Architektu
rmalerei,
der Zweig der Malerei, der die
Darstellung von Baulichkeiten im künstlerischen
Sinne, d. h. also
im Gegensatz zu deren
Aufnahme im technischen
Sinne, zur
Aufgabe hat. Sie giebt teils die äußere
Ansicht der Bauwerke, teils
ihre innern Räume wieder (sog. Interieurs).
Schon Vitruv erwähnt die und in
Pompeji
[* 2] finden sich
Beispiele
einer Architektu
rwandmalerei, die jedoch nur dekorative Zwecke verfolgt. -
In den italienischen Schulen des Mittelalters wurde
bei der
Darstellung der Heiligengeschichte erst sehr allmählich das Beiwerk sorgfältiger behandelt und neben der Landschaft
auch die
Darstellung von
Architekturen als Hintergrund der histor.
Scenen gebräuchlich. Hierzu liegen die ersten bedeutenden Anfänge in der Schule Giottos. Im 15. Jahrh. zeigt Benozzo Gozzoli da, wo die dargestellte Handlung im Innern der Städte oder der Wohnungen vorfällt, die reichste Phantasie für architektonische Gegenstände, indem er mannigfaltige, nach außen durch Säulenstellungen geöffnete Hallen, zierliche Galerien u. s. w. in schönem ital.-got. Stile darstellt. Weniger phantastisch brachte Ghirlandajo städtische Architektur zugleich in ausgebildeter Perspektive an. Die ital. Schulen ahmten gelegentlich die Architektur der Kirchen oder Kapellen, für die ihre Gemälde bestimmt waren, im Bilde perspektivisch verkürzt nach.
Die bedeutendsten Fortschritte aber verdankt die Perspektive den Bemühungen von experimentierenden Malern, wie Paolo
Uccello,
Piero della
Francesca,
Melozzo da Forli,
Andrea Mantegna und den eifrigen geometr.
Studien eines
Alberti,
da Vinci,
Fra Bacciolo, worauf die Architektu
rmalerei eines
Perugino,
Botticelli, Lippi und anderer Quattrocentisten beruhten. Die höchste
Entfaltung zu selbständigen architektonischen Schöpfungen erhielt dieser Kunstzweig in
Raffaels Fresken und in den Bildern
der
Venetianer
(Tizian, Paolo Veronese,
Tiepolo). Eine besondere
Richtung der spätern ital. Kunst war die
Ruinenmalerei, in der namentlich
Giovanni Paolo Panini (gest. 1768) glänzte. Im Norden
[* 3] ist es die Eycksche Schule, die biblische
Scenen
(Beschneidung, Darbringung im
Tempel
[* 4]
u. dgl.) gern in got.
Kirchen geschehen darstellt. Den
Pinturicchio ließ Papst Innocenz
VIII. eine Reihe von Städteansichten malen. Indes blieben die mit miniaturartiger Sauberkeit behandelten
profanen Gegenstände noch immer ein an die kirchlichen
Stoffe gebundenes Nebenelement, bis sie sich im 16. Jahrh. in den
niederländ. Schulen selbständig loslösten. - Die deutsche Schule des 16. Jahrh.
bekundet bereits ansehnliche Bestrebungen, die Architektu
rmalerei selbständig zu machen; allerdings erscheint dabei
die
Darstellung von
Gebäuden mehr Sache der graphischen als der malerischen Kunst. Der
Nürnberger
Paul
Juvenel (1579-1643) zeichnet sich durch seine Interieurs aus. - Dann erscheint zu Ende des Jahrhunderts in den
Niederlanden
P. Neefs als eigentlicher Architektu
rmaler.
In der Mitte des 17. Jahrh. blühte Steenwyck der Jüngere. Ganz der Darstellung profaner Baulichkeiten, auch ohne heilige Staffage, widmete sich van der Heijde. Andere Künstler, die bald das Innere kirchlicher Gebäude in prächtig ital. Stile, bald säulengetragene Paläste oder freundliche Wohnzimmer darstellten, sind Vliet, Vlieck, van Deelen, E. de Ville, Johann Ghering u. a. Auch von Ruisdael rührt ein vortreffliches Architekturgemälde, eine innere Ansicht der Kirche zu Amsterdam, [* 5] her. - Im 18. Jahrh. zeichneten sich der Venetianer Canale und dessen Neffe Bellotto (genannt Canaletto) durch ihre Stadtprospekte, besonders von venet. Kanälen, aus; auch der Prager Joseph Platzer (1752-1807) verdient erwähnt zu werden.
Aus der neuern Zeit ist vor allen Schinkel zu nennen, der mit einer entschieden klassischen Richtung einen feinen Sinn für dekorative Wirkung verband und neben eigenen Schöpfungen auch zahlreiche Entwürfe zu Theaterdekorationen lieferte, welche Gerst (gest. 1854) und später Paul Gropius mit künstlerischer Vollendung ausführten. Aus Gersts tüchtiger Schule ging Graeb, aus Gropius' Schule Hasenpflug hervor, Vertreter der Staffelei-Architekturmalerei.
Vor ihnen hatte diese schon Domenico Quaglio in München [* 6] wieder auf eine bedeutende Höhe erhoben, auf welcher sie durch Ainmüller, Mich. Neher, der im Sinne Quaglios mittelalterliche Bauwerke malte, ferner durch den Architekten Klenze, Wilh. Gail, welcher Innenräume, von Bayer (in Karlsruhe), [* 7] der Kreuzgänge und Klöster darstellte, Vermersch, E. Gerhardt, der seine Architekturen Spanien [* 8] entlehnte, K. Mecklenburg [* 9] und Kirchner erhalten wurde. Aus der Düsseldorfer Schule sind hervorzuheben: der Architekt Wiegmann, Conrad, Pulian, der malerische Partien aus alten rhein. und belg. Städten liebt, und Ludw. Tacke. Von Architekturmalern der Gegenwart sind noch zu nennen: Gärtner, Helfft, Graeb der Jüngere, Possart in Berlin, [* 10] H. Gemmel in Königsberg, [* 11] ferner Grefe, Fischbach und Sellény in Wien, [* 12] Nerly in Venedig, [* 13] Hauschild in Rom, [* 14] ¶
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Choulant in Dresden. [* 16] Eine besondere Stellung als geschickte Architekturmaler nehmen Rud. Alt in Wien und Karl Werner in Leipzig [* 17] ein. Im allgemeinen ist das Interesse für den Kunstzweig zurückgegangen. - Dagegen hat die Ausstattung architektonischer Entwürfe sich zu hoher Kunst entwickelt, die namentlich durch die zahlreichen Wettbewerbungen zur Blüte [* 18] gebracht wurde. Unter den Architekten gaben Ludw. Bohnstedt, Martin Gropius, Paul Wallot, Friedr. Thiersch u. a. die Anregung zu gesteigerter malerischer Behandlung der Pläne. Architekturzeichner, wie Theuerkauf, Mansfeld, Lambert und Stahl, Baldinger sind hier noch zu nennen. - Unter den Franzosen galt Granet (gest. 1849) als der beste Architekturmaler neuerer Zeit. Bei der Beliebtheit der Aquarellmalerei (s. d.) stellten in Frankreich viele Künstler auch Architekturen in Wasserfarben dar, namentlich Ouvrié, Garnerey, Rochebrune, Villeret. - In England glänzen als Architekturmaler: Prout (gest. 1852) mit Ansichten aus Italien, [* 19] Deutschland [* 20] u. s. w.;
Roberts, der span. und orient.
Architekturen mit großer Wahrheit zur Anschauung bringt; Mackenzie, Goodall, Williams. Auch der vielseitige Turner gehört hierher sowie Haghe, Callcott, Callow, Bonington, Robson, Edridge, Davidson und viele andere. - Unter den Italienern zeichnet sich neben andern Migliara aus; von den Holländern und Belgiern verdienen besonders Erwähnung: Waldorp, Larsen, Bosboom, Haanen, ten Kate, Springer, Bossuet van Ypern, Stroobant, van Moer;