Titel
Argyll
(spr. argeil), schott. Adelstitel, den das jedesmalige
Haupt des anglonormännischen, in
Schottland eingewanderten
Geschlechts der
Campbell, seit 1457 als
Graf,
seit 1641 als
Marquis und seit 1701 als
Herzog von Argyll
, führte, über die Geschichte der
Familie vgl. »The
house of Argyll
and the
collateral branches of the clan
Campbell« (Glasg. 1871). Unter den
Inhabern des
Titels ragen hervor:
1) Archibald, Marquis von, geb. 1598, war, von Karl I. 1635 bei der Besetzung des schottischen Lord-Kanzleramts übergangen, zur Opposition übergetreten und einer der einflußreichsten Führer der streng presbyterianischen Covenanters, so daß er in den schottischen Wirren 1638-41 eine Hauptrolle spielte. Obwohl Karl ihn 1641, um ihn zu gewinnen, zum Marquis ernannte, trat er 1643 durch Pym mit dem englischen Parlament in Verbindung, kämpfte 1645 gegen die Royalisten unter Montrose, ward aber bei Innerlochy geschlagen. Der Ausrufung Karls II. zum König von Schottland 1649 stimmte er erst bei, als er die religiöse Freiheit durch die dem König gestellten Bedingungen gesichert sah, und schloß sich 1651 nach der Unterwerfung Schottlands durch Cromwell der Sache der Republik wieder an. Nach der Restauration ward er von Karl II. amnestiert, trotzdem aber 1661 vom schottischen Parlament des Hochverrats schuldig gesprochen und enthauptet.
2) Archibald,
Graf von, Sohn des vorigen, entschiedener
Royalist, erhielt wegen der
Dienste,
[* 2] welche er 1653 und 1654
Karl
II. in
Schottland geleistet, von diesem den größten Teil der konfiszierten väterlichen
Güter zurück.
In den 20
Jahren, welche
der
Restauration der
Stuarts folgten, blieb er denselben durchaus treu, bewahrte aber die streng presbyterianische
Gesinnung,
die er von seinem
Vater geerbt hatte. Als aber 1681 der
Herzog von
York die Statthalterschaft
Schottlands
übernommen hatte, leistete den auf des
Herzogs Betreiben von dem schottischen
Parlament vorgeschriebenen
Eid, der sich gegen
die Covenanters richtete, nur mit einer einschränkenden
Klausel und wurde deshalb verhaftet und als
Hochverräter wider alles
Recht und formlos zum
Tod verurteilt. Er floh nach
Friesland, wo er bis zu
Jakobs II. Thronbesteigung 1685 zurückgezogen
lebte. Da faßte er mit dem
Herzog von
Monmouth und andern
Emigranten den
Plan einer
Landung in
Schottland, um mit
Hilfe der Covenanters
die verhaßte
Regierung zu stürzen. Im Mai 1685 kam Argyll
mit drei
Schiffen und etwa 300
Freiwilligen bei
den
Orkadischen Inseln an.
Da aber die
Regierung von dem Unternehmen genaue Kenntnis erhalten hatte, traf Argyll
, als er im
Distrikt
Lorne eine
Landung versuchte, auf königliche
Truppen. Auf dem
Rückzug zu
Renfrew von einem großen Teil seiner
Soldaten verlassen,
suchte er über den
Clyde zu entkommen, ward aber gefangen und auf
Grund der frühern
Verurteilung zu
Edinburg
[* 3] enthauptet. - Nach der
Revolution von 1689 ward der Urteilsspruch zu gunsten seines ältesten
Sohns, Archibald, kassiert
und dieser 1701 zum
Herzog von Argyll
erhoben.
3)
John, Enkel von Argyll
2), geb. folgte 1703 seinem
Vater als
Herzog von Argyll
und wurde 1705 auch zum englischen
Peer mit dem
Titel
Herzog und
Graf von
Greenwich erhoben. Er focht 1706 unter
Marlborough in
Flandern, ward 1711 an
Lord
Stanhopes
Stelle
Kommandeur der britischen
Truppen in
Spanien
[* 4] und 1712 Oberbefehlshaber
in
Schottland, aber wegen seiner
Opposition gegen die Maßregeln des
Hofs abgesetzt. Nach
Georgs I. Thronbesteigung
wieder in königlichem
Dienst, schlug er 1715 bei Dumblane die
Jakobiten unter dem
Grafen
Marr. Im J. 1718 beförderte er als
erklärter Feind des
Ministers
Walpole dessen
Sturz und ward hierauf
Generalfeldzeugmeister und Mitglied
des
Kabinetts. Er starb 1743.
4) George John Douglas Campbell, achter Herzog von, geb. folgte seinem Vater 1847, machte sich früh als publizistischer Schriftsteller bei Erörterung der schottischen Kirchenverhältnisse bekannt, wobei er namentlich die Abschaffung des Laienpatronats befürwortete (»Presbytery examined«, Edinb. 1848). Neben den erblichen Ehrenämtern eines britischen Peers (als Baron Sundridge), Lord-Lieutenants von Argyllshire, Erbsiegelbewahrers und königlichen Hofmarschalls in Schottland etc. vereinigt er eine Menge andrer Würden in seiner Person, ist Mitglied des Geheimen Rats, Präsident der Royal Society von Edinburg, Präsident der Geologischen Gesellschaft zu London, [* 5] Trustee des Britischen Museums. Im J. 1851 wurde er Kanzler der Universität St. Andrews und war 1854-55 Lord-Rektor der Glasgower Hochschule. Im Oberhaus vertrat er stets liberale Grundsätze, gehörte 1852 dem Ministerium Aberdeen [* 6] als Geheimsiegelbewahrer an, wurde 1855 unter Palmerston Generalpostmeister, schied 1858 mit jenem aus der Regierung aus, trat 1859 als Geheimsiegelbewahrer in dieselbe wieder ein und blieb in dieser Stellung unter dem dritten Ministerium Russells.
Seit Dezember 1868 gehörte er als Staatssekretär für Indien dem Kabinett Gladstones an und bewährte sich in den Debatten des Oberhauses über die irische Kirchenbill als glänzenden Redner. Im J. 1874 mit Gladstone zurückgetreten, bekämpfte er im Oberhaus lebhaft die orientalische und indische Politik der konservativen Regierung. Im April 1880 übernahm er in dem umgebildeten Ministerium Gladstone abermals das Amt des Geheimsiegelbewahrers, legte dasselbe aber im April 1881 wieder nieder, weil er mit der von Gladstone eingebrachten irischen Landbill nicht einverstanden war. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »Essay on the ecclesiastical history of Scotland« (2. Aufl., Bost. 1849);
»India under Dalhousie and Canning« (Lond. 1865);
»The reign of law« (1866, 3. Aufl. 1871);
»Primeval man« (1869) und
»The eastern question« (1879, 2 Bde.).
-
Sein ältester Sohn,
John,
Marquis von
Lorne, künftiger
Erbe des Herzogstitels von Argyll
, geb. vermählte
sich mit der
Prinzessin
Luise
¶
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(geb. vierten Tochter der Königin Viktoria von England, und war von 1878 bis 1883, in welchem Jahr er aus Gesundheitsrücksichten nach England zurückkehrte, Generalgouverneur des Kanadischen Bundes.