker Südwind die
Fahrt durch den
Kanal nicht erlaubte, nordwärts um
Großbritannien
[* 11] herum nach
Spanien zurückzukehren.
Auf dieser
Fahrt aber wurden die spanischen
Schiffe, die sich aus
Furcht vor einem
Angriff nahe aneinander
gehalten hatten, durch wiederholte starke
Stürme durcheinander geworfen und zerstreut. Ein Teil scheiterte an
Norwegens
Klippen,
[* 12] ein andrer an
Schottlands
Küsten, ein dritter versank auf offenem
Meer. Einige dreißig überfiel schon im Atlantischen
Ozean 2. Sept. ein
Sturm aus
Westen, der mehrere an die irische
Küste warf, wo sie zu
Grunde gingen. Der Vizeadmiral Recalde
führte nur wenige, sehr beschädigte
Schiffe in die spanischen Häfen zurück; doch selbst hier verfolgte sie noch das Unglück:
zwei Galeonen gerieten zufällig in
Brand und wurden im
Hafen ein
Raub der
Flammen. Ende
September erst lief der
Herzog von
Medina-Sidonia mit den übrigen
Schiffen in den
Hafen von
Santander ein. Die Armada
hatte vom Juli bis
September durch
Stürme
zusammen 72 große
Schiffe und 10,185 Mann verloren, ohne die kleinern Fahrzeuge und die im
Hafen verbrannten zwei Galeonen.
Fast jede angesehenere
Familie
Spaniens hatte einen oder mehrere Gebliebene zu
¶
mehr
betrauern, so daß sich Philipp II. bewogen fand, durch ein Edikt die Trauerzeit abzukürzen. Dem Admiral Herzog von Medina-Sidonia
dankte er mit scheinbarem Gleichmut für seinen Diensteifer. »Ich habe meine Flotte nicht gegen Sturm und Wellen
[* 14] ausgesandt, sondern
gegen Menschen«, sagte er. Spaniens Macht war gebrochen; Elisabeth aber ließ eine Medaille prägen mit der
Inschrift: »Afflavit Deus et dissipati sunt«, zu deutsch (nach Schillers Gedicht »Die unüberwindliche Flotte«): »Gott der Allmächtige
blies, und die Armada
flog nach allen Winden«.
[* 15]