Titel
Argentinische
Republik (Republica Argentina) oder Argentinische Konföderation (confederacion Argentina), auch bloß Argentina oder Argentinien genannt, Staat im SO. von Südamerika. (S. Karte: La Plata-Staaten, Chile und Patagonien.)
Lage und Grenzen. Die A.R. liegt zwischen 22° und 54° 30' südl. Br. und 56° 20' und 70° 20' westl. L. von Greenwich, umfaßt etwa 2 894000, nach andern 2 789 400 qkm und grenzt im O. an den Atlantischen Ocean und die Staaten Uruguay und Brasilien, im N. an Paraguay und Bolivia, im W. an Chile, im S. an Chile und das Eismeer. Die Grenze gegen Paraguay in dem zwischen beiden Republiken streitig gewesenen Gran-Chaco bildet nach dem Schiedsspruch des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika vom der Pilcomayo.
Außerdem aber beanspruchte die Argentinische Republik seit 1843 auch Patagonien gegen Chile, bis ein zwischen beiden Regierungen getroffenes Übereinkommen die West- und Südgrenze folgendermaßen festsetzte: Bis zum 52. Breitengrade bildet die Wasserscheide der Cordilleren die Grenze; die Südgrenze läuft vom Kap Dungeneß (Virgenes) im O. der Magalhãesstraße bis zum Durchschnitt des 70.° westl. L. von Greenwich und des 52. Breitengrades und folgt dann letzterm bis zur Wasserscheide der Anden. Außerdem gehören zur Argentinische Republik die Osthälfte Feuerlands und alle im Atlantischen Ocean an der Ostküste Feuerlands und Patagoniens gelegenen Inseln, während Chile alle Inseln im E. des Beaglekanals bis zum Kap Hoorn und im W. des Feuerlands zuerkannt wurden. Die Magalhãesstraße ward auf immer für neutrales Gebiet erklärt und die Schiffahrt durch sie allen Nationen freigegeben.
Oberflächengestaltung. Die ganze Ländermasse zerfällt in folgende 6 natürliche Regionen:
1) Das westl. Grenzgebiet gegen Chile in seiner ganzen Erstreckung erfüllen die Cordilleren (s. d.) oder Anden. Sie ziehen von S. bis 41° südl. Br. als Grenze in einer Kette (bis 2400 m Höhe), senden nördlich des Lago Nahuel Queräste nach O. (Palau Mahuida 3340 m) und erreichen dann größere, meist vulkanische Höhen (Tupungato 6178 m, Aconcagua 6970 m, Cerro del Cobre 5580 m, Copiapo 6000 m). Von Übergängen ist der wichtigste der Cumbrepaß (33°) westlich von Mendoza in 3900 m Höhe.
Von hier ab nordwärts verzweigt sich das Gebirgssystem und läßt auf argentin. Gebiete ausgedehnten Plateaus von etwa 4000 m Höhe und zahlreichen Vorketten Raum, die den nordwestl. Teil des Landes erfüllen. Von den einzelnen Ketten sind die Züge der Sierren Ancaste, Ambato und (unter 23° südl. Br.) Aconquija (bis 4650 m Höhe), die der Sierra Famatina (6020 m) und Gulumpaja wichtig. Beide Züge vereinigen sich zu einer fruchtbaren und dicht bevölkerten Hochfläche, der fast quadratischen 180 km breiten Puna de Jujuy mit Gipfeln bis 6000 m. 2) Östlich von diesem Hochland der Andenregion dehnt sich, im N. über den Pilcomayo nach Bolivia übergreifend, im S. von dem Rio Juramento oder Salado scharf begrenzt, der Gran Chaco (s. d.) aus, das Jagdgebiet der Indianer. Nördlich vom Rio Vermejo, der das Plateau von Jujuy entwässert, der Chaco Central, ein 300 m hohes feuchtes Wald- und Weideland, südlich von ihm der Chaco Austral, ein wasserarmer sumpfreicher Landstrich.
3) Im O. grenzt an dieses Gebiet das Zwischenstromland, einem leicht gewellten Alluvionsboden zwischen dem Parana (Paraguay im N.) und dem Uruguay (s. d. und La Plata), das reichlich bewässert, fruchtbar und an den Flußufern sowie in der Sierra Central de las Misiones im NO. (250 m) dicht bewaldet ist.
4) Die Region in der Mitte des Landes wird charakterisiert durch ein in drei geschlossenen Zügen von N. nach S. ziehendes, alleinstehendes Gebirge aus Granit, Gneis und Quarz, die Sierra de Cordoba (bis 2350 m hoch), der sich im W. die Sierra S. Luis vorlagert. Dieser Gebirgszug ist rings von unwirtlichen Salzwüsten und Lagunen umgeben: im O. liegt z. B. das Mar Chiquita, die Laguna de los Porongos und Laguna Barrosa, im NW., W. und S. dehnen sich, von Travesias (Sandwüsten) oder Medanos (wandernden Dünen) unterbrochen, die Salinas Grandes (196 m), die Pampa de las Salinas (350 m) zwischen Sierra S. Luis und Sierra de la Huerta und die Laguna Bebedero über gewaltige Flächen aus. Von den zahlreichen Flußläufen, z. B. Rio Atuel und Salado in Mendoza, Rio Vermejo in San Juan, Saladillo in Santiago erreichen nur zwei, der Rio Tercero und Rio Cuarto oder Carcarañal, an der Ostseite der Sierra de Cordoba, den Parana. Gänzlich wasserlos sind im S. von S. Luis die Travesia Grande und Travesia Puntana.
5) Allmählich geht diese Region nach S. zu, und zwar im O. rascher als im W., in die grasreichen Landschaften der Pampas (s. d.) über. Diese ist mit unzähligen kleinen Lagunen bedeckt, die nur in der Nähe der Küste kleinen Flußläufen Raum gewähren.
6) Von den Andenströmen Rio Colorado oder Rio Negro südlich (etwa 39° südl. Br.) beginnt das große Gebiet von Patagonien (s. d.). Seine von dem Gebirgskamme nach O. sanft geneigten tertiären Kiesterrassen werden von wenigen Flüssen (darunter der Chubut) zum Atlantischen Ocean entwässert.
Klimatische Verhältnisse. Der Norden des Landes wird von der Isotherme vom 22.° geschnitten, während Feuerland nur 6° mittlere Jahrestemperatur hat. Außerdem nimmt die Wärme nicht regelmäßig von Norden gegen Süden, sondern mehr gegen Südosten ab, und ebenso wird das Klima von Osten nach Westen extremer, so daß namentlich die
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Ebenen am Ostfuße der Anden ein hohes Klima haben (San Luis: Januar 24,7°, Juli 7,9°). In der Tiefebene findet sich ein Küstenklima, in dem das Thermometer selten über +35° C. steigt und selten einige Grad unter Null fällt. In Buenos-Aires ist die mittlere Temperatur des wärmsten Monats 24°, des kältesten 10°. Die Sonnenhitze ist anhaltend; der Frost dauert nur ganz kurze Zeit. Nach den häufigen Gewittern und dem Süd- und Süwestwinde ändert sich die Temperatur in der Regel plötzlich, so daß Temperaturwechsel von 20° in einem Tage nicht selten sind. Da der Winter so milde ist, kann man eigentlich nur eine warme und eine kühle Jahreszeit unterscheiden, erstere von Oktober bis Mai, letztere von Mai bis September dauernd.
Die wegen der starken und anhaltenden Winde unangenehmsten Monate sind September und Oktober. Auf die heißen Tage folgen, auch im Sommer, stets kühle Nächte; nur in den nördl. Gegenden wird die Wärme ermattend, und im Chaco steigt die Temperatur wochenlang am Tage über 37°, ohne daß die Nächte hinreichende Abkühlung gewähren. Der Herbst ist sehr gleichmäßig warm und ziemlich feucht. Im Juli bis August, also im Winter, schwankt das Thermometer zwischen 9 und 14° C. Selten ist die Luft still. So z. B. weht im Ästuar des La Plata der Südostwind sieben Monate hindurch.
Virazon nennt man in den La Plata-Gegenden den während der zweiten Hälfte der Nacht wehenden Landwind und den während der zweiten Hälfte des Tages wehenden Seewind. Der Pampero, ein kalter aus den Anden kommender Südwestwind, ist äußerst trocken, und ihm schreibt man das außerordentlich gesunde Klima der La Plata-Gegenden zu. Wird der Südost sehr stark und bringt er Gewitter, so heißt er Suestadas; heftige Regen begleiten ihn. Die Monate Januar bis März ausgenommen, fällt das ganze Jahr hindurch starker Tau.
Äußerst unregelmäßig ist die Regenverteilung; die jährliche Regenmenge zu Buenos-Aires schwankt zwischen 455 und 1394 mm, ebenso ist die Verteilung auf die verschiedenen Jahreszeiten sehr ungleich. Der meiste Regen fällt beim Wechsel der warmen und kühlen Jahreszeit. Nachts regnet es häufiger als am Tage, und zuweilen fallen ungeheure Wassermengen. Die Gewitter sind dann und wann von sehr starken Hagelschlägen begleitet. Je weiter nach Norden, desto trockner wird der Winter, und desto reichlicher fallen die Sommerregen.
Der starke, anhaltende Nordwind, Zonda genannt, ist in den Ebenen der Samum der Travesias oder Wüsten. Dagegen hat die innere Ebene ein sehr trocknes Klima mit Temperaturextremen von +32 und -4°. Die überreichen Regen, die im Oktober und November in Tucuman und Santiago del Estero fallen, veranlassen die großen Überschwemmungen des Dulce, Juramento, Vermejo und Pilcomayo. Dort fällt im November wohl doppelt soviel Regen als im ganzen übrigen Jahre. Die größten Regenmengen haben die nördl. und nordöstl. Gebiete, die geringsten von nur 100 bis 200 mm jährlich der Ostfuß der Anden, die Gegend von Mendoza. Ganz allgemein nimmt die Regenmenge von den Anden gegen die Küste zu ab, im südl. Teile des Landes in derselben Richtung aber zu; die Grenze beider Gebiete bildet der Rio Colorado.
Mineralien. Von den Produkten des Mineralreichs werden Achate, Karneole, Jaspis u. s. w. vom obern Uruguay in Menge ausgeführt. Kochsalz und schwefelsaure Salze sind in der innern Ebene verbreitet; auch an nutzbaren Thonarten fehlt es nicht. Das Gebirge von Cordoba ist reich an Marmorarten und Bleiglanz. In dem Gebirge von San Luis wird Gold gewaschen; auch Eisen, Blei, Kupfer und Antimon finden sich hier. Man gewinnt Kupfer im südl. Mendoza im Payengebirge und in den Paramillos, Salz beim Fort San Rafael.
Hier sind auch reiche Lager von Bergkrystall, Achaten, Chalcedonen, Karneolen, Amethysten, buntem Marmor u. s. w. vorhanden. Die Sierras von Gualilan und Cachi führen Gold, das sich auch bei Jachal findet. Die Anden von Rioja, die metallreichsten, enthalten Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Nickel, Zinn, Blei und Bergkrystall in Menge. Ebenso die Sierra von Belen. Im Atajo werden reiche Kupferminen abgebaut. Auch die Ketten von Jujuy und Salta sind metallreich; Gold und Silber finden sich sehr häufig. Die Sierra del Alumbre enthält Alaun und eine reiche Erdölquelle. Doch ist die Ausbeutung der mineralischen Schätze noch gering.
Pflanzenwelt. Die argentin. Flora wird nach Professor Lorentz in Cordoba in neun verschiedene Abteilungen geteilt: Formation der antarktischen Hölzer, patagon. Formation, Pampasformation, Chañarformation, subtropische Formation, Punaformation, Chacoformation, Paraguay- und mesopotamische Formation. Erstere Formation reicht etwa bis zum 39.° nördl. Br., wahrscheinlich bis dahin, wo das Festland nach N. hin sich verbreitert, und ist gekennzeichnet durch Buchenwälder.
Die Hügel, die dem Winde ausgesetzt sind, tragen nur Brombeergesträuch und Gestrüpp. Die patagon. Formation ist eine Mischung von Kräutern, Stauden und Bäumen. Die Pampasformation ist der Gegensatz zu der vorigen, sowohl in petrographischer als phytologischer Hinsicht. Die Gräser herrschen vor, und holzartige, dem Gebiete eigentümliche Pflanzen fehlen vollständig. Diese Formation ist mehr vom Regen begünstigt als die Chañarformation, die sich der patagon. durch ihre Trockenheit und das Vorherrschen holziger Pflanzen nähert und die den Provinzen Cordoba, Santiago, Catamarca, La Rioja, San Juan, Mendoza und San Luis eigen ist.
Sie besteht besonders aus Brombeeren, Gehölz und Gestrüpp. Nach den Dornengewächsen heißt sie auch Espinalregion. Diese Espinales verlieren jenseit des 40.° südl. Br. allmählich ihren immerhin noch mannigfaltigen Wuchs und laufen in die Geröllflächen Patagoniens (s. d.) aus, die so gut wie ganz der Kulturansiedelungen entbehren in solchen Breiten, wo der Norden Amerikas seine reichen Gefilde von Oregon und Neuengland ausbreitet, und der Süden an der andern Küste durch den Waldreichtum Valdiviens ausgezeichnet ist.
Die subtropische Formation bildet den Garten der Argentinische Republik durch die Pracht ihrer Ländereien und ihre erstaunliche Fruchtbarkeit. Man unterscheidet mehrere Zonen, nämlich die des subtropischen Waldes, die in den untern Gebirgsstrichen herrscht;
die des Parklandes, dort wo die Berge in die Ebene übergehen;
die der Akazien in der Ebene selbst;
die des Quebracho Colorado (Loxopterygium Lorenzii Griseb.) in noch tiefern Gegenden, so genannt nach einem prächtigen Baume mit dichtbuschiger Krone, dessen Holz für die Industrie hochwichtig ist;
die der Erle und der Quiñoa, einer Rosacee, in den Bergen und über diesen die Zone alpiner Prärien.
Die Punaformation finden wir über letzterer Zone in den Cordilleren-Regionen,
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eine ärmliche Flora, zusammengesetzt aus Gebüschen von riesigen Actäen und kümmerlicher Kräutervegetation. Wenig östlich von den Cordilleren beginnt die Chacoformation. An Stelle der subtropischen Büsche treten Bäume von geringer Höhe, das Gestrüpp ist höher. Gehölz und Gestrüpp wechselt ab mit Grasflächen. Die Paraguayformation breitet sich im Norden der Provinz Corrientes und auf dem Territorium der Missionen aus und ist wenig bekannt. Gehölze, ähnlich denen der subtropischen Formation, bedecken diese Gebiete.
In den Provinzen Corrientes und Entre-Rios herrscht die mesopotamische Formation, die von den Pampas durch eine große Anzahl von Bäumen und Büschen abweicht. Gehölze und Gestrüpp fehlen nicht. Der Ackerbau ist noch wenig entwickelt, da die Viehwirtschaft besser lohnt als die Bodenkultur. Nur wenige Bodenprodukte kommen in den Handel, doch ist der Getreidebau im Zunehmen. Die Grundlagen der Kultur oder der Gewinnung wildwachsender Produkte sind naturgemäß nach den fünf unterschiedenen Regionen sehr verschiedenartig. In Entre-Rios bestehen noch die Kulturbedingungen des südl. Brasilien, und die von Ilexarten herstammenden Yerba-Mateblätter des sog. Paraguaythees werden gesammelt. In den Pampas ist unter Bewässerung Gemüse- und Getreidebau lohnend; die subtropische Waldregion zieht Mandioca und Bananen, in den Anden die Cocablätter (von Erythroxylon Coca Lam.), die obere Puna die Quiñoa oder nordisches Getreide. Insofern ist der Wert des Landes in der Argentinische Republik sehr ungleich, und große Strecken sind außerdem durch die Salzwüsten dauernd kulturunfähig.
Tierwelt. Belebt werden die Pampas durch zahlreiche Herden verwilderter Rinder und Pferde, Hirsche und Strauße (Avestruz genannt). Hauptsächliche Säugetiere der Argentinische Republik sind sieben Fledermausarten, der Jaguar oder die Unze in den Wäldern an den großen Strömen, der Pumalöwe, die überall verbreitete Felis Geoffroyi Gerc., der große rote Wolf oder Aguara (Canis jubatus Desm.), der große Fuchs oder Culpeus (Canis magellanicus Gray) und der Zorro (Canis Azarae Wied. und gracilis Gray), der Huron (Galictis vittata Bell.), das Chincha (Mephites patagonicus Lichtenst.). Ferner: ein Fischotter, die Comadrija (Didelphys Azarae Rengg.), Ratten- und Mäusearten, Pampashasen (Dolichotis patagonica Wagn.), Iguanas und Viscachas, Meerschweinchen, Gürteltiere, Lamas und Vicuñas u. s. w. An Vögeln sind hervorzuheben: verschiedene Kolibri- und Papageienarten, der häufig vorkommende Rohrhordenvogel (Agelaeus thilius Molin), der Tordo (Icterus sericeus Wied.), der häufigste Vogel des Landes, u. s. w. Auch finden sich mehrere Schildkröten, Saurier-, Schlangen- (auch Klapperschlangen) und Froscharten. Mosquitos und Sandflöhe (Nigua) sind Insekten, die hier den Menschen äußerst lästig werden.
Das Nutzvieh, dessen Zucht für das Land von so großer Wichtigkeit ist, haben erst die Spanier eingeführt, und zwar zunächst das Pferd, sodann 1553 die ersten Rinder. Von diesen eingeführten Tieren stammen die unermeßlichen Herden der Pampas, in denen sich das Vieh seit Anfang des 17. Jahrh. verbreitete. Gegen die Mitte des 18. Jahrh. wurde schon 1 Mill. Häute aus den La Plata-Gegenden ausgeführt; damals tötete man die wild in den Ebenen umherschweifenden Tiere nur wegen ihres Felles.
Jetzt trägt der größte Teil des Viehs das Zeichen seines Besitzers und wird unter den Augen behalten. Die Zahl der Pferde, von denen ehemals ebenfalls ganze Herden verwildert waren, hat sehr abgenommen. Dieselben schweifen noch setzt, wie das Rindvieh, frei umher, bis man sie einfängt, um sie zu gebrauchen. Der Gaucho fängt die Pferde mittels des Lasso oder der Bolas. Der Esel ist für die Zucht der Maultiere von Bedeutung, die als Lasttiere von den Estancias nach den verschiedensten Seiten hin in Menge ausgeführt werden.
Mit der Zucht der Schafe beschäftigt man sich erst in neuerer Zeit ernstlicher. Ziegen sind sehr verbreitet, namentlich beim armen Volke. Das sich schnell vermehrende Lama ist in den Anden Haus- und Lasttier. Schweine zieht man wenig, Federvieh überall. Auch Bienen-, Seiden- und Cochenillezucht findet sich hier und da. Zu den Ausfuhrartikeln aus dem Tierreiche gehören die Felle des Fischotters und des Chinchilla, erstere namentlich aus der Laguna de los Porongos, letztere aus den Anden auf der boliv. Grenze, sodann Straußfedern, Wachs und Honig. Die großartigste Ausbeute aber liefert die Rindviehzucht. Es giebt Saladeros oder Schlachthäuser, die täglich 400 Stück Vieh schlachten. 1893 gab es in der Argentinische Republik etwa 80000000 Schafe, 1 960000 Ziegen, 22000000 Rinder, 5 200000 Pferde, 450000 Esel und Maultiere, 405000 Schweine u. s. w. Am stärksten ist die Viehzucht in den Provinzen Entre-Rios, Buenos-Aires, Santa Fé, Corrientes, Cordoba.
Bevölkerung. Der Census vom Dez. 1869 ergab 1 812 490 E., mit Ausschluß der Indianer, deren Zahl man in Chaco und in Patagonien zusammen auf etwa 80000 rechnete. Die Einwohnerzahl wurde amtlich (1888) auf 3 807 530, von Latzina (1889) auf 3 874000 geschätzt, darunter 400000 Italiener, 150000 Spanier, 150000 Franzosen, 35000 Engländer, 25000 Deutsche und 300000 Mischlinge. 1892 berechnete man schon 4 257000 E. Am dichtesten bevölkert (über 50 E. auf 1 qkm) ist die Umgebung der Hauptstadt Buenos-Aires; viel geringer die Umgebungen der übrigen Städte mit 20-30 E. auf 1 qkm, dann die Landschaften an den großen Strömen, sowie die Provinzen San Luis, Cordoba, La Rioja, Mendoza, Santiago und besonders Tucuman, Jujuy, Salta. Dagegen sind der Chaco, die Pampas und Patagonien so schwach bevölkert, daß auf dieselben weniger als ein Bewohner auf 10 qkm kommt. - Von einheimischen Indianerstämmen hausen im Becken des La Plata im NO., im Territorio de Misiones Occidentales, zwischen den Flüssen Uruguay und Parana, die sehr friedlichen Guayana und die Tupi, die Reste der alten Tupinamba Brasiliens und der Guarani.
Im N. am Paraguay wohnen die Guato, die auf den Flüssen leben und fast alle portugiesisch sprechen; ferner die Guana und die mit diesen eng verbundenen Mbaya. Im Chaco schweifen zwischen dem Pilcomayo und dem Paraguay die verwandten Stämme der Guaycuru, Lengua und Toba, volkreiche aber wilde Stämme, die noch in jüngster Zeit durch die Ermordung des Reisenden Creveaux sich einen traurigen Namen gemacht haben. Südlich vom Pilcomayo am Rio Vermejo leben die unberittenen Stämme der Lule und der Vilela und die Mataco, die auch nach den Pflanzungen auf Arbeit ziehen. Die Chiriguano, ein zur großen Guaranfamilie gehöriger Stamm, wohnen auf den östl. Abhängen der Anden und im Chaco. Diese Indianer, in Bolivia Camba genannt, sind in Viehzucht und Ackerbau sehr vorgeschritten. Die immer
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mit den Toba im Kriege lebenden, aber wenig zahlreichen Mbocovi hausten (bis 1884/85) im Innern des Chaco, ebenso die jetzt nahezu verschwundenen Abiponer und Calchinen. In den Anden finden sich Quichuastamme, die Christen und Landbauer sind. Die kriegerischen Stämme, die sich unabhängig erhalten haben, werden mit dem Gesamtnamen Indios bravos bezeichnet. Die südlichen sog. Pampasindianer bilden eine Menge kleiner Horden, die aber sämtlich drei großen Gruppen angehören, den Puelche, das sind die eigentlichen Pampasindianer, die sich auch Auca nennen, und den Tehuelche und Ranqueles, die den Araukanern verwandt sind und Patagonien bis zur Magalhãesstraße in Anspruch nehmen.
Seit 1881 sind sie über den Rio-Negro zurückgedrängt worden. Alle unabhängigen Indianerstämme im N. wie im S. haben den kolonisierten Teil des Landes fortwährend durch ihre Einfälle beunruhigt, namentlich in Zeiten, wo die Kräfte des Landes durch Bürgerkriege in Anspruch genommen waren. Ihre Zahl beträgt jetzt noch etwa 100000. Die ehemaligen Missionen der Jesuiten, später der Franziskaner, bestanden in La-Guayra, in Paraguay und in Corrientes. Kurz vor Vertreibung der Jesuiten waren hinzugekommen die Missionen zu San Estanislao, San Joaquin und Belen, die die Verbindung mit den Niederlassungen bei den Mojo und Chiquito herstellen sollten. Von 1810 an wurden die seßhaften Indianer gezwungen, in die Armee einzutreten, und infolgedessen zerstörte man 1817 die 15 indian. Ortschaften in den noch bestehenden Missionen des Uruguay gänzlich. Seit 1853 sind die Indianer ihren Dörfern wiedergegeben, und ihre Civilisierung ist ins Auge gefaßt. Die Missionen sind aufs neue eingerichtet, und schon sind einem Teile der Indianer die Produkte der europ. Industrie unentbehrlich geworden.
Die weiße Bevölkerung besteht zunächst aus den Nachkommen der ursprünglichen span. Eroberer, den Argentinos, dann aus den zahlreichen eingewanderten Kaufleuten, Handwerkern, Abenteurern und Flüchtlingen der verschiedensten Länder Europas. Diesen schließen sich an die von den Weißen mit indian. Frauen erzeugten Mischlinge, im N. Cholo und in den Küstenstaaten Chino genannt. Seit 1702 kamen hierzu noch die als Sklaven eingeführten afrik. Neger, deren mit Weißen erzeugten Mischlinge Mulatten, mit Indianern erzeugte Zambo genannt werden.
Die Einwanderung von Kolonisten wurde erst nach 1820 von Bedeutung, eigentlich erst von 1830 an. Von 1843 bis 1852 hörte die Einwanderung fast ganz auf. Buenos-Aires ist seit 1848 der eigentliche Ort der Einwanderung; die Zahl der Einwanderer betrug 1883: 63 213, 1890: 138 407, 1891: 73 597, 1803: 84 420, meist Italiener, daneben Spanier, Franzosen u. s. w.;
unmittelbar nach Buenos-Aires kamen 1890: 77 815, 1893: 52 067 Personen, darunter 37 977 Italiener, 2012 Franzosen, 7100 Spanier, 685 Österreicher, 748 Deutsche, 906 Russen und 1979 andere.
Dagegen wanderten aus 1879: 23 690, 1890: 82 981, 1891: 90 936, 1893: 48 794 Personen. Die innern Staaten werden erst seit 1854 von den Einwanderern aufgesucht, und den meisten ist es dort gelungen, sich eine leidliche, zum Teil gute Lebenslage zu schaffen. Seit 1853 sind die Farbigen ganz unter die weiße Bevölkerung gemischt als Handwerker, Arbeiter, Ackerbauer, auch als Eigentümer, meist aber als Dienstboten.
Handel und Verkehrswesen. Der Handel hat besonders infolge der von Engländern und Deutschen in großartigem Maßstabe eingeführten Schafzucht einen lebhaften Aufschwung genommen. Die Wollausfuhr betrug 1879: 919 511 t im Werte von 88 601000 M., 1889 gar 226 840000, 1891: 177 304000 M. Jedoch wurde, wie das bei einem noch verhältnismäßig jungen Kulturlande natürlich ist, die Ausfuhr bis vor kurzem von der Einfuhr überwogen. Die im Anfang 1890 eingetretene Handelskrisis und die infolge dieser eingetretene starke Entwertung des Geldes hat zu zahlreichen Bankrotterklärungen geführt und auch die beteiligten Firmen des Auslandes schwer geschädigt.
Die Einfuhr betrug in Tausenden Pesos nacionales (1 Peso = 4 M.) ohne die Edelmetalle: 1886: 95 409, 1888: 128 412, 1890: 142 241, 1891 nur 67 207, 1892: 97 899, 1893;
96 105.
Die Ausfuhr betrug 1886: 69 835, 1889: 122 815, 1890: 100 819, 1891: 103 219, 1892: 114 667, 1893: 92 704.
Die wichtigsten Handelsartikel waren 1893 (in Tausenden Pesos):
Einfuhr:
Gewebe und Kleider | 32509 |
---|---|
Nahrungsmittel | 10724 |
Eisen und Eisenwaren | 13055 |
Getränke | 8341 |
Holz und Holzwaren | 4889 |
Eisenbahnmaterial | 3279 |
Papier und Papierwaren | 3127 |
Metalle | 1555 |
Töpfer- u. Glaswaren | 2360 |
Chemikalien | 4095 |
Kohlen, Koks, Öl | 6868 |
Verschiedenes | 5297 |
Ausfuhr:
Tiere u. tierische Produkte | 52997 | |
---|---|---|
Landwirtschaftliche Erzeugnisse | 29017 | |
Manufakturen | 4769 | |
Walderzeugnisse | 2251 | |
Mineralien | 362 | |
Verschiedenes | 3305 |
Von den Hauptartikeln entfielen (1893) in Prozenten auf:
Warengruppen | Einfuhr | Ausfuhr |
---|---|---|
Nahrungs- und Genußmittel | 16,9 | 42,5 |
Tiere | --- | 6,5 |
Rohstoffe | 16,2 | 51,0 |
Fabrikate | 66,9 |
Gold wurde (1891) 8,88, Silber 0,37 Mill. Pesos eingeführt, während nur 1,18 bez. 0,51 Mill. zur Ausfuhr gelangten. 1893 betrug die Einfuhr von Edelmetallen 4,68, die Ausfuhr 0,81 Mill. Pesos.
Infolge der Hebung des Handels ist auch die Schiffahrt zur Blüte gelangt, doch zeigt sich auch hier seit der Handelskrisis ein Rückgang.
Den auswärtigen Schiffsverkehr aller argentin. Häfen stellt folgende Tabelle dar:
Segler | Davon beladen | Dampfer | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Schiffe | Tonnen | Schiffe | Tonnen | Schiffe | Tonnen | |||
Eingelaufen 1889 | 8222 | 1675345 | 7641 | 1642863 | 6223 | 5036341 | ||
-"- | 1893 | 3036 | 763764 | 2225 | 620958 | 7731 | 5641254 | |
Ausgelaufen 1889 | 5479 | 1264755 | 1665 | 309393 | 5990 | 4578217 | ||
-"- | 1893 | 2820 | 681585 | 1487 | 499102 | 7940 | 5751737 |
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Im J. 1888 bestanden 24 Dampferlinien nach Europa (9 engl., 6 ital., 5 franz., 3 deutsche, 1 holl.) und eine nach Nordamerika. Eine argentin. Linie versieht den Dienst zwischen Buenos-Aires und den atlantischen Häfen bis Kap Hoorn, drei Linien bestehen auf den Flüssen und nach Montevideo. Der Paraguay wird bis Asuncion befahren, von wo paraguaysche und brasil. Dampfer Cuyaba (s. d.) erreichen. Seedampfer kommen bis Rosario herauf.
Außerdem vermitteln auch verschiedene Eisenbahnen den Verkehr mit dem Innern des Landes. Am waren im ganzen 12 353 km im Betrieb, deren Herstellung bisher rund 1800 Mill. M. erforderte. Auf 100 qkm Flächeninhalt des Landes kommen 0,4 km, und auf je 10000 E. entfallen 30,4 km Bahnen. Ungefähr 2500 km befinden sich im Bau und Linien in einer Ausdehnung von etwa 8000 km waren zum Bau in Aussicht genommen. Die überwiegende Mehrzahl der Bahnen gehört Privatgesellschaften, 555 km der Provinz Sta. Fé.
Das der Provinz Buenos-Aires gehörige Bahnnetz von 1209 km hat dieselbe auf Grund des Gesetzen vom im Wege der öffentlichen Versteigerung an die (engl.) Buenos-Aires-Westbahngesellschaft für 104 Mill. M. veräußert. Die Gesellschaft betreibt nur die Hauptbahn La Plata-Buenos-Aires-Trenque-Lauquen (526 km) selbst, während sie die Zweigbahnen wieder veräußert oder für die Konzessionsdauer verpachtet hat. Die argentin. Eisenbahnen besaßen 880 Lokomotiven, 1128 Personenwagen, 143 Schlaf-, 679 Gepäck- und 24260 Güterwagen.
Befördert wurden 1891: 10 820000 Reisende und 4 690000 t Güter. Das Anlagekapital verzinste sich durchschnitllich mit 1,3 Proz. gegen 1,6 Proz. im Vorjahre; einzelne Bahnen ergaben zum Teil erheblich höhere Renten, doch zahlen die meisten Bahnen jetzt gar nichts mehr. Die wichtigsten Bahnen sind (1892): die Central-Nortebahn von Cordoba nach Chilcas (884 km), die Andinobahn von Villa Maria nach San Juan (255 km), die Buenos-Aires-Pacificbahn von Buenos-Aires nach Villa Mercedes (684,60 km), die Südbahn von Buenos-Aires nach Bahia-Blanca (1352 km) u. s. w. Die 1226 km lange Linie (im Bau) von Buenos-Aires zum Anschluß an das chilen. Eisenbahnnetz bei Yambel (südamerik. Überlandbahn) wird nach Fertigstellung eine direkte Verbindung zwischen der chilen. Hafenstadt Concepcion und Buenos-Aires herstellen.
Durch eine weitere, ebenfalls noch im Bau befindliche Linie nach dem chilen. Eisenbahnnetz wird ein fast gerader Schienenweg von Buenos-Aires über Mercedes, San Luis und Mendoza nach Valparaiso genommen werden. Die auf argentin. Gebiete belegene 1039 km lange Strecke Buenos-Aires-Mendoza ist bereits seit März 1888 im Betriebe. Der Bau der Fortsetzung (Andenbahn) wurde 1888 begonnen und sollte 1893 vollendet sein, doch dürfte die Fertigstellung der Tunnelsektion kaum vor 1896 zu erwarten sein. 1891 erlitten die Arbeiten Verzögerungen durch den chilen. Bürgerkrieg und die argentin.
Finanzverlegenheiten. Auf argentin. Seite sind schon 120 km fertiggestellt, die Arbeiten für die Strecke bis zum Gipfel (125 km) sind im Gange. Von der chilen. Thalstrecke sind 37 km bis Juncal vollendet. Die steilen Abhänge der Anden auf der argentin. Seite erfordern die größten Opfer von Zeit und Arbeit. Bis zum Fuße des Gipfels müssen 6 Tunnels von über 700 m Länge gebohrt und 7 Brücken mit 75 und 45 m Spannweite gelegt werden. Die Bahn windet sich aus beiden Seiten des Gipfels zu einem 5065 m langen Tunnel, der 3140 m ü.d. M. liegt, also etwa 2½ mal höher als der St. Gotthardtunnel (s. Gotthardbahn). Insgesamt sind zur Überschreitung des Gipfels 7 Tunnel mit 16 km Gesamtlänge nötig. Die Spurweite der Andenbahn beträgt 1 m, während auf argentin. Seite die dortige Weitspur (1,676 m) und auf chilen. Seite die gewöhnliche Vollspur (1,435 m) anschließt.
Der Postverkehr wird durch (1892) 1384 Bureaus vermittelt. Die Zahl der beförderten gewöhnlichen Briefe betrug (1888) 32 233 932, der eingeschriebenen Briefe 1 310 909, Postkarten 526 595, Drucksachen 27 974 999, Warenproben 165 195, amtliche Schreiben 616 189, zusammen 62 827 819; die Zahl der Postpakete betrug 20 876.
Im Telegraphenverkehr betrug die Gesamtlänge der Linien (1888) 29 576, der Drähte 68 651, der Kabel 159 km, die Zahl der Bureaus der Staatstelegraphen 162. Die Einnahmen der Staatstelegraphen betrugen (1888) 696 859 Pesos, die Ausgaben 1 666 473 Pesos. In der Provinz Buenos-Aires wurden befördert: 485 738 private, 23 888 Staats-, 370 515 dienstliche, zusammen 880 141 Depeschen. Die Eisenbahntelegraphen beförderten 218 570, 1194 und 1 020 002, zusammen 1 239 766 Depeschen.
Verwaltung und Verfassung. Die Republik zerfällt in 14 Provinzen oder Staaten, die sich in vier Gruppen ordnen. Zur ersten Gruppe, den Küsten- und Stromuferprovinzen, gehören Buenos-Aires (Ende 1892 nach der Schätzung Latzinas 1 020000 E.), Santa Fé (Zählung 1887: 220 332, nach Schätzung für 1892 fast 300000 E.), Entre-Rios (nach Latzina 300000 E.) und Corrientes (216000 E.). Die zweite Gruppe der Andenprovinzen bilden La Rioja (nach Latzina 86000 E.), Catamarca (118000 E.), San Juan (110000 E.) und Mendoza (150000 E.).
Die dritte Gruppe der Centralprovinzen umfaßt Cordoba (380000 E.), San Luis (105000 E.), Santiago del Estero (225000 E.) und Tucuman (225000 E.). Zu der vierten Gruppe, den Nordprovinzen, gehören Salta (162000 E.) und Jujuy (60000 E.). Hierzu kommen noch die neun Gobernaciones (Territorios nacionales) Formosa (Chaco central), Chaco (Chaco Austral), Misioneo, Pampa, Neuquen, Rio Negro, Chubut, Santa Cruz und Tierra del Fuego mit zusammen 250000 E. Bundeshauptstadt ist seit 1880 Buenos-Aires.
Die Verfassung vom (revidiert ist im wesentlichen der Konstitution der Vereinigten Staaten von Amerika nachgebildet. An der Spitze steht ein Präsident, auf 6 Jahre durch 133 Repräsentanten der 14 Provinzen gewählt. Die gesetzgebende Gewalt üben ein Senat und eine Deputiertenkammer, von denen ersterer 30, die letztere 86 Glieder zählt. Ein Vicepräsident wird auf dieselbe Weise und zu derselben Zeit wie der erste Präsident gewählt. Der Präsident ist Oberbefehlshaber der Truppen und vergiebt die Civil-, Militär- und richterlichen Ämter. Doch bleibt er, wie auch seine Minister, deren es fünf (Inneres, Auswärtige Angelegenheiten, Finanzen, Justiz, Kultus und Unterricht, Krieg und Marine) giebt, dem Senate und Repräsentantenhause verantwortlich.
Die Einnahmen betrugen (in Tausenden Pesos) 1886: 46 762, 1887: 57 306, 1888: 51 640, 1890: 72 900, 1891: 73 150, 1894: 34 193 in Gold und 20 280 in Papier;
über die Ausgaben sind Abrechnungen für 1886: 46 695 und für 1887: 54 098 vorhanden.
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Die Staatsschuld betrug argentinische äußere Schuld: 208,883 Mill. Pesos Gold; d. innere Schuld: 194,378 Mill. Gold und 43,520 Mill. Papier;
c. schwebende Schuld: 13,517 Mill. Gold und 20,460 Mill. Pesos Papier. Es kommt demnach auf den Kopf der Bevölkerung eine Schuld von 330 M.
Das Wappen der Republik ist ein quergeteilter Schild;
das obere Feld blau, das untere silbern;
im untern halten zwei verschlungene Hände einen Stab mit der in das obere Feld hineinragenden roten Freiheitsmütze;
hinter dem obern Schildrande eine aufgehende goldene Sonne.
Den Schild umschließt ein Eichen- und ein Lorbeerzweig. Die Flagge ist blau-weiß-blau horizontal gestreift, mit einer Sonne in dem mittlern Streifen. (S. Tafel: Flaggen der Seestaaten.)
[* ] ^[Abb.]
Heerwesen. Die Armee zählt 1590 Offiziere und 6498 Mann. Die Nationalgarde ist etwa 480000 Mann stark. Militärisch ausgebildet sind höchstens 65000 Mann. - Die Flotte besteht aus 47 Schiffen, darunter 6 Panzerschiffe, 7 Kanonenboote, 24 Torpedofahrzeuge; zusammen mit 223 Kanonen armiert und einer Besatzung von 2190 Mann.
Geistige Kultur. Das ganze Unterrichtswesen wurde seit 1868, dem Regierungsantritte des Präsidenten Sarmiento, einer wirksamen Reorganisation unterworfen. So erhielt die Universität Cordoba, die bis dahin unter jesuitischer Leitung äußerst wenig in den Naturwissenschaften geleistet hatte, auf Betrieb des Präsidenten mehrere Professoren aus Deutschland für Chemie, Physik, Botanik u. s. w. und auch einen namhaften Astronomen aus Nordamerika. Neben den beiden Universitäten Buenos-Aires und Cordoba bestehen gegenwärtig noch 14 Kollegien, an denen ebenfalls vielfach deutsche Lehrer angestellt sind.
Diese Anstalten gleichen ihrem Unterrichtsplane nach etwa unsern höhern Industrieschulen. Namentlich um das Elementarschulwesen hat sich die Regierung Sarmientos und vor allem sein Unterrichtsminister Avellaneda große Verdienste erworben. 1875 genossen in der Republik 125 150 Schüler Unterricht; es bestanden 1896 Primärschulen. In der Argentinische Republik ist, ebenso wie in Brasilien und Chile, allen christl. Konfessionen freier Kultus und Gründung von Schulen gestattet.
Doch bekennen sich fast sämtliche eingeborene Weiße und die bekehrten Indianer zum Katholicismus. Ein Erzbischof hat seinen Sitz in Buenos-Aires, und unter ihm stehen vier Bischöfe zu Parana, Cordoba, San Juan (Cuyo) und Salta. Sprache der Regierung wie des Landes ist das Spanische; doch ist unter den Gebildeten das Französische, in den Seestädten das Englische sehr verbreitet, während in den innern Provinzen noch vielfach die Guaranisprache herrscht.
Geschichte. Der La Plata-Strom wurde 1512 durch den span. Großpiloten Juan Diaz de Solis aufgefunden und auf einer zweiten Reise 1515 bis zur Mündung des Uruguay befahren. 1527 erreichte Sebastian Caboto den La Plata und baute am Parana das Fort Santo Espiritu, die erste span. Niederlassung. Dann legte Pedro de Mendoza als erster Adelantado (Civil- und Militärgouverneur) den Grund zur Stadt Buenos-Aires, aber die von ihm bei seiner Rückkehr nach Europa 1537 zurückgelassenen Spanier gaben die Niederlassung auf, gingen den Paraguay aufwärts und gründeten Asuncion.
Der zweite Adelantado, Alvaro Nufiez Cabeza de Vaca, landete an der brasil. Küste bei der Insel Santa Catarina und ging zu Lande nach Asuncion, während die Schiffe den La Plata dorthin hinaufsegelten. Diesem folgte in der Würde 1555 Martinez de Irala, der eigentliche Eroberer der La Plata-Gegend. Unter ihm und seinem Nachfolger (1569) Ortiz de Zarata entstanden viele Ansiedelungen. Der 1576 zum Generalkapitän ernannte Juan de Garay baute 1580 Buenos-Aires wieder auf, und damit war die Eroberung des La Plata-Gebietes abgeschlossen.
Unter Juan de Torres Vera y Aragon, 1587-91, wurde (1588) Corrientes gegründet. Um 1610 begannen die Jesuiten ihre folgenreiche Missionsthätigkeit am obern Parana (s. Paraguay). Unter Philipp III. wurde 1620 eine besondere Regierung (Gobierno del Rio de la Plata) für die Länder südlich vom Zusammenfluß des Parana und Paraguay gebildet, und das Land in drei Provinzen geteilt: Tucuman, Buenos-Aires und Paraguay. Ein drückendes Monopolsystem hemmte aber das Aufblühen dieser Provinzen und es entwickelte sich ein maßloser Schleichhandel, besonders von den Portugiesen betrieben, die 1680 gegenüber von Buenos-Aires die Colonia del Sacramento mit Genehmigung der Spanier gegründet hatten. Dadurch kamen die Spanier in ganz Südamerika um die beabsichtigten Handelsvorteile. 1726 erfolgte die Gründung von Montevideo. Nach der Vertreibung der Jesuiten 1767 aus den La Plata-Ländern gerieten ihre zahlreichen und blühenden Niederlassungen in Verfall, und die indian. Bevölkerung sank in Elend und Verwilderung.
Bis 1776 gehörten die La Plata-Länder zum Vicekönigreich Peru, dann wurde aus ihnen ein besonderes span. Vicekönigtum mit der Hauptstadt Buenos-Aires gebildet, zu dem die Provinzen Buenos-Aires, Paraguay und Tucuman, die Präsidentschaft Charcas, das Territorium Cuyo und die Patagonische Küste gehörten. Nachdem 1776 die Portugiesen aus der Nachbarschaft vertrieben waren, wurde ein vernünftigeres Handelssystem angenommen; schon seit 1774 durften alle span. Kolonien untereinander Handel treiben. Unter dem zweiten Vicekönige wurde 1782 das Reich in acht Intendanzen geteilt, von denen vier (La Paz, Cochabamba, Charcas und Potosi) das spätere Oberperu, vier andere Salta, Cordoba, Buenos-Aires und die Missionen «Argentina» bildeten.
Infolge des Bündnisses Spaniens mit Frankreich nahmen im Juni 1806 die Engländer die Stadt Buenos-Aires, wurden aber nach wenigen Monaten wieder vertrieben. Während des franz. Krieges in Spanien selbst setzten 1810 die Kolonisten den Vicekönig ab und ernannten 22. Mai im Namen Ferdinands VII. eine provisorische Junta. Da Cordoba, Paraguay und Uruguay aber diese nicht anerkannten, kam es zu Bürgerkämpfen, bis ein Kongreß zu Tucuman die Unabhängigkeit der «Vereinigten Staaten von Rio de la Plata» erklärte. Daneben bildeten sich nun Paraguay und Uruguay als besondere Republiken. Ein Kongreß der 14 konföderierten Republiken bestimmte endlich 1825 das Verhältnis der einzelnen Staaten zueinander und stellte fest, daß der Staat Buenos-Aires die auswärtigen Angelegenheiten leiten und als oberste
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Verwaltungsbehörde gelten sollte. Aber es fehlte noch ein einigendes Band. Dazu kamen die Umtriebe der Unitarier (Centralisten), die die Konstitution vom zu stande brachten, gemäß welcher die Konföderation durch eine an Zahl geringe Aristokratie gebildet wurde. Rivadavia wurde als Generalkapitän von Buenos-Aires Präsident der Konföderation, trat aber zurück.
Der größere Teil des Staates Buenos-Aires erhielt sein Gepräge von den unabhängigen Herdenbesitzern, die ihre Gewalt zu Gunsten des Föderalismus behaupten wollten. Sie fanden einen Führer in Don Juan Manuel de Rosas (s. d.), der Ende 1821 zum Gouverneur von Buenos-Aires sowie zum Haupte der Konföderation erwählt wurde. Nachdem er drei Jahre lang jeden Widerstand unterdrückt hatte, übertrug er 1832 seine Gewalt dem General Balcarce, um gegen die Indianer zu ziehen, die er über den Rio Colorado zurückdrängte. 1835 übertrug man ihm mehrmals die Diktatur, so daß er bis 1852 unumschränkter Herrscher von ganz Argentina blieb.
Paraguay erhielt sich unter seinem Diktator Francia unabhängig, während auf Uruguay abwechselnd Argentina und Brasilien Anspruch machten. Erst 1828 vermittelte England die Unabhängigkeit Uruguays als einer selbständigen Republik. Dem Vertrage gemäß sollte Argentina die neue Republik beschützen; dies benutzte Rosas, um in die innern Zwiste (s. Uruguay) zwischen Oribe und Ribera einzugreifen. Während der daraus entstandenen Kämpfe fielen die Staaten Corrientes und Entre-Rios von Rosas ab, der dann, in der Schlacht von Monte-Caseros durch die Truppen Brasiliens, Uruguays, Paraguays und der oppositionellen Teile Argentinas geschlagen, sich genötigt sah, nach England zu fliehen.
Eine Versammlung von Abgeordneten der verschiedenen Staaten erwählte Mai 1852 Vincente Lopez zum provisorischen Gouverneur des Staates Buenos-Aires. Aber schon 23. Juni stellte sich Urquiza, der über die Armee verfügte, als Diktator an die Spitze, erkannte durch Vertrag die Unabhängigkeit Paraguays an und sicherte durch Verträge die freie Schiffahrt auf allen Nebenflüssen des La Plata. Am brach jedoch eine Empörung aus, infolge deren Valentin Alsina zum Gouverneur erwählt wurde.
Bueuos-Aires beschloß jetzt, sich von der Konföderation zu trennen und als selbständigen Staat zu erklären. Die in Santa Fé versammelten Abgeordneten aller Staaten, Buenos-Aires ausgenommen, entwarfen eine Verfassungsurkunde, die 15. Mai veröffentlicht wurde. Man hatte in dieser den Staat Buenos-Aires ausdrücklich zum Haupt der Konföderation bestimmt in der Hoffnung, derselbe werde sich dem Bunde wieder anschließen. Zu Ende 1853 sollte die Konstitution in Wirksamkeit treten. Am wurde Urquiza zum Präsidenten der Konföderation auf fünf Jahre erwählt; zum Sitz der Regierung bestimmte man das in der Provinz Entre-Rios gelegene Bajada del Parana.
Inzwischen hatte sich im Januar demselben Jahres auch Buenos-Aires eine Konstitution gegeben, in der ebenfalls die Rückkehr zur Konföderation vorgesehen war. Am kam ein Vertrag zu stande, demzufolge beide Regierungen unabhängig sein sollten, aber Unteilbarkeit des Territoriums verbürgt wurde; bei drohender Gefahr von außen sollten die Staaten einander unterstützen; an den Grenzen sollten keine Pässe gefordert werden und die Schiffe beider Nationen die Nationalflagge führen, keiner von beiden Staaten sollte Steuern auf die Produkte des andern legen.
In Buenos-Aires wurde Obligado 1857 auf fünf Jahre zum Präsidenten gewählt. Alle Bemühungen, die alte Vereinigung vollends herzustellen, erwiesen sich jedoch als erfolglos, ja es wurde sogar infolge neuer Zwistigkeiten der Vertrag wieder aufgehoben. Nachdem Urquiza die Truppen von Buenos-Aires bei Cepada geschlagen, wurde durch den Frieden zu San José de Flores und die zu Parana geschlossene Union der Staat Buenos-Aires wieder mit dem argentin.
Bunde vereinigt. Aber 1861 begannen wegen der Steuerfrage neue Feindseligkeiten; 17. Sept. schlug der General Mitré von Buenos-Aires die argentin. Truppen zu Pavon. Darauf dankte der Präsident des Bundes, Santiago Derqui, ab, die Nationalregierung wurde Mitré übertragen und für den nach Buenos-Aires eine Nationalversammlung berufen. Diese nahm eine neue Konstitution an, nach der die Stadt Buenos-Aires zur Konföderation eine ähnliche Stellung haben sollte wie der Distrikt Columbia in den Vereinigten Staaten von Amerika. Der erwählte Gouverneur sollte nur den Staat, nicht aber die Hauptstadt Buenos-Aires regieren; diese Bestimmung aber trat erst 1880 in Wirksamkeit. Mitré wurde der erste Präsident der nun wieder vereinigten Argentinischen Konföderation.
Die neue Verfassung, nach dem Muster der nordamerikanischen entworfen, war den beiden polit. Hauptparteien des Landes, den Unitariern und Föderalisten, gleich gerecht geworden. Den Unitariern bot sie eine kräftige Centralgewalt, den gemäßigten Föderalisten hinreichende Selbständigkeit für die einzelnen Provinzen. Präsident Mitré war zudem ein tüchtiger staatsmännischer Kopf, der sein Volk kannte und zu leiten verstand. Aber der Übermut des Diktators von Paraguay, Lopez (s. d.), nötigte Brasilien zum Kriege und zog auch die Argentinische Konföderation mit hinein.
Der vierjährige Krieg gegen Paraguay kostete der Argentinischen Konföderation 40 Mill. Dollars und 40-50000 Mann, abgesehen von den 200000 Opfern, welche die infolge des Krieges ins Land geschleppte Cholera forderte. Von 1865 bis 1868, während welcher Zeit Mitré an der Spitze der verbündeten Heere stand, geschah gegen Lopez nichts von entscheidender Bedeutung. Erst als im Jan. 1868 der Vicepräsident der Argentinischen Konföderation, Marcos Paz, starb und Mitré wieder verfassungsmäßig die Regierung übernahm, begannen die wirksamen Unternehmungen in Paraguay, die im Frühjahr 1870 mit gänzlicher Vernichtung der Lopezschen Macht und dessen Tode endigten.
Als im Okt. 1868 Mitré's Amtsdauer ablief, wurde der damalige Gesandte der Konföderation in Nordamerika, Domingo Faustino Sarmiento, mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählt, der seine Regierung antrat. Von dieser Zeit an nahm das Land einen mächtigen Aufschwung. Mehrere Aufstände in der Provinz Entre-Rios April 1870 und dann 1873 unter Lopez Jordan wurden bald unterdrückt. Schlimmer gestaltete sich die Lage, als die Präsidentschaft Sarmientos sich ihrem Ende näherte. Die Unitarier stellten Mitré abermals als Kandidaten auf, doch wurde Avellaneda, der Kandidat der Föderalen, gewählt, Mitré 26. Nov. bei La Verde geschlagen und 2. Dez. bei Junin zur Unterwerfung gebracht. Avellaneda trat die Regierung an. Seiner Energie
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und der Thätigkeit des Finanzministers de la Plaza gelang es, den drohenden Staatsbankrott abzuwenden und den Credit wiederherzustellen. Der Kriegsminister Adolfo Alsina schob 1876 die Indianergrenze gegen Südwesten vor und gewann so ein bedeutendes Kulturgebiet. Nach dessen Tod wurde der neue Kriegsminister Julio Roca Kandidat der Föderalen für die bevorstehende Präsidentenwahl, während die Unitarier den Gouverneur von Buenos-Aires, Dr. Stejedor, aufstellten.
Für letztern erklärten sich die Provinzen Buenos-Aires und Corrientes, während die andern 12 Provinzen für Roca eintraten. So brach 1880 abermals ein Bürgerkrieg aus. Der Präsident Avellaneda verließ mit der Bundesregierung Buenos-Aires, und Belgrano wurde provisorischer Regierungssitz. Buenos-Aires wurde eingeschlossen und mußte sich nach blutigen Gefechten ergeben, worauf Roca 13. Juni gewählt wurde und die Regierung antrat. Unter ihm wurden die Indianer aus dem Dreieck zwischen Neuquen, Limay und den Anden vertrieben und der Limay als Grenze festgesetzt.
Zugleich erfolgte die Zurückdrängung der Chaco-Indianer und die Umgestaltung dieses Landstrichs für Ansiedlerzwecke. Am wurde durch Vertrag der Streit mit Chile über die Grenze in Patagonien geschlichtet. Ein Gesetz über die Gründung einer Nationalbank in Buenos-Aires und Zweigniederlassungen in den Provinzen wurde erlassen, doch begann schon jetzt das Treiben, das 10 Jahre später zum finanziellen Ruin des Landes führen sollte. Den ersten Anlaß dazu gaben Landspekulationen in den neu erworbenen Indianerterritorien.
Europäische Kapitalien wurden in großen Beträgen zu Staats- und Provinzialanleihen herangezogen, und eine Gründungsperiode in Eisenbahnen, Hafenbauten, Ackerbaukolonien u. s. w. begann. Der Handel blühte und schien auf einer soliden Basis zu beruhen, seitdem Roca 1882 die Goldwährung eingeführt hatte; 1885 sah er sich jedoch bereits infolge des steigenden Goldagios genötigt, den Noten der Nationalbank Zwangskurs zu verleihen. 1886 konnte der Präsidentenwechsel zum erstenmal ohne Bürgerkrieg vor sich gehen.
Dr. Miguel Juarez Celman trat 12. Okt. als Präsident ein. Unter ihm nahm die ungesunde Spekulationswut einen noch erhöhten Aufschwung und brachte es dahin, daß die Staatsschulden eine ungewöhnliche Höhe erreichten und die Bezahlung der Zinsen immer schwieriger wurde. Die Regierung ließ heimlich Noten bis zu einer Höhe von 220 Millionen ausgeben, so daß das Papiergeld immer mehr im Kurse sank und man für 100 Pesos Gold 300 Pesos Papiergeld bezahlen mußte. Es entstand allgemeine Unzufriedenheit, welche die regierungsfeindliche Partei, die Union Civica, benutzte, um in Buenos-Aires einen Aufstand ins Werk zu setzen.
Die Aufständischen bemächtigten sich nach blutigem Kampfe der wichtigsten Punkte der Stadt und riefen den Vorsitzenden der Union Civica, Leandro Allem, zum Präsidenten aus. Zwar gelang es dem General Roca schließlich, die Empörung zu unterdrücken; aber bei der allgemeinen Erbitterung gegen ihn sah sich Celman gezwungen, von der Präsidentschaft zurückzutreten. Der bisherige Vicepräsident Pellearini führte nun die Präsidentschaft. Mit dem Zusammenbruch der Herrschaft Celmans war indessen der Bankrott der eine Argentinische Republikeine vollendete Thatsache, die durch die Zahlungseinstellung der Londoner Firma Baring Brothers & Co., der Hauptvermittler der argentin.
Finanzgeschäfte, Nov. 1890 hinlänglich dokumentiert wurde. Es wurde ein Komitee aus den bedeutendsten am argentin. Geschäft beteiligten Kaufleuten unter der Führung Rothschilds gebildet und auf dessen Rat die Zinszahlung der auswärtigen Schuld auf 3 Jahre sistiert, mit Ausnahme der Anleihe von 1886/87 von 7 Mill. Pfd. St. Die Wirkungen dieser Katastrophe zeigten sich bald in furchtbarer Weise: Bankbrüche und Zahlungseinstellungen folgten in großer Anzahl, und die Regierung sah sich gezwungen, eine Notstandsanleihe von 100 Mill. Pesos zu fordern, ohne die Lage zu bessern.
Im Juni 1892 wurde der Vicegouverneur der Provinz Buenos-Aires, Luis Saenz Pena, zum Präsidenten der Argentinische Republik gewählt. 12. Okt. trat er sein Amt an. Aufständische Bewegungen, die bald darauf die Provinzen Santiago del Estero und Corrientes beunruhigten, wurden in kurzer Zeit unterdrückt. Größern Umfang nahm jedoch ein Aufruhr an, der durch die Ernennung des radikalen Kabinetts del Valle (Juli 1893) hervorgerufen wurde und zu einem förmlichen Bürgerkriege führte, infolgedessen das Kabinett zurücktrat. Als der Kongreß die Amnestierung der in die letzten Revolutionen Verwickelten verlangte, dankte der damit nicht einverstandene Präsident Saenz Pena im Jan. 1895 ab; an seine Stelle trat der bisherige Vicepräsident Uriburi.
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