2)
RenéLouis,
Marquis d', Sohn des vorigen, geb. war von 1720 bis 1724
Intendant im
Hennegau, wurde dannStaatsrat
und 1744
Minister des
Auswärtigen. Er verhandelte mit
Piemont über die Einigung der italienischen
Staaten in eine Bundesunion,
wurde aber als letzter Vertreter der traditionellen antihabsburgischen
Politik durch die
Intrigen des spanischen
Hofs 1747 gestürzt.
Er widmete sich nun, mit
Voltaire befreundet, ausschließlich wissenschaftlichen
Studien und starb Aus
seinem
Nachlaß wurden herausgegeben: »Considérations sur le gouvernement ancien et présent de la
France« (Amsterd. 1764 u.
öfter),
eine zur Kenntnis des innern Zustands von
Frankreich sehr wichtige
Schrift;
»Essais ou loisirs d'un ministre d'état«
(Par. 1787, 2 Bde.),
reich an feinen Bemerkungen, Schilderungen merkwürdiger Zeitgenossen und Anekdoten.
Auch
seine
»Memoiren« (zuletzt herausgegeben von Rathery, Par. 1860-68, 9 Bde.)
sind für die Zeitgeschichte von Wert.
Vgl. Zevort, »Le
[* 4] marquis d'A. et le ministère des affaires étrangères 1744-47«
(Par. 1880).
3)
MarcPierre,
Graf d',
Bruder des vorigen, geb. zu
Paris, wurde 1720
Generalleutnant der dortigenPolizei,
aber bald wieder abgesetzt, 1737
Intendant von
Paris und 1743 Kriegsminister. Mit Erfolg widmete er sich der Reorganisation
des
Heers und ermöglichte dadurch die
Siege von 1744 und 1745. Nach dem
AachenerFriedensschluß sorgte er eifrig für Verbesserung
der militärischen Anstalten und gründete 1751 die
École militaire. Unter ihm begannen d'Alembert und
Diderot die »Encyclopédie«, deren erste
Bände ihm gewidmet waren, wie er auch seinem
FreundVoltaire die Materialien zum
»Siècle
de
Louis XIV« lieferte. Durch den Einfluß der
MarquisePompadour 1757 seines
Amtes enthoben und auf sein
LandgutOrmes verwiesen,
durfte er erst nach dem
Tod seiner mächtigen Feindin nach
Paris zurückkehren, wo er starb.
4)
MarcAntoineRené de Voyer d',
Marquis de
Paulmy, Sohn von Argenson 2), geb. 1722 zu
Valenciennes, war ein leidenschaftlicher Bücherfreund
und erwarb sich eine
Bibliothek von
ca. 100,000
Bänden, welche 1785 vom
Grafen von
Artois (nachmals
Karl X.) angekauft
wurde und den Grundstock der Bibliothèque de l'Arsenal bildete; er starb 1787. Zu vielen seiner
Bücher schrieb er wertvolle
und feine
¶
mehr
Einleitungen, welche zum Teil gesammelt sind in seiner Schrift »Mélanges tirés d'une grande bibliothèque« (1779-87, 69 Bde.).
In der auf seine Anregung entstandenen »Bibliothèque universelle des romans«
(1775-78, 40 Bde.) finden sich auch Novellen von ihm, welche als »Choix de petits romans de différents genres«
(1782, 2 Bde.) besonders erschienen sind.
Er war Mitglied der französischen Akademie (1748) sowie der zu Berlin
[* 6] und Nancy.
[* 7]
Als nach dem Juniaufstand von 1832 die RegierungParis in Belagerungszustand erklärte und die verhafteten
Insurgenten vor die Kriegsgerichte stellte, protestierte er in einem an die »Tribune« gerichteten Brief dagegen und bewies sich
überhaupt als heftiger Gegner der orléanistischen Politik. Seit 1834 lebte er zurückgezogen auf seinem Landsitz zu Ormes.
Er starb in Paris. Eine Sammlung seiner Reden gab sein Sohn CharlesMarcRené, Marquis d'A., 1846 in 2 Bänden
heraus.
(spr. arschangsóng), Voyer d', franz. Adelsfamilie,
Stammgut Paulmy in Touraine.
René de Voyer, Graf d'A., geb. führte unter Richelieu und Mazarin verschiedene geheime Unterhandlungen
und starb als franz. Gesandter zu Venedig.
Marc René, Marquis d'A., Enkel des vorigen, geb. stellte als Chef der Polizei von Paris seit 1697 die
Ordnung her, führte die Lettres de cachet ein, wurde 1718 Vorsitzender des Finanzrats und Siegelbewahrer, trat nach dem Lawschen
Bankrott (s. Law) 1720 zurück und starb -
Vgl. Notes de René d'A., lieutenant-géneral de police ect., hg. von
Larcher u. Mabille (Par. 1866);
Rapports inédits du lieutenant de police René d'A. (1697-1715), hg.
von Cottin (ebd. 1891).
Rene Louis, Marquis d'A., Sohn des vorigen, geb. 1720-24 Intendant im Hennegau, wurde, nach Paris zurückgekehrt,
eifriges Mitglied des «Club de l'Entresol», der bei Abbé Alary 1725-31 wöchentlich über Staatsrecht
und Politik philosophierte. Stets vom ernsten Wunsche beseelt, für das Gemeinwohl zu wirken, schrieb er «Traité de l'admission
de la démocratie dans un État monarchique», handschriftlich schon vor 1740 in Umlauf, aber erst (Amsterdam)
[* 8] 1764 (Par. 1784 u. ö.)
als «Considérations sur le gouvernement ancien et présent de la France» gedruckt.
Nach dem Muster der niederländ. Generalstaaten malte er sich hier das franz.
Staatswesen als einen Bund freier Staaten mit monarchischer Spitze aus. Rousseau, dessen «Contrat social» dann in Anwendung des
demokratischen Princips über Argenson weit hinaus ging, fühlte sich doch vom Doktrinarismus A.s angeheimelt und zollte ihm hohes
Lob. Aus der Thätigkeit als Staatssekretär des Auswärtigen (1744-47) durch span. Intriguen verdrängt,
lebte Argenson bis zum Tode in Zurückgezogenheit den Studien und dem Verkehr mit Gesinnungsgenossen. Aus A.s täglichen
Aufzeichnungen veröffentlichte sein Sohn «Essais dans le goût de ceux de Montaigne,
composés en 1736» (Amsterd. 1785),
neu gedruckt als «Loisirs d'un ministre d'État, ou essais»
(Lüttich
[* 9] 1787 u. ö.),
und «Materiaux pour l'histoire des choses arrivées de mon temps 1725-57»;
eine neue vollständige Ausgabe dieser Schriften besorgte Rathery: «Journal et mémoires d'A.» (9 Bde.,
Par. 1861-67). -
Vgl. Zévort, Le marquis d'A. et le ministère des affaires ètrangères 1744-47 (Par.
1880);
Duc de Broglie, La fin du ministère d'A. (ebd. 1890);
ders., Maurice de Saxe et le marquis d'A. (2 Bde., ebd. 1891).
geb. Sammler der kostbaren, 150000 Bände zählenden Bücherei, die, seit 1785 von GrafArtois erworben, «Bibliothèque
de l'Arsenal» hieß. Argenson starb im Arsenal, dessen Gouverneur er war. Er begann die Herausgabe einer «Bibliothèque
universelle des romans», von der unter seiner Leitung (Par. 1775-78) 40,
bis 1805 im ganzen 120 Bände erschienen. Sie enthält auch A.s eigene Novellen, die noch besonders als «Choix de petits romans
de différens genres» (2 Bde., Par. 1782 u. ö.)
gedruckt wurden. Ein bibliogr. Unternehmen waren A.s«Mélanges tirés d'une grande bibliothèque» (69 Bde.,
Par. 1779-87).
MarcPierre, Graf d'A., Bruder des René Louis, geb. wurde 1740 Intendant von Paris. Er übernahm 1742 unter
traurigen Verhältnissen das Staatssekretariat des Krieges, versuchte das Heer in bessern Stand zu setzen, spielte den Krieg
nach den Niederlanden und sorgte nach dem Frieden 1748 für die militär. Anstalten, förderte
auch die Wissenschaften. Seinem Freunde Voltaire lieferte er die Materialien zu dessen «Siècle de Louis
XIV». Durch den Einfluß der Pompadour wurde er 1757 abgesetzt; nach ihrem Tode kehrte er nach Paris zurück, wo er starb.
Marc René de Voyer d'A., Enkel des vorigen, geb. war beim
Ausbruche der Revolution Adjutant Lafayettes, zog sich nach dem auf seine Güter in Touraine zurück. Während der
Hundert Tage ward er von Belfort
[* 11] in die Kammer gewählt. Argenson bewies sich als Gegner der Restaurationspolitik und als ein Verteidiger
bürgerlicher Freiheit, legte aber 1829 sein Mandat nieder. Nach der Julirevolution von Straßburg
[* 12] in die
Kammer gewählt, bekämpfte er die Politik der Orléans.
[* 13] Er zog sich 1834 auf sein Gut zu Ormes zurück und starb zu
Paris.
Sein Sohn Charles Marc René de Voyer, Marquis d'A., geb. 1848 von der gemäßigten Demokratie in
die Konstituierende Versammlung gewählt, zeichnete sich durch archäol. Arbeiten aus. Argenson starb Er gab Les nationalités
européennes" (Par. 1859, mit Karten) und ein Stück der «Mémoires» seines Großoheims (ebd. 1825; 5 Bde.,
185? fg.) heraus.