Archonten
(griech., eigentlich »Herrscher, Anführer«),
Bezeichnung der höchsten Beamten in mehreren Staaten des alten Griechenland, namentlich in Athen. Hier wurde nach Abschaffung des Königtums 1068 v. Chr. die oberste Leitung des Staats einem Archonten aus dem Königsgeschlecht übertragen, der nach dem Rechte der Erbfolge lebenslänglich herrschte. Im J. 753 ward die Dauer des Archontats auf zehn Jahre beschränkt und 714 der Zutritt zu dieser höchsten Staatswürde allen Eupatriden geöffnet. Endlich 683 ward die Amtsdauer auf ein Jahr vermindert und die Macht unter neun Archonten verteilt.
Nach dem Namen des ersten Archonten (Archon Eponymos), der etwa die Stellung eines Präsidenten der Republik einnahm und die Oberaufsicht über das ganze Gemeinwesen sowie die Gerichtsbarkeit über Familien- und Erbrecht hatte, wurde das Jahr benannt; der zweite (Basileus, d. h. König, weil man den Rang des den Staat den Göttern gegenüber Vertretenden nicht vermindern wollte) hatte die religiösen Obliegenheiten, die einst den Erbkönigen zukamen, Leitung der Opferdienste und Religionsfeste sowie die Aufsicht über Tempel und Heiligtümer; der dritte (Polemarchos) hatte die Leitung der Kriegsangelegenheiten.
Die andern sechs hießen Thesmotheten (»Gesetzgeber«) und überwachten kollegialisch die vorschriftsmäßige Handhabung der Gesetze und sprachen Recht. Auch lag ihnen die Leitung der Abstimmungen in der Volksversammlung sowie die Ratifizierung der mit andern Staaten abgeschlossenen Verträge ob. Jeder der drei obern Archonten hatte das Recht, sich zwei Beisitzer (Paredroi) zu wählen; den sechs andern standen Mitberater (Symbuloi) zur Seite. Durch die Solonische Verfassung (594) verloren die Archonten einen Teil ihrer frühern Bedeutung, indem sie die Gesetzgebung und Verwaltung mit dem Rate der Vierhundert und mit der Volksversammlung, aus der sie gewählt wurden, teilen mußten.
Nur Bürger der ersten Klasse durften das Amt eines Archonten bekleiden; während der Perserkriege wurde es aber auf Antrag des Aristeides allen Bürgern ohne Unterschied des Standes und Vermögens zugänglich gemacht. Schon vorher durch Kleisthenes war die Wahl zu diesem Amt aufgehoben und statt dessen die Losung unter den Bewerbern eingeführt worden. Mit dem Verlust der nationalen Freiheit hörte auch der Einfluß der Archonten auf, doch dauert ihr Name noch Jahrhunderte fort,
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und mehrere römische Kaiser, wie Domitian, Hadrian und noch 264 Gallienus, ließen sich gern von den Athenern zu Archonten erwählen. Im byzantinischen Reich hießen die großen Grundherren Archonten. - Archontat, Würde, Amt eines Archonten.