Argos
(d. h. Ebene), im
Altertum die Hauptstadt der peloponnes. Landschaft
Argolis (s. d.), lag 4 km vom
Meere in einer
vom Inachus und Charadrus durchflossenen Ebene und war auf der Westseite von der
Akropolis
[* 2] Larissa überragt.
Die nach der Sage von
Inachos oder seinem
Sohne Phoroneus gegründete, nach Argos
, dem
Sohne des Zeus
[* 3] und der Niobe, benannte
Stadt war der Mittelpunkt eines Königreichs, das sowohl in der achäischen
Periode als nach der dor. Wanderung, seit letzterer
unter der Herrschaft eines Zweigs der
Herakliden (s. d.), der
Temeniden, eine hervorragende Rolle in der
griech. Sage und Geschichte spielte.
Die
Temeniden erreichten ihr Ende mit Meltas, worauf Könige aus einem andern Geschlechte folgten, bis vielleicht erst nach
den
Perserkriegen das immer mehr beschränkte Königtum gänzlich der
Demokratie weichen mußte. Seit der Zeit des
Temeniden
Pheidon, der außer
Argolis,
Korinth,
[* 4]
Sikyon und Phlius auch
Ägina besaß und den Spartanern Kynuria entrissen
hatte (gegen 748 oder 670–645), war es Argos
nie mehr gelungen, eine dauernde
Hegemonie auch nur über das gesamte
Argolis zu
behaupten; aber es hielt mit der größten Zähigkeit an seinem
Anspruche auf die Führerschaft der peloponnes.
Staaten
fest und geriet dadurch in
Krieg mit
Sparta. Diese Feindschaft, die den Grundzug
¶
mehr
der argivischen Politik bildete, war auch der Grund, weshalb Argos
(495 oder 493 durch die Spartaner furchtbar heimgesucht) in
den Perserkriegen Neutralität bewahrte. Später hielt das demokratisch gewordene Argos
meist zu Athen;
[* 6] zur Zeit des Epaminondas
schloß es sich den Thebanern, nach der Schlacht von Chäronea 338 v. Chr. Philipp von Makedonien an. Durch
Aratus wurde Argos
229/8 dem Achäischen Bunde zugewandt und fiel 140 zugleich mit diesem der röm. Herrschaft anheim. In Argos
wirkten
hervorragende Bildhauer wie Ageladas, Polyklet u. a.; auch wurde die Gymnastik und die Musik daselbst eifrig gepflegt.
Die Stadt, die als Sitz des Landtags der Griechen von Argolis und teilweise von Arkadien unter den Römern
eine glänzende Stellung behauptete, hat bis auf die Gegenwart ihren alten Namen bewahrt. Von den vielen Tempeln des Altertums
und andern Bauwerken ist nur wenig übrig. Unter den Resten zeichnet sich das in den Fels gehauene Theater,
[* 7] das 6000 Zuschauer
fassen konnte, aus. Unweit Argos
liegen die Überreste des 1851 wieder ausgegrabenen Horäum,
des Nationalheiligtums von Argolis, und des 1889 bloßgelegten Tempels der Artemis
[* 8] Orthia auf dem Berge Lykone.
Der erstgenannte Tempel,
[* 9] 423 v. Chr. zerstört, wurde von Eupolemus als dor. Peripteros wieder aufgebaut und mit dem von Polyklet
gefertigten Kultbilde der Hera
[* 10] geschmückt. Die Stadt, die sich 1202–8 im Besitze von Leo Sguros, 1208–12
in dem der Despoten von Epirus, 1212–1388 in franz., 1388–1463 mit kurzer Unterbrechung und wieder 1686–1715 in venet.
Händen befand, 1463–1686 und wieder 1716–1826 türkisch war, wurde während der griech.
Freiheitskämpfe mehrmals verwüstet (namentlich 1822 und 1831), erholte sich jedoch wieder. – Argos
zählt
(1889) 9814 E., ist Hauptort der gleichnamigen Eparchie, Station der Eisendahn Korinth-Argos-Nauplia und Argos
-Myli und hat eine
Sammlung von Altertümern, besonders aus dem Horäum. –
Vgl. Schneiderwirth, Geschichte des dorischen Argos
(Tl. 1 u. 2, Heiligenst.
1865–66).