Ares
[* 2] (lat.
Mars),
[* 3] in der griech.
Mythologie der Gott des
Kriegs, ursprünglich wohl Gott des
Sturmes, besonders des
Gewitters,
nach andern freilich Gott der
Sonne
[* 4]
(Welcker) oder der
Erde (H. D.
Müller,
Stoll,
Wieseler). Ares
ist der Sohn
des
Zeus
[* 5] und der
Hera,
[* 6] deren streitsüchtiger
Sinn nach
Homer auf ihn übergegangen ist in einem
Maß, daß er nur am wilden
Toben
der
Schlacht seine Lust hat.
Daher
ist er den
Göttern, besonders der
Athene,
[* 7] als der
Göttin des lichten
Äthers,
der
Weisheit und Kunstübung, verhaßt.
Letztere ist auch in der
Ilias seine Gegnerin und verwundet ihn. Dagegen
ist er schon bei
Homer
Freund und
Liebhaber der
Aphrodite.
[* 8] Im goldenen Waffenschmuck fährt er auf dem Kriegswagen, den ihm seine
Söhne
Deimos und Phobos
(»Furcht«
und
»Schrecken«) schirren, in die
Schlacht,
Eris (»Streit«) als
Schwester und Freundin voran. Auch
Enyo, die mordende Kriegsgöttin,
gehört zu des Ares
Gefolge, der selbst auch unter dem
Namen Enyalios verehrt wird. Er heißt der »Stürmische«, der »Feindliche«,
der »Gewaltige«. Er schreit gleichwie
Poseidon,
[* 9] der Gott des heulenden Seesturmes, als er von
Diomedes
verwundet ist, so laut wie 9000 oder 10,000
Männer zusammen
(»Ilias«, V, 860; vgl. XIV, 148). Auch in dem
Vergleich
(»Ilias«,
V, 864 ff.):
Jetzo wie hoch aus Wolken umnachtetes Dunkel erscheinet, | |
Wenn nach der Schwül' ein Orkan mit brausender Wut sich erhebet, | |
Also dem
Held
Diomedes erschien der eherne Ares... |
klingt die alte Naturbedeutung noch durch; desgleichen, wenn es heißt, daß ihn die
Aloiden, Otos und
Ephialtes (wohl
Personifikation
von Bergriesen), lange gefesselt hielten, bis er durch
Hermes
[* 10] (den
Windgott) befreit wurde. Zweimal kämpfte Ares
mit
Herakles,
[* 11] den
Fall seines
Sohns
Kyknos zu rächen; einmal trennte sie
Zeus mit seinem
Blitz, das andre
Mal verwundete
Herakles, von
Athene unterstützt, den Ares.
Aus
Eifersucht verwandelte er sich in den
Eber, welcher den
Adonis, den Liebling der
Aphrodite, tötete.
Allein unter den
Göttern nicht zur
Hochzeit des
Peirithoos eingeladen, erregte
er den
Kampf zwischen
Lapithen
und
Centauren.
Da er
Poseidons Sohn Halirrhothios, der seiner Tochter Alkippe
Gewalt anthat, tötete, ward er von ersterm als
Mörder verklagt, aber freigesprochen.
Sein Lieblingssitz war
Thrakien, das
Land der
Stürme. In
Kolchis hing das
goldene Vlies
im
Hain des Ares
an einer
Eiche; von da brachten die
Dioskuren
[* 12] sein
Bild nach
Lakonien, wo es am Weg nach Therapne
als Ares
Thereitas (deutet vielleicht auf
Menschenopfer, wie sie dem spartanischen Ares
beigelegt werden) verehrt wurde. In
Sparta
war auch dem
Tempel
[* 13] des
Poseidon Hipposthenes gegenüber eine alte
Bildsäule des Ares
Enyalios in
Ketten (»Mannhaftigkeit und
Kriegsglück stets an
Sparta gefesselt!«) errichtet. Auch in
Theben hatte er einen berühmten Kult. Hier soll nach Tümpel
( Ares
und
Aphrodite«, Leipz. 1880) seine
Verbindung mit der bewaffneten
Aphrodite, einer Umbildung der Erinys, entstanden sein.
Als ihre Tochter galt
Harmonia, nach andrer
Sage auch
Eros
[* 14] und
Anteros sowie
Priapos. In
Athen
[* 15] war die alte
Stätte des Blutgerichts, der
Areopag, nach ihm benannt. Sonst war sein
Dienst in
Griechenland
[* 16] nicht allgemein. Die
Römer
[* 17] identifizierten
den Ares
mit ihrem auch zum
Kriegsgott gewordenen
Mars (s. d.).
Vgl. H. D.
Müller, Ares
(Götting. 1848);
Stoll, Über die ursprüngliche
Bedeutung des Ares
(Weilb. 1855);
Welcker, Griechische Götterlehre, Bd. 1, S. 415 ff.; Roscher, Apollon [* 18] und Mars; ¶
mehr
Voigt, Beiträge zur Mythologie des Ares
und der Athene (»Leipziger Studien«, Bd. 4, S. 225 ff.).
Wie Ares
im Kultus sehr zurücktrat, so ist er auch in der bildenden Kunst der Griechen weniger als andre Götter des Olymp behandelt
worden. Unter den verloren gegangenen Werken waren die Statue von Alkamenes im Ares
tempel zu Athen und der
sitzende Ares
koloß des Skopas, welcher später nach Rom
[* 20] versetzt wurde, am meisten berühmt. Erhalten haben sich wenige größere
Monumente, das bedeutendste ist die Statue des sitzenden in der Villa Ludovisi zu Rom (vgl. Abbildung), welche der Kunstrichtung
des Lysipp angehört und den Gott in Liebesgedanken versunken, daher von Eroten (einer zu Füßen, ein
zweiter früher neben der linken Schulter) umspielt, darstellt.
Hier hat Ares
einen dem Hermes verwandten, nur etwas derbern Typus, kurz gelocktes Haar
[* 21] und etwas kräftigere Formen als die jugendlichern
Götter Apollon, Dionysos
[* 22] und Hermes, ist aber, wie in der Zeit der reifen Kunst stets, unbärtig, während
ihn die ältere Kunst und später die römische ebenso konstant vollbärtig auffaßten. Unsicher ist die Deutung des gewöhnlich
als Achill erklärten Ares Borghese im Louvre, welcher stehend und nur mit dem Helm bekleidet dargestellt ist.
In der römischen Kunst erscheint Ares stets vollgerüstet und meist stehend; auf Münzen [* 23] bezeichnet ein lebhafter Schritt den Gradivus, ein Legionsadler und andre Feldzeichen den Stator und Ultor (der sie dem Feind wieder abgewonnen), Viktorien, Trophäen und Ölzweig den Victor und Pacifer. Sehr beliebt war die Gruppierung mit Aphrodite, welche statuarisch und in Wandgemälden gern verwertet wurde; in römischer Zeit ist zur Rhea Silvia [* 24] niedersteigend, öfters behandelt worden.