Arianischer
Streit
, der erste große Lehrstreit
, welcher das ganze
römische Reich über ein halbes
Jahrhundert lang
erregte. Das dritte
Jahrhundert hatte dem vierten die Aufgabe hinterlassen, die bereits vielfach feststehende Wesensgleichheit
des
Vaters und des
Sohnes mit der biblisch bezeugten Unterschiedenheit der beiden Persönlichkeiten zu vereinigen. Der in
Antiochia
gebildete alexandrinische
Presbyter
Arius, welcher den
Anlaß zum ganzen Streit
gab, lehrte seit 313 im
Gegensatz zu seinem
Bischof
Alexander, welcher den Sohn als den von Gott von
Ewigkeit her Gezeugten, dem
Vater in allem
Gleichen
faßte, einen in der Zeit vom
Vater geschaffenen, ihm zwar ähnlichen, aber doch veränderlichen Sohn,
also ein Geschöpf
Gottes, eine Art von Mittelwesen zwischen
Gottheit und Menschheit.
Daher der Gegensatz zwischen den Parteischlagwörtern Wesensgleichheit (Homousie) und Wesensähnlichkeit (Homöusie). Nachdem der Wille des Kaisers Konstantin und die Beredsamkeit des Athanasius (s. d.) zu Nicäa 325, trotz der Vermittelungsversuche des sich mit Arius vielfach berührenden Eusebius von Nikomedia (s. d.) sowie des sich dem alexandrinischen Standpunkt nähernden Eusebius von Cäsarea (s. d.), jener Formel den Sieg verschafft hatten, erfolgte noch unter demselben Kaiser ein Umschlag zu gunsten der andern, und die sogen. Homöusianer behaupteten auch nach dem 336 plötzlich, am Vorabend vor seiner durch den Kaiser angeordneten Aufnahme in die Kirchengemeinschaft, erfolgten Tode des Arius die Oberhand im Orient, während die Herrscher des Westreichs die nicäische Orthodoxie beförderten.
Zahlreiche Synoden, die sich gegenseitig verfluchten, wurden gehalten; namentlich offenbarte sich das Schisma der Christenheit in den 343 sich gegenüberstehenden Kirchenversammlungen von Sardica und von Philippopolis. Bald aber spalteten sich auch die Arianer in Semiarianer (Homöusianer) und strengere Arianer, welche nichts über das Wesen (Usia) des Sohnes, sondern nur im allgemeinen seine Ähnlichkeit [* 2] mit dem Vater bekennen wollten (Homöer), ja strengste Arianer (Anomöer).
An der
Spitze der letztern, die den Sohn sogar für dem
Vater unähnlich erklärten, standen der antiochenische
Diakon
Aëtius
(s. d.) und der
Bischof
Eunomius von
Cyzicus. Aber eben hierdurch wurden die
Semiarianer zum Anschluß an die Nicäer gedrängt
und der durch die
Politik des
Kaisers
Theodosius auf dem zweiten allgemeinen
Konzil zu
Konstantinopel
[* 3] (381), welches das Nicäische
Bekenntnis wiederholte, schließlich bewerkstelligte
Sieg des Nicänums auch innerlich vorbereitet. Nur die
germanischen
Völker, welche das
Christentum mittlerweile von dem arianischen
Ostreich angenommen hatten
(Goten,
Vandalen,
Langobarden),
hielten es noch jahrhundertelang in der arianischen
Form fest.
Vgl. Böhringer, Athanasius und Arius (»Kirchengeschichte und Biographien«, Bd. 6, Stuttg. 1874);
Kölling, Geschichte der arianischen
Häresie (Gütersl. 1875-83, 2 Bde.).