Titel
Aristarchos
,
1) Aristarchos
aus
Samos, Astronom um 270
v. Chr., ist bekannt als der Hauptvertreter des heliozentrischen
Weltsystems
im
Altertum. Nach dem
Zeugnis des
Archimedes sah
er den Fixsternhimmel als unendlich weit entfernt an; er lehrte ferner, daß
derselbe stillsteht, während die
Erde sich um ihre
Achse dreht und gleichzeitig in einem gegen den
Äquator
geneigten
Kreis
[* 2] um die
Sonne
[* 3] läuft. Deshalb wurde er, wie Plutarch berichtet, von dem
Stoiker Kleanthos der Gottlosigkeit angeklagt.
In seiner uns erhaltenen
Schrift Ȇber
Größe und
Entfernung der
Sonne und des
Mondes« (hrsg. von Wallis,
Oxf. 1688; deutsch von Nokk,
Freiburg
[* 4] 1854) gibt er eine sinnreiche
Methode an, das
Verhältnis zwischen diesen
Entfernungen zu bestimmen mittels
des
Winkels, den die vom
Auge
[* 5] des Beobachters nach den
Mittelpunkten beider
Gestirne gehenden
Geraden in dem
Augenblick einschließen,
wenn der
Mond
[* 6] genau halb beleuchtet erscheint.
Da aber dieser
Winkel
[* 7] nur um 10 Bogenminuten von 90° abweicht, so konnte ihn
Aristarchos
nicht mit hinlänglicher Genauigkeit messen; er fand dafür 87° und berechnete daraus 1:18 bis 1:20 für
jenes
Verhältnis, während dieses in
Wahrheit 1:3,44 ist.
2) von Samothrake, berühmter griech. Grammatiker und Kritiker, lebte in der ersten Hälfte des 2. Jahrh. v. Chr. zu Alexandria als Lehrer der königlichen Prinzen und als Vorsteher der Bibliothek. Unter der tyrannischen Regierung seines Zöglings Ptolemäos VII., Physkon, floh er nach Cypern, [* 8] wo er, 72 Jahre alt, an der Wassersucht starb. Seine Thätigkeit war namentlich den griechischen Dichtern zugewendet, vorzugsweise dem Homer. Um diesen erwarb er sich das größte Verdienst durch seine kritische Textausgabe, die wesentliche Grundlage des heutigen Textes, und die sich daran schließenden Erläuterungsschriften, die auf einer außerordentlichen Kenntnis der Sprache [* 9] und des sachlichen Inhalts der Homerischen Gedichte beruhten. An ihn schloß sich eine eigne Schule an, die der Aristarcheer, welche bis über den Anfang der Kaiserzeit in seinem Sinn fortwirkte.
Von seinen mehr als 800 grammatischen und exegetischen Schriften (außer Homer über Pindar, Archilochos, die Tragiker, Aristophanes u. a.) sind nur zerstreute Fragmente erhalten; über seine Homerischen Studien geben namentlich die zum großen Teil aus Auszügen der Schriften der Aristarcheer Didymos und Aristonikos beruhenden venezianischen Scholien zur Ilias Auskunft.
Vgl. Lehrs, De Aristarchi studiis Homericis (2. Aufl., Königsb. 1865);
Ludwich, Aristarchs Homerische Textkritik (Leipz. 1884-85, 2 Bde.).
Sprichwörtlich bezeichnet man einen unerbittlichen
Kritiker mit dem
Namen Aristarchos.