Areopāg
(griech. Areiopăgos, besser Areios pagos, »Areshügel«),
Hügel bei
Athen,
[* 2] in der
Nähe der
Akropolis,
[* 3] den
Propyläen gegenüber; hier waren die
Altäre der
Erinnyen
[* 4] und der Sitz des berühmten, uralten gleichnamigen
Gerichtshofs, dessen Ursprung bis in die mythische Zeit zurückgeführt
wurde. Der auf dem Areopag
tagende
Gerichtshof übte die
peinliche Gerichtsbarkeit. Seit
Drakon bildeten ihn die
Epheten.
Diesen entzog
Solon 594
v. Chr. das Blutgericht und übertrug dasselbe den gewesenen
Archonten, die ihr
Amt tadellos verwaltet hatten, also
den ehrenhaftesten, reichsten und angesehensten Männern
Athens.
Der Areopag
wachte über die
Gesetze und ihre Ausübung durch die Behörden, konnte die Beamten wegen ihrer Amtshandlungen vor
Gericht ziehen und gegen alle Beschlüsse des
Rats und der
Volksversammlung, wenn er in ihnen eine
Verletzung der
Verfassung oder eine
Gefahr für das Gemeinwesen erblickte, Einsprache erheben. Er schirmte den
Kultus des
Staats, den heiligen
Dienst der
Götter, die Heiligtümer und Opferfeste, die
Ölbäume der
Athene.
[* 5] Er führte
Aufsicht über die religiöse
Gesinnung,
den sittlichen Wandel und die Lebensweise der
Bürger und über die
Erziehung der
Jugend. Ohne eine
Anklage
abzuwarten, durfte der Areopag
alle
Bürger vor
Gericht laden, vernehmen und strafen. In außerordentlichen
Fällen konnte er zur
Leitung verschiedener Staatsgeschäfte
¶
mehr
vom Volk bevollmächtigt oder kompetent gemacht werden, sowie er zur Zeit der Gefahr auch einigemal ohne Vollmacht eingriff.
Die Würde der Mitglieder war lebenslänglich, ihre Zahl unbestimmt. Gerichtet wurde bei Nacht, am Ende jeden Monats drei Tage
nacheinander. Das Sitzungslokal auf dem Areshügel, ein einfaches, aus Lehm erbautes Haus, war noch zu
Vitruvs Zeit vorhanden. So war der Areopag
, unabhängig von den Schwankungen der öffentlichen Meinung und umgeben
von den heiligsten Erinnerungen der Vorzeit, eine vortreffliche Staatseinrichtung, welche die Entwickelung des Gemeinwesens
in konservativem Sinn mäßigte.
Als die demokratische Partei nach Kimons Verbannung siegte, war daher das erste, was sie that, die Beschränkung
der Macht des Areopags.
Durch das Gesetz des Ephialtes 460 verlor er alle Befugnisse mit Ausnahme des Blutbannes. Die Oberaufsicht
über die Staatsverwaltung wurde den Nomophylakes übertragen. In der Zeit des Peloponnesischen Kriegs erlangte er wieder Einfluß
und wurde bei der Restauration 403 in seine alten Rechte wieder eingesetzt. Seitdem bestand er bis in die
Kaiserzeit. Aus Apostelgeschichte 17, 19 und 22 erhellt, daß er unter Claudius noch existierte; wahrscheinlich wurde er unter
Vespasian aufgehoben.
Vgl. P. W. Forchhammer, De Areopago
etc. (Kiel
[* 7] 1828);